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Zalando Amazon Fulfillment Pakete auf Förderband Logistik

Vergleich der Services Fulfillment: Die Angebote von Zalando und Amazon

shutterstock.com/Alphaspirit
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Wie Amazon bietet seit einigen Wochen nun auch Zalando Fulfillment-Services an. Ein Blick auf die Unterschiede und Ähnlichkeiten der beiden Service-Angebote.

Sechs Monate wurde getestet, dann war es so weit: Ende Juni hat Zalando seinen neuen Fulfillment-Service "Zalando Fulfillment Solutions" offiziell gestartet. Die rund 180 Teilnehmer des Partnerprogramms des Fashion-Versenders können Dienstleistungen wie Lagerung, Verpackung und den Versand von Ware, den Kundenservice oder die Retourenabwicklung kostenpflichtig nutzen. Als erste Kunden sind der Schuh-Shop Evita und der dänische ­Modehändler Bestseller mit an Bord. Bestseller vertreibt Marken wie Jack & Jones, Only und Vero Moda.

Der Vorstoß von Zalando ist Teil der im Frühjahr vergangenen Jahres verkündeten Plattformstrategie, wonach das Berliner Unternehmen zu einem "Betriebssystem für Mode" werden will. Momentan stehen den Zalando-Partnern zwei Modelle zur Verfügung: ein Basis- und ein Fast-Replenishment-Modell. Beim Basis-Modell kann der Händler frei entscheiden, welche Ware er in welchen Stückzahlen über Zalando lagern und verschicken lassen möchte. Das Fast-Replenishment-Modell ist ausschließlich für schnelldrehende Produkte gedacht, die sich in kurzer Zeit in großen Stückzahlen verkaufen lassen, beispielsweise Flipflops im Sommer. Über einen eigenen Algorithmus prognostiziert Zalando, welche Ware sich voraussichtlich wann in welcher ­Menge verkaufen lässt und gibt diese Information an den Händler weiter. Dieser kann so in kurzen Zeitintervallen die jeweils benö­tigte Menge an Ware nachliefern.

Der Zalando-Service ist auf spezielle Produkte begrenzt

Im Gegensatz zu Amazons Angebot "Versand durch Amazon"  ist der Zalando-Service auf Sortimente aus den Bereichen Mode, Schuhe, Accessoires und Sport begrenzt, denn nur Marken und Händler mit solchen Produkten können überhaupt Partner in Zalandos Partnerprogramm werden. Als Partner müssen sie zudem weitere Anforderungen erfüllen und ein 100-tägiges Rückgaberecht sowie einen kostenlosen Versand inklusive Retoure anbieten. Der neue Fulfillment-Service soll insbesondere kleinere Anbieter dabei unterstützen, diese Vorgaben einhalten zu können, damit auch sie  Zalando-Partner werden können.

Da der Fulfillment-Service von Zalando gerade erst gestartet ist, ist die Zahl der Kunden noch überschaubar. Infolgedessen muss Zalando Prozesse noch nicht so stark standardisieren und so straff organisieren wie Amazon. Ein Beispiel: Um reibungslose Abläufe auch für eine große Menge an Händlern sicherstellen zu können, vereinbart Amazon mit seinen Marktplatz-Partnern Vertragsstrafen für den Fall, dass die Ware nicht innerhalb des festgelegten Zeitfensters geliefert wird. Zalando bemüht sich nach eigenen Aussagen bei solchen Problemen, gemeinsam mit dem Partner eine Lösung zu finden.

Bei Amazon sind die Gebühren einheitlich festgelegt

Auch die Kosten für die einzelnen Fulfillment-Services sind bei Amazon einheitlich festgelegt, ein individueller ­Gestaltungsspielraum besteht nicht. Bei Zalando hingegen sind die meisten Gebühren Bestandteil des zwischen dem Händler und Zalando einzeln ausgehandelten Vertrags.

Eine Besonderheit gilt für die Versandkosten: Da Zalando bestrebt ist, eigene ­Artikel und Produkte von Partnern zusammen in einem Paket an den Kunden  zu schicken, teilt das Unternehmen sich die Versandkosten mit dem Partner.

Zalando will kein Logistik-Dienstleister werden

Unterschiede gibt es auch beim Kundenservice: Weil die Produkte der Partner sich nahtlos in das Zalando-Sortiment einfügen sollen, müssen sie vorgegebene Artikelinformationen liefern. Auf Basis dieser Angaben übernimmt der Zalando-Kundeservice die Bearbeitung von Anfragen zum Produkt. Der Amazon-Kundenservice beantwortet ausschließlich Fragen zum Versand.

