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Wettbewerbsrecht Unerwünschte E-Mail-Werbung

Wann handelt es sich bei einer E-Mail wirklich um Werbung? Auch Abfragen zur Kundenzufriedenheit können unerwünschte Werbung darstellen, wie das OLG Dresden nun entschieden hat.

Die unerwünschte E-Mail-Werbung - böse gesagt Spam - ist immer wieder Thema unserer Rechtstipps. Sowohl Verbraucherschutzvereine als auch Konkurrenten oder Privatpersonen mahnen die Absender solcher unerwünschter E-Mail-Werbung immer öfter ab. Aber wann handelt es sich bei einer E-Mail wirklich um Werbung? Was ist, wenn man es als Online-Shop-Betreiber nur gut meint und die Kundenzufriedenheit abfragen möchte? Mit dieser Frage hat sich kürzlich das OLG Dresden beschäftigt.
 
Der Entscheidung (Urteil des OLG Dresden vom 24.04.2016, Aktenzeichen 14 U 1773/13) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte vertrieb Frankiermaschinen und zugehöriges Verbrauchsmaterial. Auch die Klägerin vertrieb Verbrauchsmaterialien für Frankiermaschinen und hatte daher im Webshop der Beklagten einen Einkauf getätigt. Im Nachgang zu diesem Einkauf erhielt die Klägerin mehrere E-Mails, in deren Absender die Beklagte genannt war. Darin wurde sie unter Bezugnahme auf die vorangegangene Bestellung gebeten, an einer allgemeinen Kundenzufriedenheitsanfrage teilzunehmen und das Leistungs- und Serviceangebot zu bewerten.

Die Klägerin hatte an dieser Umfrage auch teilgenommen und danach eine weitere E-Mail erhalten, in der sich die Beklagte für die Teilnahme bedankte und äußerte: "Gerne würden wir Sie auch weiterhin als zufriedenen Kunden betreuen dürfen." Die Nachrichten waren im Auftrag des US-Amerikanischen Mutterkonzerns der Beklagten von einem Marktforschungsunternehmen im Namen der Beklagten versandt worden.
 
Die Klägerin nahm daher die Beklagte zunächst außergerichtlich und sodann gerichtlich zuerst im einstweiligen Rechtsschutz und sodann im Hauptsacheverfahren in Anspruch. Die Beklagte war der Auffassung, dass die E-Mails keine Werbung darstellten. Die Klägerin erhielt aber bereits in erster Instanz Recht und wurde vom OLG Dresden bestätigt.
 
Der Klägerin stünde ein Unterlassungsausspruch wegen eines Wettbewerbsverstoßes zu. Die E-Mails, die ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Klägerin versandt wurden, stellten eine unzumutbare belästigende und damit unerlaubte Werbung dar. Europarechtlich sei Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handelsgewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistung zu fördern. Dies decke sich auch mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach der Begriff der Werbung eine Maßnahme eines Unternehmens umfasse, die auf die Forderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sei, mithin außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung - beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring.

Jede E-Mail enthielt werbende Inhalte

Im Streitfall wiesen alle E-Mails werbende Inhalte auf. Die erste E-Mail werde bereits bei Anmeldung im Online-Shop und nicht erst nach der Bestellung versandt. Mit der E-Mail solle also der Kontakt vertieft und der Kunde zur Forderung eines künftigen Absatzes gewonnen werden. Die weiteren E-Mails nahmen jeweils Bezug auf den Onlineshop mit dem anpreisenden Hinweis "Zubehör clever bestellen und sparen". Die letzte E-Mail erhielt darüber hinaus noch den werbenden Zusatz: "Gerne möchten wir Sie auch weiterhin als zufriedenen Kunden betreuen dürfen".

Diese werbenden Inhalte begründeten den Unterlassungsanspruch auch für den Fall, dass die Kundenzufriedenheitsabfrage, die ebenfalls in den E-Mails enthalten war, gegebenenfalls keine Werbung darstellen würde. Allerdings handele es sich auch bei der Kundenzufriedenheitsbefragung um Werbung. Sie diene nämlich zumindest auch dazu, den Kunden zu behalten und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch die E-Mails werde dem Kunden der Eindruck vermittelt, die Beklagte bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn, zum Beispiel indem sie wie in einer der E-Mails um eine persönliche Bewertung ihres Leistungs- und Serviceangebots bitte, um ein Bild über die Stärken und Schwächen aus der Sicht des Kunden zu gewinnen. Zutreffend habe das Landgericht den Zweck dieser "Kunden-Nachbetreuung", die sachlich außerhalb des geschuldeten Pflichtenprogramms stehe, auch darin gesehen, weiteren Geschäftsabschlüssen den Weg zu ebnen und somit hierfür zu werben.
 
Die Beklagte sei auch verantwortlich für diesen Wettbewerbsverstoß, denn sie habe der Muttergesellschaft, die das Marktforschungsunternehmen beauftragt hat, die gespeicherten Daten übermittelt. Zudem erscheine die Beklagte beim Empfänger auch als Absenderin. Durch die Weitergabe der Daten habe die Beklagte außerdem in einer ihr zurechenbaren Weise die Gefahr eröffnet, dass Dritte die Interessen von Marktteilnehmern verletzen und muss sich dieses Handeln der Muttergesellschaft daher auch zurechnen lassen.
 
Unser Tipp:
 
Aufgedrängte und unerwünschte Werbung kann schnell zum Bumerang für Unternehmen werden. Wie das OLG Dresden nunmehr auch die bisher schon bestehende Rechtsprechung bestätigt hat, handelt es sich bei Kundenzufriedenheitsanfragen ebenfalls um Werbung. Eine Nachfrage des Onlineshophändlers kann nur dann keine unerwünschte Werbung sein, wenn es sich um eine vertragliche Pflicht, z.B. um eine Aufklärungs- oder Informationspflicht des Onlineshop-Betreibers handelt.
 
Wer seinen Kunden Werbung zusenden möchte, muss deren Einwilligung, z.B. über ein Opt-In beim Verkaufsvorgang einholen. Aber auch bei der Formulierung und Platzierung der Einwilligung ist Vorsicht geboten. Unerwünschte Werbung kann für Unternehmen nicht nur wettbewerbsrechtliche Folgen haben, sondern vor allem auch die Datenschutzbehörden auf den Plan rufen.
 
Rebekka Stumpfrock
KLEINER RECHTSANWÄLTE

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