
Job-Portrait Was macht eigentlich ein VP Data Science & Risk?
Mit dem Boom des Online-Handels haben sich viele neue, facettenreiche Berufsbilder etabliert. In diesem Teil unserer Porträt-Serie verrät Natalia Lyarskaya, was ihren Job als VP Data Science & Risk bei Billie ausmacht.
Ein E-Commerce-Team braucht die verschiedensten Skills. Das hat zur Folge, dass sich in den letzten Jahren viele Berufsbilder verändert beziehungsweise neu gebildet haben. In unserer Serie "Was macht eigentlich...?" stellen wir die spannendsten Jobs der E-Commerce-Branche vor.
In diesem Teil hat uns Natalia Lyarskaya verraten, wie ihr Daily Business als VP Data Science & Risk beim Payment-Anbieter Billie aussieht und welche Fähigkeiten dafür am wichtigsten sind.

Billie
Name: Natalia Lyarskaya
Position: VP Data Science & Risk
Unternehmen: Billie
Natalia, du bist VP Data Science & Risk - was zählt alles zu deinem Aufgabengebiet?
Eine klare Jobbeschreibung zu geben, ist in meinem Fall gar nicht so einfach. Die Aufgaben einer VP Data Science & Risk variieren nämlich je nach Branche bzw. Geschäftsmodell stark und sind häufig sogar auf mehrere Rollen aufgeteilt. Im Kern trage ich bei Billie zwei Hüte: einmal den Data-Science-Hut und einmal den für Kredit- und Betrugsrisiko. Ich bin also zum einen dafür verantwortlich, analytische Prozesse im Unternehmen zu etablieren, zum anderen das Kredit- und Betrugsrisiko für uns sowie unsere KundInnen zu managen. Da es sich bei unserem Produkt um eine digitale Rechnungskauflösung für GeschäftskundInnen handelt, auch B2B Buy Now, Pay Later genannt, sind das zentrale Aufgabengebiete. Warum? Bei jeder Transaktion mit unserer Bezahlmethode gewähren wir dem kaufenden Unternehmen vereinfacht gesagt einen Kredit. Wir müssen uns also sicher sein, dass es wirklich kreditwürdig ist und es sich nicht um BetrügerInnen handelt. Diese Evaluation setzen wir skalierbar und in Echtzeit in Onlineshops mit hunderten bis tausenden Bestellungen täglich um. Dafür braucht es intelligente Technologie - und an dieser arbeitet unter anderem mein Team.
Wie bist du dazu gekommen?
Ich hatte schon immer eine Faszination für Daten und welche Probleme man mit ihnen lösen kann. "Data-driven" ist mittlerweile ein furchtbar überstrapaziertes Buzzword. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir viele der großen Herausforderungen, die wir heute sehen, mit einem datengetriebenen Ansatz einfacher meistern werden. Sowohl im Business-Kontext als auch in der Welt im Allgemeinen. Mein akademischer Hintergrund ist die Volkswirtschaftslehre, in der ich auch promoviert habe. Diese Zeit war sehr lehrreich für mich, weil ich mir die Fähigkeit aneignen musste, autark zu forschen und Probleme analytisch zu lösen.
Mittlerweile bin ich seit mehr als 15 Jahren in Fintechs tätig. Das liegt vor allem daran, dass dies mit die ersten Unternehmen waren, in denen Data-Science- und Machine-Learning-Programme stark gefördert wurden. Was ich bis heute sehr an meinem Job liebe, ist, dass man die Resultate der eigenen Arbeit sofort und ohne Verzögerung sehen kann.
Wie siehst du deine Rolle im Team?
Zum einen im Etablieren analytischer Strukturen, um so echten Mehrwert für Billie zu schaffen. Zum anderen darin, einem Team von begabten Data Scientists, AnalystInnen und Machine-Learning-Enginers die nötigen Freiräume zu schaffen, um sowohl Unternehmens- als auch persönliche Ziele zu erreichen. Data Scientists kämpfen im Job häufig mit Frustration, da sie in verschiedenen teamübergreifenden Abhängigkeiten stecken und oft nicht klar ist, wie sie diese am besten navigieren. Hier komme ich dann ins Spiel. Außerdem helfe ich ihnen, Geschäftsprobleme in eine technische Struktur zu abstrahieren. Und umgekehrt, die Ergebnisse ihrer Arbeit in betriebswirtschaftliche Metriken zu übersetzen, mit denen das Management arbeiten kann.
