
Konsolidierungen, die DSGVO und Transparenz: Das Jahr 2018 hielt einige spannende Themen im Bereich AdTech bereit. Wir haben Branchenexperten gebeten, ihre Prognosen aus dem vergangenen Jahr unter die Lupe zu nehmen - und einen Blick zurück auf 2018 zu werfen.
Carol Starr, Managing Director Northern Europe bei Rubicon Project:
"Tatsächlich haben wir 2018 wichtige Schritte in Richtung Transparenz unternommen. Unsere Entscheidung im Jahr zuvor, Buyer Fees abzuschaffen und das First Price-Auktionsmodell auf unserer Plattform einzuführen, waren hierfür für uns ein wichtiger Schritt. Natürlich wird uns 2018 vor allem auch als Jahr der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Erinnerung bleiben. Auch wenn viele von uns den 25. Mai vor allem mit schlaflosen Nächten in Verbindung bringen, hat die Daten-Regulierung europaweit eine neue Welle der Transparenz und Offenheit angestoßen. Verbraucher haben fortan mehr Kontrolle über ihre Daten. 2019 wird der Verbraucher weiterhin im Mittelpunkt stehen und aktiv bestimmen, zu welchen Internetinhalten er oder sie Zugang möchte. Vermarkter und Werbetreibende werden gerade deshalb die Möglichkeit erhalten, Verbraucher effektiver anzusprechen. Hierzu wird es entscheidend sein, transparente Standards rund um universelle User IDs zu schaffen."

Markus Frank, Managing Director DACH bei Oath:
"Meine Prognosen für 2018 haben sich sowohl im Hinblick auf Programmatic Advertising als auch bezüglich der DSGVO bestätigt. Programmatic Advertising hat weiter deutlich an Bedeutung gewonnen. Publisher sehen in Programmatic-Werbelösungen auch für das kommende Jahr entscheidende Umsatztreiber. Gleichzeitig hat die DSGVO Werbetreibende und Vermarkter im Bereich Programmatic Advertising vor neue Herausforderungen gestellt. Kaum sind diese gemeistert, steht nun schon die ePrivacy-Verordnung in den Startlöchern: Die Einwilligung der Nutzer muss dann an jedem Knotenpunkt eingeholt werden. Unternehmen müssen hier rechtzeitig handeln und sich entsprechend aufstellen."

Joachim Schneidmadl, COO virtual minds group:
"Wir schaffen es leider immer noch nicht, den Digitalwettbewerb entscheidend mitzubestimmen und adäquat von Daten- und Automatisierungsrenditen zu profitieren, auch weil der deutsche Markt chronisch zu spät und zu langsam re(-agiert). Wichtige Initiativen wie Verimi und netID sind zwar endlich gestartet, aber mit zu starken Verzögerungen (netID) oder zu wenig Schubkraft im Medienbereich (Verimi). Angesichts eines dringend notwendigen und im Hinblick auf Google, Facebook und Amazon konkurrenzfähigen Angebots an die Werbetreibenden, aber auch im Hinblick auf die langsam reintröpfelnde Konkretisierung der DSGVO mittels erster Musterklagen ist das fatal. Daneben kleben Publisher, aber auch Agenturen weiter zu stark an den alten I/O- und Commitment-Mechaniken: Statt Angebote und Prozesse konsequent umzubauen, versucht man Programmatic auf klassische Strukturen und Systematiken zu trimmen, was dazu führt, dass Effizienzvorteile nicht ausgeschöpft werden, daraus resultierende Gewinnpotenziale nicht erwirtschaftet werden und damit Geld für notwendige Zukunftsinvestitionen nicht bereitsteht - ein Teufelskreislauf. Dafür implementieren wir komplett ineffiziente und intransparente Restplatz-Multi-SSP-Systematiken aus dem US-Markt - Gratulation! i-Tüpfelchen dieser Entwicklung und sinnbildlich für den Zustand der weiter uneinigen Branche: der Shutdown von AdAudience - hoffentlich kein Vorbote für netID und Verimi."