Dafür kann Amazon mit seiner Größe und Vielfalt punkten: Der Versand ist für nahezu alle Produkte möglich, und zwar in fast jedes Land der Welt. Das ist aber – zumindest noch – nicht das Ziel der Berliner, betont Jan Bartels, Vice President ­Logistics bei Zalando: "Mit Zalando Fulfilllment Solutions haben wir nicht vor, Logistik-Dienstleister zu werden."

"Zalando Fulfillment Solutions" im Überblick

• Anbieter: Zalando SE
• Verfügbarkeit: Pilotphase ab November 2016, offizieller Start im Juni 2017
• Zielgruppe: Alle Teilnehmer im ­Zalando-Partnerprogramm; Händler mit Sortimenten aus den Produktkategorien Kleidung, Schuhe, Accessoires, Sport
• Mindestanforderungen: Keine

Angebotene Services

• Lagerung
Momentan ausschließlich im Logistikzen­trum in Mönchengladbach. Zalando verfügt über vier Logistikzentren in Deutschland sowie eines in Italien und eines in Frankreich, in Polen und Schweden sind zwei weitere im Bau. Langfristig sollen alle ­Logistikstandorte für den Fulfillment-Service zur Verfügung stehen. Die Ware ist im Lager und auf dem Transportweg gegen Beschädigung und Schwund versichert. Die Anlieferung erfolgt per Lkw in Transportboxen, sogenannten Collis.

Verpackung
Die Verpackung stellt Zalando. Ware des Händlers und Zalando-eigene Ware werden zusammen verpackt, die Versandkosten geteilt. Verfügbar sind sechs verschiedene Kartonage-Größen plus Versandtaschen. Spezialverpackungen oder eigene gebrandete Verpackungen sind nicht möglich. Die Ware wird von Zalando etikettiert.
 
• Versand
Der Versand ist in die fünf Länder Deutschland, Niederlande, Spanien, Österreich und Frankreich möglich und erfolgt über insgesamt 17 lokale Versanddienstleister. Eine freie Wahl der Versanddienstleister ist nicht vorgesehen. Verfügbar sind alle Versandoptionen, die Zalando anbietet, ­inklusive Expresslieferung und Same Day Delivery. Das Tracking erfolgt über die Versanddienstleister. Zukünftig sollen alle elf Länder beliefert werden, in denen das Partnerprogramm verfügbar ist.

• Kundenservice
Der Kundenservice steht in den Sprachen Deutsch, Schweizerdeutsch, Englisch, Niederländisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Polnisch, Dänisch, Norwegisch, Schwedisch und Finnisch bereit. Er ist Montag bis Sonntag von 8 bis 22 Uhr per Telefon, E-Mail, Chat und Online-FAQ ­erreichbar. Der Händler vereinbart mit ­Zalando, welche Informationen zum Produkt er in den Produktbeschreibungen mitliefert, sodass der Kundenservice entsprechende Fragen beantworten kann. Spezielle Kundenfragen werden an den Händler weitergeleitet. Zudem erhält der Händler einen wöchentlichen Report zu den Kundenkontakten.

• Retourenabwicklung
Die Retourenabwicklung erfolgt komplett über Zalando. Einwandfreie Ware wird ­direkt wieder im Logistikzentrum in Mönchengladbach eingelagert, für die anderen Waren übernimmt Zalando auf Wunsch des Händlers kleinere Aufbereitungen wie Reinigung, Bügeln, Entfernen von Fusseln und Umpacken. Die Zeitintervalle, in denen die Retouren an den Händler zurückgehen, werden individuell vereinbart. Die Rückerstattung des Kaufbetrags übernimmt Zalando.

• Kosten
Für bestimmte Prozesse wie die Lagerkosten pro Tag gibt es feste Preise, für andere wie den Versand werden Einzelpreise vereinbart. Zu Vertragsdetails möchte sich Zalando nicht äußern, die Preise seien marktüblich, so das Unternehmen.

• Technische Anbindung
Die technische Anbindung erfolgt über ­Integratoren wie Anatwine oder Tradebyte.

• Referenzen
Derzeit sind Bestseller, Evita, Elvi, Surf4shoes und Motion Fashion mit an Bord.

