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Logistikbranche
Amazon 22.12.2019
Amazon 22.12.2019

Neue Wege für Pakete Neue Logistik-Konzepte abseits von DHL und Co.

shutterstock.com/Travel mania
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Die etablierten Lieferdienste stoßen an ihre Grenzen - für die Logistikpläne von Amazon und Zalando eine Steilvorlage. Doch für die Zukunft braucht es neue Konzepte.

Für E-Commerce-Blogger Jochen Krisch war das Signal, das der größte deutsche Paketdienstleister DHL an seinem Kapitalmarkttag Anfang Oktober aussendete, eindeutig: "Statt an Zukunftslösungen zu arbeiten, will sich DHL die kommenden fünf Jahre weiter vornehmlich mit sich selbst beschäftigen und sich dabei vor allem mit Preiserhöhungen über die Zeit retten." Der geplante Ausbau der DHL-Packstationen, der das über Abholautomaten abgewickelte Paketvolumen von heute drei Prozent bis 2025 auf zehn Prozent steigern soll, sei nicht verkehrt, hinke der Marktentwicklung aber weit hinterher.

Tatsächlich verstopft schon heute eine immer größer werdende Zahl von Lieferfahrzeugen die Innenstädte. Und laut einer Statista-Studie soll die Sendungsmenge von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) hierzulande von 3,5 Millionen im Jahr 2018 bis 2023 weiter auf 4,4 Millionen steigen. "Um die Logistik für die kommenden Jahrzehnte zu rüsten, bräuchte es spätestens jetzt massive Investments, um die dafür notwendigen Strukturen aufzubauen", erklärt dazu Exciting-Commerce-Blogger Krisch. Diese Investments scheue DHL aber weiterhin und setze stattdessen darauf, seine bisherigen Strukturen bis zum Äußersten auszureizen. Die E-Commerce-Branche sieht er deshalb vor eine Richtungsentscheidung gestellt: "Soll der Online-Handel DHL retten oder Alternativen suchen?" Krisch favorisiert dabei klar die zweite Option. Schon heute würden Online-Händler wie Amazon, Zalando oder AO die letzte Meile selbst in die Hand nehmen - und dann irgendwann auch für andere liefern.

Paketdienstleister hinken dem Online-Trend hinterher

Was Krisch in der Theorie beschreibt, treibt vor allem mittelständische Online-Händler in ihrer Geschäftspraxis Tag für Tag um. Andreas Müller, Geschäftsführer des Elektronikversenders Deltatecc, ist einer von ihnen. "DHL könnte vieles verbessern, doch von der Qualität her liegt DHL unter den etablierten Carriern nach wie vor vorne", erklärt der Saarländer. Die Endkundenzustellung sei ein Problem, für das derzeit kein Paketdienstleister eine überzeugende Antwort bieten könne. "Ideal wäre beispielsweise eine App, die dem Kunden während der Lieferung eine Interaktion mit dem Zusteller ermöglicht." Auch müsste DHL sein Packstationen-Netz noch viel größer skalieren als derzeit geplant. Doch die mit solchen Innovationen verbundenen Investitionen scheuten sämtliche Paketdienstleister. "Stattdessen sind die Carrier mächtig dabei, die Preise zu erhöhen", erklärt Müller. Wenn das so weitergehe, profitiere vor allem Amazon davon, das mit seinen eigenen Logistikservices beim Paketversand eine deutlich günstigere Kostenstruktur erziele, als das mittelständischen Online-Händlern möglich sei. Nicht nur in Sachen Kosten sieht Müller Amazon im Vorteil, auch bei der Qualität seines Zustellservices nehme der Online-Gigant immer mehr an Fahrt auf. "Der Benchmark bei der Paketzustellung wird in Zukunft Amazon sein", ist sich der Deltatecc-Chef deshalb sicher.

"Alle Paketdienstleister haben Probleme mit der E-Commerce-Entwicklung": Claus Fahlbusch, Gründer und Geschäftsführer von Shipcloud

Shipcloud

"Alle Carrier haben Probleme wegen der E-Commerce-Entwicklung", erklärt auch Claus Fahlbusch. Der Hamburger ist Geschäftsführer des Shipping Service Providers Shipcloud, der mit seiner Plattform Online-Händlern eine Schnittstelle zu allen relevanten Versanddienstleistern in Deutschland bietet. "Die Carrier kommen aus logistikgeprägten Bereichen und werden jetzt mit den E-Commerce-Anforderungen überrollt", so Fahlbusch.

