
Nach dem neuen Verpackungsgesetz müssen sich alle Hersteller und Vertreiber von Verpackungen und damit auch Shop-Betreiber zentral registrieren. Sonst drohen hohe Strafen von bis zu 200.000 Euro.
Am 1. Januar 2019 ist es so weit: Das neue Verpackungsgesetz, kurz VerpackG, löst die aktuell gültige Verpackungsverordnung ab. Neben einer höheren Recyclingquote soll mit dem neuen Gesetz vor allem eines erreicht werden: Künftig sollen sich mehr Hersteller und Vertreiber von Verpackungen an die geltenden Regeln halten, wenn es um die Entsorgung und Verwertung geht.
Pflicht zur Registrierung
Deshalb müssen sich in Zukunft alle Hersteller und "Inverkehrbringer" von Verpackungen bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) registrieren. Die Zentralstelle wurde 2017 ins Leben gerufen und verwaltet die öffentlich zugängliche Registrierungsdatenbank namens "Lucid". Diese Registrierungspflicht gilt auch für Online-Händler. Die Registrierung ist kostenlos und erfolgt über ein Online-Formular. Unternehmen müssen sie jedoch selbst vornehmen und dürfen keine Dritten damit beauftragen.
Die Verpackungsverordnung schreibt außerdem vor, dass sich Hersteller, Händler oder Vertreiber von Verpackungen an einem dualen System beteiligen müssen. Duale Systeme ergänzen die öffentlich-rechtliche Abfallversorgung und kümmern sich darum, dass der Verpackungsmüll, der beim Endverbraucher anfällt, entsorgt wird - zum Beispiel in der gelben Tonne oder im Altpapiercontainer. Außerdem sollen sie dafür sorgen, dass möglichst viel Abfall recycelt wird. Finanziert wird die Entsorgung über die Lizenzgebühren, welche die Unternehmen für ihre Verpackungen an die Betreiber der dualen Systeme bezahlen.

Bettina Sunderdiek, Sprecherin der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister
privat
In der Vergangenheit haben sich zahlreiche Unternehmen vor ihrer Pflicht zur Beteiligung an einem dualen System gedrückt. "Das Unterbeteiligungsphänomen ist aktuell leider sehr hoch", sagt Bettina Sunderdiek, die Sprecherin der ZSVR. Nach einer Untersuchung der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung aus dem Jahr 2015 wurden circa 34 Prozent der sogenannten Leichtverpackungen - das sind die Verpackungen für den gelben Sack - an den dualen Systemen vorbeigemogelt. Bei Papier, Pappe und Karton waren es fast 40 Prozent. "In Summe sind es mindestens 200 Millionen Euro, die von rechtskonform arbeitenden Unternehmen für diese 'Trittbrettfahrer' mitgezahlt werden mussten", konstatiert Sunderdiek. Damit soll jetzt Schluss sein.
In einer Informationsschrift der ZSVR heißt es: "Das Verpackungsregister mit dem Namen 'Lucid' zeigt, welche Hersteller beziehungsweise 'Erstinverkehrbringer' sich mit welchen Marken registriert haben und damit ihrer finanziellen Verantwortung für die Sammlung und das Recycling ihrer Verpackungen nachkommen. Es entsteht also Transparenz in diesem Markt." Durch die Pflicht, die genaue Bezeichnung der Verpackung, das verwendete Material sowie die verwendete Gesamtmenge regelmäßig an die öffentlich zugängliche Datenbank zu melden, können alle Marktteilnehmer überprüfen, ob die Verpackungen ordnungsgemäß entsorgt werden. Wer dies nicht tut und erwischt wird, muss mit hohen Bußgeldern rechnen.
Auch Webshops betroffen
Aufgrund der Anfragen bei der ZSVR vermutet Bettina Sunderdiek, dass sich auch zahlreiche Online-Händler unter den Trittbrettfahrern befinden: "Es ist davon auszugehen, dass sich im Bereich der Online-Händler eine hohe Anzahl von Unternehmen befindet, die der Meinung sind, dass diese erst ab dem 1. Januar systembeteiligungspflichtig sind, obwohl die Voraussetzungen für sie schon auf Basis der aktuellen Verpackungsverordnung gelten."
Sunderdiek betont, dass Online- und Versandhändler sowohl zur Registrierung als auch zur Teilnahme an einem dualen System verpflichtet sind - wenn sie "gewerbsmäßig, erstmals mit Ware befüllte Verpackungen in Verkehr bringen, die für den privaten Endverbrauch bestimmt sind und dort auch als Abfall anfallen". Diese Pflicht umfasst Versand- und Umverpackungen inklusive Füll- und Packmaterialien, die Shop-Betreiber beim Versand verwenden. Demnach müssen auch Etiketten und Klebebänder bei der ZSVR registriert und bei einem dualen System angemeldet werden. Entscheidend ist nicht die Materialart, sondern dass es sich um Bestandteile einer Verpackung handelt.
Die Möglichkeit, vorlizenzierte Verpackungen zu verwenden, besteht für Shop-Betreiber nicht: "Die Pflichten aus dem Verpackungsgesetz können nicht an den Verpackungshersteller vorverlagert werden, sondern müssen vom Händler selbst erfüllt werden", sagt die Rechtsanwältin Alena Fuchs von der Mainzer Kanzlei Resmedia. Außerdem sieht das Verpackungsgesetz eine Pflicht zur regelmäßigen Meldung von Daten wie beispielsweise Material und Gesamtgewicht der verwendeten Verpackungen sowohl an die dualen Systeme als auch an die ZSVR vor.