David von Hilchen, Sales Director iotec DACH:
"Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende zu und wir können mit gutem Gewissen behaupten, dass sich unsere Prognosen größtenteils erfüllt haben. Die Relevanz von Transparenz und ethischen Praktiken im Mediaeinkauf hat sich weiter gesteigert. Nicht nur in der Branche sondern auch in der Öffentlichkeit, haben beispielsweise die Datenskandale von Facebook das Thema stärker in den Fokus gerückt. Die undurchsichtige Zusammenarbeit von Facebook und Cambridge Analytica war dabei ein Lehrstück in Brand Security und wie man es besser nicht machen sollte. Die Wirkmacht der DSGVO hat sich ebenfalls gezeigt. Auch wenn die Abmahnung der Plattform 'Knuddels' in den deutschen Medien mehr Aufmerksamkeit erregt hat, gerade hat Privacy International Beschwerde auf Basis der DSGVO gegen Oracle, Equifax und weitere Schwergewichte eingereicht. Zu guter Letzt hat sich auch der Trend hin zum Inhousing und der Weiterentwicklung von Self-Service-Plattform-Modellen bewahrheitet - siehe Vodafone."

Thomas Promny, Gründer und Veranstalter der d3con:
"Immerhin ist im Lauf des Jahres 2018 die Angst und die Dramatik rund um das Thema Datenschutz wieder deutlich abgeflaut, auch wenn das Ende der Umsetzungsfrist für die DSGVO im Mai zunächst einmal viel Panik und Verunsicherung in der Digitalmarketing-Szene ausgelöst und viele Unternehmen über Monate hinweg davon abgehalten hat, wirklich produktive Dinge zu tun. Zudem ist auch die von vielen befürchtete Klage- und Abmahnprozesswelle bisher weitgehend ausgeblieben. Dennoch wird man die ersten, derzeit anhängigen Musterklagen gut beobachten müssen. Jetzt gilt: Nach der DSGVO ist vor der ePrivacy-Richtlinie. Hier bleibt abzuwarten bleiben, was uns das nächste Jahr an Fortschritten und gegebenenfalls Ergebnissen bringen wird - das Thema wird uns also noch eine ganze Weile lang begleiten."

Thomas Port, Geschäftsführer Digital SevenOne Media:
"Die Bedeutung von Programmatic hat dieses Jahr nochmal an Fahrt aufgenommen und sich in punkto Transparenz und Reporting verbessert. Nichtsdestotrotz steht für mich die enge Zusammenarbeit zwischen Klient und Vermarkter im Zentrum. Denn auch wenn in der programmatischen Welt weiterhin steigende Qualitätsansprüche erfüllt werden, gibt es kein Patentrezept wie 'everything fits for everybody'. Vielmehr ist eine genaue Abstimmung zu gemeinsamen Zielen notwendig, um für jeden Kunden eine individuelle und erfolgreiche Lösung zu gewährleisten."

Siamac Rahnavard, Managing Partner Echte Liebe und stellvertretender Vorsitzender der BVDW-Fokusgruppe Programmatic Advertising:
"Es gibt einen Teil digitaler Marketing-Verantwortlicher, die sich zunehmend mit der Basis, also Daten, Targeting etc. auseinandersetzen und versuchen, diese mit den gegebenen Möglichkeiten zu challengen, neue Wege zu gehen, um sich und das eigene Unternehmen zu verbessern. Und dann gibt es eine Fraktion, die versucht anhand von neuen Themenbereichen, wie beispielsweise KI, aktuelle Herausforderungen zu bewältigen - mit absehbar mäßigem Erfolg. Denn nach wie vor bedarf es der dringenden Notwendigkeit einer konzeptioneller Basis in den Ideen, welche durch die simple Erwähnung eines Buzzwords nicht erfüllt ist."