"Versand durch Amazon" (Fulfillment by Amazon) im Überblick

• Anbieter: Amazon Inc.
• Verfügbarkeit: In Deutschland seit 2008 verfügbar
• Zielgruppe: Alle Marktplatz-Händler sowie Händler, die den Versand auslagern möchten (Multichannel-Versand); keine Sortimentsbeschränkung
• Mindestanforderungen: Keine

Angebotene Services

• Lagerung
Die Lagerung der Waren erfolgt in insgesamt 31 europäischen Logistikzentren. Davon befinden sich neun in Deutschland, die anderen sind in England, Frankreich, Spanien, Polen und Tschechien. Einige Produkte unterliegen gesetzlichen oder regulatorischen Verkaufsbeschränkungen wie etwa verschreibungspflichtige Medikamente. Andere Waren schließt Amazon von der Lagerung aus, etwa Schusswaffen oder bestimmte Gefahrengüter. Für einige Waren, insbesondere Lebensmittel, gelten bestimmte Anforderungen an Haltbarkeit und Temperaturempfindlichkeit. Die Ware ist versichert. Bei Beschädigung oder Verlust schlägt Amazon dem Händler einen sogenannten „Fair Value“ vor, um den Verlust zu kompensieren. Das Tool „Versand­ablauf“ im Amazon-Verkäufer-Konto führt den Händler durch die nötigen Schritte. Die Anlieferung kann über Paketversand sowie per Lkw erfolgen.

• Verpackung
Händler müssen die Ware versandfertig bereitstellen. Auf Wunsch können Amazon-Kartonagen unterschiedlicher Größe genutzt werden, außerdem kann der Händler Spezialverpackungen und gebrandete Verpackungen verwenden. Ware, die sich nach Amazons Definition für den „vermischten Warenbestand ohne Etikett“ eignet, etikettiert Amazon gegen Gebühr auf Wunsch, die anderen muss der Händler selbst etikettieren.

• Versand
Der Versand erfolgt nahezu weltweit. 2016 verschickte Amazon im Auftrag von Händlern aus 130 Ländern Waren in 186 Länder der Welt. Für den internationalen Versand bietet Amazon die Nutzung eines „Euro­päischen Versandnetzwerks“ sowie die Option „Versand durch Amazon-Export“ an. Unterstützung bei Zollformalitäten ist möglich. Genutzt werden dafür alle gängigen Versanddienstleister. Eine freie Wahl der Versanddienstleister ist nicht möglich. Verfügbar sind alle Versandoptionen, die Amazon anbietet, inklusive kostenfreiem Standardversand, kostenlosen Amazon-Prime-Lieferungen oder Geschenkverpackungen. Auch ein Versand-Tracking bietet Amazon an.

• Kundenservice
Der Kundenservice steht rund um die Uhr in der Landessprache des jeweiligen Marktplatzes zur Verfügung und ist per ­Telefon, E-Mail und Chat erreichbar. Der Kundenservice deckt alle versandspezifischen Fragen ab, produktspezifische Fragen werden an den Händler weitergeleitet.  Der Händler erhält einen Report, der die Antwortgeschwindigkeit aufschlüsselt.
 
• Retourenabwicklung
Amazon nimmt eine Erstsichtung der ­Retouren vor. Einwandfreie Ware kommt direkt wieder in den Lagerbestand. Ware, die nicht ohne Weiteres wiederverkauft werden kann, wird dem Händler gemeldet. Dieser kann binnen 90 Tagen entscheiden, ob er die Artikel zurückhaben möchte oder ob Amazon sie entsorgen soll. Auf Wunsch bereitet Amazon Waren auf. Die Rück­erstattung des Kaufbetrags wickelt Amazon ab.

• Kosten
Die Kosten setzen sich aus einer Versand- und einer Lagergebühr zusammen. Die Versandgebühr ist vom Lagerort, dem Produkttyp, den Abmessungen und dem Gewicht abhängig. Die Lagergebühr beträgt von Januar bis September 20 Euro pro Monat und Kubikmeter. Von Oktober bis Dezember fallen 28 Euro pro Monat und Kubikmeter an. Für Bestandsware, die zwischen sechs und zwölf Monate ­lagert, wird je Kubikmeter eine Langzeitlagergebühr von 500 Euro erhoben. Für Ware, die länger als zwölf Monate lagert, sind 1.000 Euro Langzeitlagergebühr je Kubikmeter fällig. Verpackung, Etikettierung oder Entsorgung kosten extra, nur der Kundensupport zum Versand ist kostenlos. Die Preise sind hier einsehbar: https:// services.amazon.de/programme/versand-durch-amazon/preisgestaltung.html

• Technische Anbindung
Die technische Anbindung erfolgt über ­eine Schnittstelle an das Shop- oder ­Warenwirtschaftssystem.

• Referenzen
Amazon nennt als Referenzen die Händler KW-Commerce und Fagaru. Genaue Zahlen, wie viele Händler "Versand durch Amazon" nutzen, gibt Amazon nicht bekannt.

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