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EU-weite Regelung
Das Verpackungsgesetz gilt nur in Deutschland. Händler, die ihre Ware ins europäische Ausland exportieren, müssen allerdings damit rechnen, dass im Zielland ähnliche Vorschriften bestehen, denn das Verpackungsgesetz setzt EU-Vorgaben um.
Mit dem neuen Gesetz sollen auch besonders recyclingfähige Verpackungen gefördert werden. Konkrete Vorgaben macht die ZSVR hier allerdings nicht, sondern überlässt es den dualen Systemen, entsprechende Anreize zu schaffen. Grund ist der "potenzielle Eingriff in die wettbewerbsrechtlich geschützte Preisgestaltungsfreiheit der Systeme", so die ZSVR-Sprecherin Sunderdiek.
Auch wenn das "Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen" erst zum Jahreswechsel in Kraft tritt, sollten sich betroffene Unternehmen unbedingt schon jetzt registrieren. Ab dem 1. Januar 2019 ist eine Anmeldung bei einem dualen System nur noch mit der Registrierungsnummer von der ZSVR möglich - und ohne Anmeldung dürfen keine Verpackungen mehr in den Verkehr gebracht werden.
Für Online-Händler heißt das konkret: Sie könnten dann keine Ware mehr verschicken. Bei welchem dualen System sie sich anmelden, bleibt ihnen überlassen. Das wohl bekannteste ist der Grüne Punkt, betrieben vom Dualen System Deutschland. Daneben sind acht weitere Systembetreiber autorisiert, Verpackungsabfall zu sammeln und zu verwerten.
Bis zu 200.000 Euro Bußgeld
Offenbar hat sich die Brisanz, die in den neuen Regeln steckt, noch nicht in der Branche herumgesprochen: Nach einer Umfrage des Händlerbundes im Sommer 2018 hatte erst die Hälfte der befragten Shop-Betreiber vom neuen Verpackungsgesetz gehört. Andere warten erst noch ab, wie zum Beispiel Michael Szelwis, Geschäftsführer des Kaviar-Versenders Craft & Caviar: "Ich bin derzeit noch recht gelassen. Rechtzeitig vor dem Jahresende werde ich mich aber noch mal damit beschäftigen."

Alena Fuchs, Anwältin bei der Kanzlei ResMedia
privat
Ein Verstoß gegen das neue Verpackungsgesetz kann teuer werden. "Wer gegen die Vorschriften des Verpackungsgesetzes verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und hat mit zum Teil hohen Bußgeldern zu rechnen", warnt Rechtsanwältin Fuchs. Unternehmen, die sich nicht registrieren, obwohl sie dazu verpflichtet sind, müssen mit einem Bußgeld bis zu 100.000 Euro rechnen. Die Nichtbeteiligung an einem dualen System kann sogar bis zu 200.000 Euro Strafe kosten.
Gleichzeitig riskieren Händler bei Nichtbeachtung eine Abmahnung, denn: "Das Verpackungsgesetz ist auch eine Marktverhaltensregel", betont Fuchs. Da es sich bei dem Register der ZSVR um ein öffentliches Register handele, könnten nun auch Konkurrenten überprüfen, ob ein Unternehmen seinen Registrierungspflichten nachgekommen ist. "Dadurch steigt die Abmahngefahr", so die Anwältin.
Bei Crustanova, einem Web-Händler für frische Meeresfrüchte, sieht man sich in Sachen Verpackungsgesetz "gut aufgestellt". Laut Vertriebsleiter Simon Mendel hält sich der Aufwand "im Rahmen". Sein Fazit: "Abmahnungen lassen sich vermeiden, wenn man rechtzeitig handelt."