Welche Eigenschaften/Skills helfen dir im Daily Business am meisten? Warum?
Ich glaube, dass die analytische Herangehensweise an Dinge, die ich mir während des Studiums angeeignet habe, mir immer noch zugutekommt. Im Prinzip übersetze ich Zahlen, Daten und Analysen in bessere Prozesse und Handlungen. Und das sowohl reaktiv, indem ich Antworten auf Fragen finde, als auch proaktiv, indem ich neue Richtungen für zukünftige Unternehmensstrategien erkunde. Gleichzeitig muss ich auch in der Lage sein, Daten und Analysen verständlich zu kommunizieren. Data Science betrifft längst nicht mehr nur Data- oder Tech-Teams. Mittlerweile haben wir Berührungspunkte mit vielen verschiedenen Stakeholdern im Unternehmen, die alle andere Ziele und auch unterschiedliche Levels von Verständnis für Daten-Themen mitbringen. Hier übersetze ich dann und versuche, greifbare Geschichten mit den Daten zu erzählen.
Schildere bitte möglichst anschaulich ein Projekt, das dich besonders begeistert hat.
Die kontinuierliche Arbeit an unserem Algorithmus kann man als ein großes Projekt verstehen. Wir bieten mit unserer B2B-Rechnungskauflösung vollen Schutz vor Zahlungsausfall und Betrugsrisiko für Onlinehändler. Deshalb sind wir darauf angewiesen, dass unser Algorithmus BetrügerInnen erkennt - ansonsten ginge uns, vereinfacht gesagt, irgendwann das Geld aus. Leider sind Betrüger:innen nicht auf den Kopf gefallen und finden stets neue Wege, Sicherheitslücken auszunutzen. Es handelt sich also um einen lebendigen Prozess, indem es immer darum geht, den "Bad Guys" einen Schritt voraus zu sein. Im Grunde ein bisschen wie Detektiv spielen - nur mit mehr Zahlen.
Was ist dir in diesem Job am wichtigsten? Was macht am meisten Spaß?
Ich lerne gern neues und habe viel Spaß daran, Dinge zu verändern. Diesen Prozess an sich finde ich super, deswegen passt hier vielleicht die Redewendung "It’s all about the journey" ganz gut. Etwas weniger abstrakt formuliert und auf die Arbeitswelt übertragen: Ich habe viel Freude daran, Produkte, Teams oder Prozesse von Grund auf mitzukonzipieren und diese kontinuierlich weiterzuentwickeln. Alles Dinge, die mir mein Job glücklicherweise bietet.
Was sind die größten Herausforderungen?
Mein Ziel ist, aus Billie ein auf allen Ebenen datengetriebenes Unternehmen zu machen. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass dieser Wandel allerdings für kaum ein Unternehmen einfach ist. Im Gegenteil: Um messbare Erfolge zu erzielen, braucht es kontinuierliches Change Management. Ich möchte für diesen Kulturwandel werben und ihn selbst so gut vorleben, wie es geht.
Mein Job ist im E-Commerce unverzichtbar, weil …
Ich denke, dass Data Science in praktisch jedem Unternehmen - ganz unabhängig von der Branche - immer wichtiger wird. Datenanalysen erlauben ein besseres Verständnis dafür, wer die eigenen KundInnen sind, wie sie sich verhalten und wie ihre Bedürfnisse aussehen. Mit diesen Informationen lassen sich dann bessere Produkte bauen und es lässt sich kundenzentrierter handeln.
Wenn du nicht Data Scientist geworden wärst, was wärst du dann?
Ich mache sehr gern Dinge mit meinen Händen - sei es Klavier spielen, Gärtnern oder Backen. Eines meiner Hobbys ist beispielsweise Boote bauen! Vermutlich hätte ich eine Laufbahn als Chirurgin angestrebt. Das Berufsbild begeistert mich seit meiner Kindheit, weil ich es faszinierend finde, wie wenig Spielraum für Fehler Chirurgen in ihrer täglichen Arbeit haben. Ich habe Hochachtung vor Menschen, die den Mut aufbringen, diesen Weg einzuschlagen.