Ein Beispiel sei die IT, wo es bei vielen Paketdienstleistern weiterhin Mängel bei den Schnittstellen gebe. Das führe dazu, dass die Versandgeschwindigkeit oft nicht mit den Anforderungen der Online-Kunden Schritt halte. Auch bei der Personalorganisation gebe es Defizite, sodass es oft nur schwer möglich sei, Pakete nachts oder am Wochenende zu versenden. "Solche Anforderungen gab es vor 20 Jahren noch nicht", erklärt Fahlbusch.

Die Anbieter müssten sich deshalb dringend E-Commerce-Personal ins Haus holen. "Die Carrier kümmern sich stattdessen vor allem darum, wie man Kosten und Routen optimiert." Die Kritik an den Preiserhöhungen der Versanddienstleister findet der Shipcloud-Chef dagegen nicht berechtigt. "Im Vergleich zum europäischen Ausland sind in Deutschland die Paketpreise lächerlich günstig. Die Investitionsneigung der Carrier ist deshalb so niedrig, weil es sich finanziell nicht trägt solange die Paketpreise so billig sind." Obwohl jeder Paketdienstleister auf der letzten Meile Geld verliere, traue sich keiner voranzugehen und realistischere Preise zu verlangen. Aus Sicht von Fahlbusch sind daran auch die deutschen Online-Händler schuld: "Sie haben die Kunden an die niedrigen Zustellkosten gewöhnt."

DHL sieht sich dennoch als Innovationsführer

Ole Nordhoff, Chef des Marketing und Produktmanagements für Post & Paket Deutschland der Deutsche Post DHL Group, sieht sein Unternehmen dennoch auf einem guten Weg, um bei der E-Commerce-Entwicklung nicht zurückzufallen. "Wir haben in diesem März eine umfangreiche Qualitätsoffensive gestartet, im Rahmen derer wir zwischen 2019 und 2021 jährlich je rund 150 Millionen Euro in unsere Qualität investieren, zum Beispiel in zusätzliches Personal, neue Services oder rund 3.000 neue Packstationen bis zum Jahr 2021."

Auch die weitere Automatisierung und Digitalisierung durch Investitionen in die Infrastruktur spiele dabei eine wichtige Rolle. "Gerade erst haben wir in Bochum ein weiteres Megapaketzentrum ans Netz gebracht, in dem im Jahr 2020 bis zu 50.000 Sendungen pro Stunde sortiert werden können. Der neue Standort ergänzt unser dichtes Netzwerk aus insgesamt 36 Paketzentren und leistet einen wichtigen Beitrag, um weitere Serviceverbesserungen für unsere Kunden zu erreichen", erklärt Nordhoff. Das zeige, wie ernst DHL die Kritik seiner Handelskunden nehme. Doch das Paketgeschäft bleibe trotz der fortschreitenden Digitalisierung ein People Business. "Und da, wo Menschen arbeiten, passieren auch mal Fehler. Aber wir werden besser. So ist die Zahl der Reklamationen gerade im Paketbereich bei uns in den letzten Monaten spürbar rückläufig, was uns sehr freut. Wir sehen das als Effekt aus den umfangreichen Investitionen in unsere Qualität", erklärt Nordhoff.

"Die Packstationen entwickelt sich für DHL zum echten Wettbewerbsvorteil": Ole Nordhoff, Chef des Marketing und Produktmanagements für Post & Paket Deutschland der Deutsche Post DHL Group

DHL

Für die Zukunft sieht der DHL-Manager sein Unternehmen klar als Innovationsführer. "Wir waren im Packstationsbereich der First Mover und bieten auch heute noch ein sehr viel dichteres Automatennetz als unser Wettbewerb." Heute schon hätten DHL-Kunden bundesweit Zugang zu 4.200 Packstationen, bis 2021 würden es aufgrund der wachsenden Nachfrage insgesamt rund 7.000 Packstationen sein. "Dieses Netz entwickelt sich für uns zum echten Wettbewerbsvorteil", sagt Nordhoff. DHL arbeite darüber hinaus daran, dass Pakete noch zuverlässiger bei den Kunden ankommen. "Ein Beispiel ist das Projekt OnTrack zur Verbesserung der Sendungsavise. Das bedeutet, dass die Kunden morgens auf eine Stunde genau sehen können, wann ihr Paket bei ihnen ankommen wird. Derzeit läuft die Testphase, im nächsten Jahr werden wir das flächendeckend einführen."