Julian Simons, Geschäftsführer mediascale:
Meine Prognose aus 2017: "Die ePrivacy-Verordnung steht wie ein großes Fragezeichen vor uns: Durch die voraussichtliche Aufschiebung bleiben viele Fragen offen und werden 2018 weiter intensiv diskutiert werden."
Meine Einschätzung heute: "Da wir noch immer keine ePrivacy-Verordnung haben und unter Umständen auch in 2019 keine bekommen werden, wird dieses Thema auch im nächsten Jahr vage und damit unbefriedigend bleiben, da wir in diesem Fall wenig Planungssicherheit für unsere Kunden bieten können. Daneben ist jedoch gerade die Ankündigung von Firefox, die ein standardmäßiges Blockieren von Third-Party-Cookies ab Januar 2019 vorsieht, aus unserer Sicht besorgniserregend. Der Browser würde somit zu einem Gatekeeper - eine Entwicklung, die der Markt nicht gutheißen kann."
Meine Prognose aus 2017: "Daneben ist die Integration klassischer Kampagnenbausteine wie DooH, Addressable TV, Radio und Kino in eine programmatische Struktur 2018 ebenso Thema. Sowohl die technische Einbindung von Vermarktern und Medien in eine zentrale Infrastruktur, als auch die interne Schulung von Planern und Kunden müssen vorangetrieben werden."
Meine Einschätzung heute: "Dies hat sich bis auf Kino bewahrheitet. Auch für 2019 sehen wir gerade in Addressable TV, Radio und DooH erhebliche Wachstumspotentiale für die programmatische Aussteuerung. Schon im Jahr 2018 wurden hier erhebliche Zuwächse generiert."
Meine Prognose aus 2017: "Um einheitliche Qualitätsstandards zu definieren und für Werbetreibende transparent und greifbar zu machen, sollte 2018 ein Qualitätszertifikat für Agenturen eingeführt werden."
Meine Einschätzung heute: "Wir haben mit der Einführung des Code of Conduct 2.0 (CoC) einen enormen Schritt gemacht, denn neben den Agenturen können nun auch Werbungtreibende und Verifizierungsanbieter den CoC unterzeichnen. Wir haben also neben dem Qualitätszertifikat für Agenturen im Programmatic Advertising auch im Code of Conduct die Agenturen mit einbezogen und sind damit einer zentralen Forderung des OWM nachgekommen. Das große internationale Interesse an einer Einführung des CoC auch in anderen europäischen Ländern gibt uns hier recht."

Uwe Scheid, Data und Analytics Director bei Mindshare:
Meine Prognose aus 2017: "Programmatic Buying ist ein sehr kompliziertes und kleinteiliges Geschäft. Die Mediaagenturen stehen auch 2018 vor der Herausforderung, diese Komplexität zu reduzieren und die Technologien für ihre Kunden so einfach wie möglich nutzbar zu machen. Gleichzeitig sind sie auch gefordert ihren Kunden klare Nachweise für den Erfolg der programmatischen Kampagnen zu liefern."
Meine Einschätzung heute: "Die großen Networks, allen voran GroupM, haben massiv in ihre technischen Plattformen investiert. Data Scientists und Business Intelligence Experten gehören inzwischen zu den gefragtesten Mitarbeitern in den Mediaagenturen."
Meine Prognose aus 2017: "Die deutschen Vermarkter sehe ich vor der Herausforderung, dass sie den riesigen Datenpools der großen Walled Gardens eine gemeinsame Marktlösung entgegensetzen müssen, da sie ansonsten insgesamt an Relevanz verlieren werden."
Meine Einschätzung heute: "Mit Verimi und NetID gibt es auf dem deutschen Markt inzwischen zwei Initiativen. Für eine Bewertung der beiden Lösungen ist es noch zu früh. Es ist aber sehr schade, dass es hier keinen gemeinsamen Schulterschluss der Marktteilnehmer gibt."
Meine Prognose aus 2017: "Die Themen Viewability, Ad Fraud und Brand Safety werden uns unverändert auch in 2018 beschäftigen. Hier sehe ich vor allem Google, Facebook und Co in der Pflicht flächendeckend eine Messung durch unterschiedliche neutrale 3rd Party-Dienstleister auf ihren Plattformen zu ermöglichen."
Meine Einschätzung heute: "Auch hier gab es in 2018 Fortschritte. Das Media Ratings Council (MRC) bietet inzwischen Audits für die Messung durch 3rd Party Provider auf den großen Plattformen an, was einen Mindest-Standard bei der Messung sicherstellt. Es wäre zu begrüßen, wenn ein solches auch durch deutsche oder europäische Institutionen durchgeführt würde und somit die Durchsetzung von lokalen oder regionalen Marktstandards vereinfacht würde."

