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Gastkommentar Brand Safety: Wenn der Kontext auf der Strecke bleibt

Hendrik Kempfert, Commercial Director bei Adform

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Hendrik Kempfert, Commercial Director bei Adform

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Im Zentrum der "Brave New World" des Data Driven Advertising steht längst nicht mehr der Kontext. Der User ist der Mittelpunkt. Unternehmen darf es dennoch nicht egal sein, wo die eigenen Werbebanner auftauchen.

Vorbei sind die Zeiten, in denen Werbungtreibende den User entsprechend seines Zielgruppenrasters auf beim für ihn passenden Leitmedium oder Fachmagazin abpassen mussten. Im Zentrum steht längst nicht mehr der Kontext. Der User ist der Mittelpunkt unserer schönen neuen Werbewelt, die "Brave New World" des Data Driven Advertising. Werbebanner folgen dem Nutzer überall hin, ganz gleich, wo er sich online bewegt.

Aber Vorsicht: In Zeiten aufblühenden Rechtspopulismus, Fake News und zunehmender Polarisierung im Netz, kann und darf es Unternehmen nicht gleich sein, wo die eigenen Werbebanner auftauchen.

Keine neue Technologie, aber aktueller denn je

Die Antwort auf die Gefahr dubioser Werbeumfelder lautet Brand Safety. Keine neue Technologie, aber aktueller denn je, wie uns Ende letzten Jahres die #keingeldfuerrechts-Initiative verdeutlichte. Umso erstaunlicher, dass gerade im Bereich Brand Safety auch große Marken nach wie vor leichtfertig agieren.

Die Zeiten des kontextuellen Targetings waren geprägt von Kontrolle über die Markenführung. Eine Kontrolle, die in den letzten Jahren aufgrund der schieren Menge an Inventaren, Publishern und Kanälen zunehmend verloren gegangen ist. Denn automatisierte, digitale Kommunikation lässt eine manuelle Qualitätssicherung eigentlich gar nicht mehr zu.

Kein Wunder also, dass fast jedes werbungtreibende Unternehmen in diesem Prozess seine Geschichte von einem fehlplatzierten Banner erzählen kann. Tja, shit happens. Richtig? Falsch! Ganz machtlos sind die Beteiligten mitnichten. Die Kommunikation von Maschine zu Maschine hat ein bemerkenswertes Sicherheitslevel erreicht, welches Advertiser und Mediaagenturen die Kontrolle über das Umfeld, in dem ihre Marke erscheint, zurückgibt. Sie müssten sie nur nutzen.

Sichtbar und sicher

Die Sichtbarkeit (Visibility) der Werbung hat es ebenso wie das vertrauenswürdige Umfeld (Brand Safety) längst auf die Liste der Qualitätskriterien der Werbungtreibenden geschafft. Werbung soll nur auf "einwandfreien" Webseiten angezeigt werden, da zweifelhafte Seiteninhalte die Werbebotschaft oder mehr noch das Image des Unternehmens schädigen könnten.

In der Regel sind Malware, illegale Waren (digitale wie physische), Alkohol, Erotik, Gewalt und natürlich hetzerische, rassistische, politisch extreme oder beleidigende Inhalte als nicht markenkonform eingestuft. Aber auch neutrale Webseiten, also etwa eine Nachrichtenseite, kann für Marken Gefahren bergen. Wer will schon mit "Technologie auf der Überholspur" für ein KFZ neben einem Artikel über einen Frontalzusammenstoß mit Todesfolge werben? Gutes Targeting sieht anders aus. Brand Safety-Lösungen müssen daher zwingend die Webseiten auch auf den Inhalt analysieren, in dessen Kontext die Werbemittel platziert werden.
 
Das Zauberwort heißt semantisches Targeting, also die kontextabhängige Platzierung von Anzeigen in einem relevanten Umfeld. Hierbei wird der Bedeutungszusammenhang, also der Inhalt des Textes, auch im Umfeld mehrdeutiger Begriffe bis hin zu Stimmungen und Emotionen erfasst. Kundenspezifisch lässt sich bereits im Vorfeld steuern, mit welchen Themen das Unternehmen in Berührung kommt und welche Themenstränge ausgeschlossen werden sollen - also zum Beispiel das Auto im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen.
 
Schwieriger wird es, wenn in Zeiten automatisierter Buchungen ein Umfeld nicht mehr per se als "unbedenklich" definieren lässt. Zudem verschwimmen die Grenzen zwischen Stimmungsmache, Fake News und extremer Meinungen links wie rechts der politischen Mitte. Blacklists helfen hier, sie müssen allerdings laufend aktualisiert werden, wie uns #keingeldfuerrechts Ende 2016 verdeutlichte. Nur so sind sie eine Unterstützung für Werbungtreibende.

Pre-Bid- versus Post-Bid-Kontrolle

Pre-Bid-Technologien wie Blacklists schließen bestimmte Umfelder von Vornherein aus. Das funktioniert jedoch nur dann, wenn der Publisher oder das Medianetzwerk auch ehrliche Angaben machen. Nur allzu oft scheitert es aber schon an diesen ehrlichen Angaben: Ein Populist wird sich beispielsweise selten als solcher outen. Seine Eigenwahrnehmung ist oft diametral zur Fremdwahrnehmung. So ist Pre-Bid-Analyse zwar ein wertvolles Tool, um die Werbeausgaben abzusichern, sie ersetzt aber keine Post-Bid-Kontrolle im Moment der Auslieferung sowie eine fortwährende Überprüfung der Kontrollinstanzen. Beide dürfen heute bei keinem Dienstleister, keiner Agentur und keinem Direct Advertiser fehlen.

Augen auf beim Mediakauf

Der Medieneinkauf ist heute ein von Automatismen geprägter Prozess. In Millisekunden werden Zielgruppen identifiziert, Gebote abgegeben und Werbemittel ausgerollt. Mit Recht entwickeln sich linear zum dynamischen Mediaeinkauf auch entsprechend komplexe, vollautomatisierte Kontrolllösungen. Doch diese bringen nichts, wenn sie nicht flächendeckend eingesetzt werden. Nicht zuletzt durch die thematische Zuspitzung der Online-Landschaft, ist die Brand Safety also aktueller und wichtiger denn je.

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