Hermes setzt auf höhere Paketpreise

Auch Hermes, der zweitgrößte deutsche Paketdienstleister, will den Vorwurf, die E-Commerce-Entwicklung verschlafen zu haben, nicht gelten lassen - schließlich hat das Unternehmen bereits 2014 ein Investitionsprogramm beschlossen, unter anderem für neun neue Logistikcenter. Wie Dennis Kollmann, Geschäftsführer Sales bei Hermes, erklärt, arbeite das Unternehmen neben dem Infrastrukturausbau an der weiteren Digitalisierung seiner Prozesse, an zusätzlichen Zustellbasen sowie im Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) an partnerschaftlichen Lösungen. Dazu gehörten unter anderem die gemeinsam mit DPD und GLS entwickelten "Parcellock"-Paketstationen und -Paketkästen. Außerdem setze Hermes auf alternative Zustelloptionen: "Dafür haben wir mit mehr als 16.000 Paketshops ein umfassendes Netzwerk aufgebaut - das ist so viel, wie es Apotheken in Deutschland gibt. Und das werden wir noch um mehrere Tausend Shops erweitern", erklärt Kollmann.

2017 hat Hermes zudem die Mehrheit an dem Same-Day-Delivery-Dienst Liefery übernommen. "Liefery ergänzt unser Angebot dort, wo es für Händler notwendig ist", berichtet der Hermes-Manager. Der ursprüngliche Hype um Same Day Delivery sei zwar inzwischen wieder zurückgegangen und es stünden eher Zustelltage oder Zeitfenster bei den Kunden im Mittelpunkt, doch die Liefery-Flotte ermögliche es Hermes, ohne Aufpreis Abendzustellungen zu ermöglichen. Auch Retouren könne Liefery in 28 deutschen Städten in vorab vereinbarten Zeitfenstern bei den Kunden abholen.

"Die Paketpreise im Markt sind nach wie vor nicht auskömmlich": Dennis Kollmann, Geschäftsführer Sales bei Hermes Germany

Hermes

Ähnlich wie Shipcloud-Chef Fahlbusch betrachtet auch Kollmann die niedrigen Paketpreise in Deutschland als ein Hindernis: "Die Paketpreise im Markt sind nach wie vor nicht auskömmlich. Es müssen im B2C Bereich im Durchschnitt 50 Cent pro Paket mehr erlöst werden, um das hohe logistische Qualitätsniveau, das wir in Deutschland haben, rentabel darstellen zu können. Diese Notwendigkeit haben wir als erstes Unternehmen der Branche schon vor Jahren öffentlich kommuniziert und zum Beispiel im Frühjahr 2018 die Preise im Geschäftskundenbereich im Durchschnitt um fünf bis sechs Prozent angehoben und einen Peak-Zuschlag eingeführt. Die begonnene Preispolitik werden wir weiter fortsetzen."

Dabei vermisst der Hermes-Manager bisweilen das nötige Verständnis der Händler. Die Endkunden dagegen seien auch für differenzierte Lieferoptionen offen: "All unsere Analysen zeigen, dass für die Kunden nicht generell die Zustellgeschwindigkeit, sondern vor allem die Zuverlässigkeit, mit der die im Checkout kommunizierte Lieferzeit eingehalten wird, im Mittelpunkt steht. Je nach Bedarfssituation können verschiedene Geschwindigkeitsprofile von Same Day bis zur Lieferung in zwei bis drei Tagen relevant sein. Wichtig ist uns vor allem, dass der Kunde die Sendungszustellung - auch noch im Rahmen der Auslieferung - seinen Bedürfnissen entsprechend gestalten kann und so das Einkaufserlebnis optimal abgerundet wird. Um die Mengenströme besser und bedarfsgerechter steuern zu können, entwickeln wir differenzierte unterschiedliche Preis- und Leistungsmodelle. So gehen zum Beispiel immer mehr Kunden dazu über, den PaketShop als bequeme alternative Zustelloption mit langen Öffnungszeiten zu nutzen." Neben dem Convenience-Aspekt biete eine Zustellung an einen PaketShop durch die höhere Konsolidierung natürlich auch ökologische und kommerzielle Vorteile.