Boris Kurschinski, Vice President DACH bei Adform:
"2019 wartet mit der ePrivacy-Verordnung die nächste Anforderung des Gesetzgebers auf uns. Ganz gleich, wie die Ausgestaltung nun letztendlich aussehen wird, niemand in der Branche kommt an diesem Thema vorbei. Hier kann ich nur raten: Augen auf und Panik aus! Wie schon im Endspurt zur DSGVO sind auch hier Zusammenhalt und Zusammenarbeit der einzelnen Player die Schlüssel zum Erfolg. Die AdTech-Branche muss im kommenden Jahr gemeinschaftlich gesetzeskonforme Lösungen mit starken Identity-Management-Funktionen bereitstellen.
Zudem war künstliche Intelligenz (KI) 2018 in aller Munde. Auch 2019 wird die Technologie dem Menschen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Frei nach dem Motto 'Hier das Inventar optimieren und fünf Prozent mehr Viewability erreichen' wird die KI etwa die Kampagnenaussteuerung verstärkt unterstützen, sie wird auf absehbare Zeit aber nicht den menschlichen Verstand ersetzen - auch nicht im Programmatic-Markt."

Marius Rausch, VP und Managing Director Central Europe bei AppNexus:
"Im Vergleich zum letzten Jahr sind wir beim Thema DSGVO schon große Schritte weitergekommen. Das IAB Transparency & Consent Framework hat sich als Standard etabliert und viel dazu beigetragen, Vertrauen in der Branche zu stiften. Dieses Vertrauen wird auch durch die zunehmende Transparenz gefördert, die verstärkt im Markt gefordert wird und sich daher auch schnell verbreitet. Das Ökosystem entwickelt sich also deutlich in diese Richtung, auch wenn es 2018 ein paar unschöne Beispiele, wie das Bid Caching oder der Datenskandal bei einer großen Demand Side Platform (DSP) gab. In diesem Zusammenhang ist auch die Erweiterung des BVDW Code of Conduct zu erwähnen, der eine gute Grundlage bietet. Ein aktuelles Buzzword, das sich 2019 zumindest thematisch weiter verbreiten wird, ist Outcome Based Buying. Darunter fallen beispielsweise der Einkauf von Views statt Impressions. Das ist aber nur ein Aspekt des zunehmenden Einflusses von künstlicher Intelligenz, die zur Optimierung von Kampagnen bei Werbungtreibenden vermehrt Einsatz finden wird."

Christoph Berg, Geschäftsführer Mint Square:
"Auch 2019 werden wir uns als Branche weiter selber fragen müssen: 'Wie definieren wir Transparenz?'. Während heutzutage fast jede Mediaagentur diesem Trend folgt und ihren Kunden gegenüber Transparenzversprechen abgibt, ist es oftmals leider weiterhin unklar, wo genau diese Transparenz anfängt und wo sie wieder aufhört. Während Kosten- und technologische Transparenz bei vielen Advertisern immer wichtigere Themen werden, ist der Anteil derer, die eine gebotene Transparenz nicht hinterfragen, weiterhin sehr hoch. In diesem Zusammenhang gilt, es dem Advertiser gegenüber Zusammenhänge klar zu definieren und seinerseits Kennzahlen proaktiv zu hinterfragen. Nur so können Kampagnen zielgerichtet in allen Facetten betrachtet werden."

Thorsten Mandel, Geschäftsführer pilot:
"Auch 2019 bleibt Programmatic eine Auslieferungssystematik, deren primäre Zielsetzung es sein sollte, die Wirkung einer Kampagne zu steigern. Mit der aktuellen Entwicklung sind wir sehr zufrieden und konnten 2018 wichtige Erkenntnisse in der Umsetzung gewinnen. Die größten Themen im kommenden Jahr werden das überaus dynamische Wachstum von programmatischen Bewegtbild-Kampagnen sowie neue interessante Use-Cases bei Addressable TV sein."

Torben Heimann, Managing Director DACH bei Improve Digital:
"Header Bidding wird auch 2019 von der Mehrheit der Publisher eingesetzt werden. Der Fokus wird hier vor allem auf Server-Lösungen liegen, da so Latencies vermieden sowie die Effizienz und Transparenz gesteigert werden können. Daneben wird Mobile-Werbung auch in den kommenden 12 Monaten die treibende Kraft für programmatisches Wachstum bleiben. Und: 2019 wird Programmatic für Medien wie OOH, Audio, ConnectedTV und Voice eine größere Rolle spielen."