Online-Händler starten eigene Lieferservices

"Mit Amazon Logistics können wir mehr Flexibilität für unsere Kunden schaffen": Nadiya Lubnina, Sprecherin Amazon Deutschland

Amazon.de

Auch wenn die etablierten Paketdienstleister ihr Angebot erweitern - Amazon legt beim Aufbau seiner eigenen Zustelldienste ein ganz anderes Tempo an den Tag: 2015 hat der E-Commerce-Gigant ergänzend zu den Partnerschaften mit DHL und Hermes seinen Lieferdienst Amazon Logistics gestartet und betreibt dafür inzwischen deutschlandweit mehr als 20 Verteilzentren. Bei der Zustellung auf der letzten Meile setzte Amazon zunächst auf die Kooperation mit kleineren Logistikunternehmen wie Interkep und DHS, wirbt seit Ende 2018 aber auch eigene Zustellpartner an, die als Freiberufler exklusiv für den Online-Händler ausliefern. "Aufgrund der weiter steigenden Kundennachfrage benötigt Amazon mehr Kapazitäten. Kleine unabhängige regionale Lieferpartner ermöglichen es Amazon, mehr Flexibilität für unsere Kunden zu schaffen und das Kundenerlebnis zu verbessern", erklärt dazu Amazon-Sprecherin Nadiya Lubnina.

Durch das eigene Logistiknetzwerk sei Amazon in der Lage, Kunden noch mehr Transparenz bei der Paketzustellung zu geben. "Kunden sehen, wo sich das Paket befindet und wie viele Stopps der Fahrer noch zu machen hat, bevor die Lieferung ankommt. Sie können mit Photo on Delivery sehen, dass ihr Paket sicher angeliefert wurde, womit die Erfahrung für alle verbessert wird, die zum Zeitpunkt der Zustellung nicht zu Hause sind", erklärt die Amazon-Sprecherin.

Shipcloud-Chef Claus Fahlbusch zeigt sich von dem Amazon-eigenen Zustelldienst beeindruckt: "Amazon hat den Vorteil, dass es mit dem kompletten E-Commerce-Know-how und -Mindset arbeitet. Die wissen, was in den Paketen drinnen ist, und müssen deshalb auch nicht überall klingeln." Fahlbusch geht davon aus, dass Amazon mithilfe der eigenen Logistik den Anteil von DHL und Hermes kontinuierlich verringern will. "Amazon wird dort selbst zustellen, wo es für sie wirtschaftlich ist." In Großbritannien hat der Online-Händler seinen Lieferservice im September 2019 zudem für andere Händler geöffnet - ein Schritt, den viele für die Zukunft auch in Deutschland erwarten. "Amazon und Zalando werden in fünf Jahren in großem Stil als Wettbewerber zu DHL und Co. auftreten", ist sich Fahlbusch sicher. Auch Deltatecc-Chef Andreas Müller erwartet, dass sich Amazon Logistics für Dritthändler öffnet. "Amazon hat dafür das Potenzial. Als erster Step wird das wohl in erster Linie für Marktplatzhändler ein Thema. Aber grundsätzlich wäre Amazon auch für uns als Versandpartner interessant."

Auch Zalando und AO liefern für Dritte

Ebenfalls in großem Stil am Aufbau eigener Lieferkapazitäten arbeitet Zalando. "Das Gros unserer Sendungen verschicken wir weiterhin über DHL und Hermes. Für Premiumkunden haben wir jedoch angefangen, ergänzend mit lokalen Dienstleistern zusammenzuarbeiten, die einen höheren Grad an Flexibilität bieten, vor allem bei Abendzustellungen", berichtet Christian Scheffler, Director Zalando Premium Logistics. "Damit sind wir inzwischen in 30 Städten aktiv und können damit circa ein Viertel unserer aktiven Kunden erreichen. Diese lokalen Lieferkapazitäten haben wir in diesem Jahr im Vergleich zu 2018 verdoppelt und wollen diese 2020 noch einmal verdreifachen."

"Wir liefern in 30 Städten und können damit ein Viertel unserer Kunden erreichen": Christian Scheffler, Director Premium Logistics bei Zalando

Zalando

Dass der Aufbau eigener Logistikservices kein Kinderspiel ist, hat Zalando allerdings mit der 2017 eingeführten Abholung von Retouren bei Premiumkunden erfahren müssen. Im November 2019 wurde der Service nämlich wieder eingestellt. "Bei der Abholung von Retouren hatten wir einen nicht so guten Erfahrungswert, denn das stellt sehr hohe Anforderungen an die Dienstleister - und uns ist es wichtig, unseren Kunden eine hohe Qualität zu bieten", erklärt Scheffler. "Wir evaluieren jetzt, wie wir das in Zukunft wieder anbieten können." Trotzdem arbeite Zalando bereits an der Öffnung seiner Logistikservices für Drittanbieter.

"In Paris haben wir dazu ein Pilotprojekt mit Adidas laufen, wo wir Bestellungen ausliefern, die Adidas auf seiner Webseite entgegennimmt. Wir sind auch offen dafür, diesen Service für Händler und Hersteller außerhalb des Fashion-Bereichs anzubieten", so Scheffler. Bei der Einschätzung der Potenziale für Zalando bei der Logistik sind die Meinungen aber geteilt. Während Shipcloud-Geschäftsführer Fahlbusch das Unternehmen neben Amazon als zweiten großen künftigen Newcomer sieht, ist Deltatecc-Chef Müller skeptisch: "Logistikservices sind nicht so leicht skalierbar. Ich denke, dass sich Zalando aufgrund des Größenunterschieds zu Amazon mit einer flächendeckenden Öffnung für Dritthändler schwertun wird."

Der Haushaltsgerätespezialist AO

Doch das Beispiel AO zeigt, dass es sich auch kleinere Händler zutrauen, ihre Lieferservices zu öffnen. In Großbritannien hat sich der Haushaltsgerätespezialist, dessen eigene Lieferflotte sein Markenkennzeichen ist, im vergangenen Jahr ­dazu entschlossen, seine Logistik auch ­anderen Händlern zur Verfügung zu stellen und hat damit im September 2019 sogar Aldi UK als Kunden gewinnen können.

In Deutschland kündigte AO in diesem Oktober ebenfalls an, auch für andere Händler und Hersteller ausliefern zu wollen. "Unser Vorteil ist, dass wir selber E-Commerce-Händler sind und wissen, wie wichtig der Touchpoint Logistik ist", erklärt dazu Sascha Hubert, Head of Logistics Services bei AO Deutschland. Das Unternehmen spreche bereits mit ersten Interessenten für den Lieferdienst. Dabei wolle man kein Konkurrent für DHL oder UPS werden, sondern habe eher kleine Nischenplayer im Visier. "Wichtig ist, dass die Partner ein ähnliches Mindset haben wie wir und Logistik als wesentlichen Teil der Customer Journey begreifen." Mit seinem Lieferservice sieht sich AO als Teil eines generellen Trends: "Eigene Logistikangebote entstehen überall dort, wo die großen Systemanbieter nicht reichen, oder da, wo Händler eine kritische Masse erreicht haben wie zum Beispiel Flaschenpost oder Picnic", erklärt Hubert.

Neue Zustellkonzepte für die Zukunft

Auch wenn abzuwarten bleibt, welcher Online-Händler sich dauerhaft als Logistikanbieter etabliert, dürfte davon auszugehen sein, dass das Spektrum der Lieferdienste in Zukunft breiter wird. Doch das allein werde nicht ausreichen, um das wachsende Paketaufkommen zu kanalisieren, meint Shipcloud-Chef Fahlbusch. Er ist sich sicher: "In Zukunft wird die Haustürzustellung zu einem Premiumservice werden und die kostenfreie Lieferung nur noch an Hubs erfolgen." Das könnten zum Beispiel Multi-Carrier-Paket-Shops sein. Es gebe auch schon Start-ups, die an solchen Pick-up-Points arbeiteten - als Zukunftskonzept für frei gewordene Einzelhandelsflächen. "Aber bisher ist das für den Handel wirtschaftlich noch nicht attraktiv. Der Preisunterschied für die Haustürzustellung und die Lieferung an einen Paket-Shop liegt aktuell nur bei rund einem bis 1,50 Euro."

Auch bei Zalando betrachtet man Pick-up-Points als eine Zukunftslösung für die Paketzustellung. "In Dänemark testen wir private Pick-up Points gerade in einem Pilotprojekt", so Zalando-Manager Scheffler. "Die Zustellung an händlerübergreifende Pick-up-Points bietet zum einen Bequemlichkeit für die Kunden, entspricht aber auch unserem Plattformgedanken." In Deutschland offeriere Zalando zudem schon jetzt die Zustellung an Hermes-Stationen und wolle das weiter ausbauen. Hermes selbst setzt für die Zukunft neben Pick-up-Points und Abholstationen auf Kooperationen mit anderen Carriern. "Es braucht smarte und neue Formen der Zusammenarbeit und Vernetzung", erklärt Vertriebschef Kollmann. Hermes lasse etwa seine Pakete auf der Insel Rügen und in Stralsund seit Jahresbeginn durch Briefzusteller der Nordkurier Mediengruppe ausliefern. Ein erstes Fazit falle überaus positiv aus, so Kollmann. Bislang ist oft der Wettbewerb der Anbieter solchen Kooperationen im Weg gestanden. Doch unter dem Druck von Amazon und Co. dürften sich die etablierten Carrier künftig immer mehr für neue Ideen öffnen.

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