INTERNET WORLD Logo Abo
Paul Fischbein in der Natur

Interview mit CEO Paul Fischbein Revolution Race: "Schon der erste Kauf des Kunden sollte profitabel sein"

Paul Fischbein, CEO Revolution Race

Revolution Race

Paul Fischbein, CEO Revolution Race

Revolution Race

Die schwedische Outdoor-Marke Revolution Race wird ausschließlich über digitale Kanäle vertrieben. Mehr als die Hälfte der dreistelligen Millionenumsätze kommen aus Deutschland. Als Marke ohne Fremdkapital ist das Unternehmen besonders diszipliniert bei den Kosten.

Das vor rund zehn Jahren gegründete schwedische Outdoor-Label RevolutionRace setzt ausschließlich auf das D2C-Modell. Für das Geschäftsjahr 2022 meldet die Brand rund 150 Millionen Euro Umsatz, die Gewinnmarge lag zuletzt bei 23 Prozent. Der größte Markt der Schweden ist mit 54 Prozent Umsatzanteil und 44 Prozent Umsatzwachstum die DACH-Region. CEO Paul Fischbein erzählt im Interview, welche Faktoren für ihn der Schlüssel zum D2C-Erfolg sind, und warum Philipp Lahm und Revolution Race das perfekte Match sind.

Über welche Kanäle verkauft Revolution Race?
Paul Fischbein: Wir vertreiben ausschließlich digital über unsere Website und Amazon. Bei Amazon liegt der Umsatzanteil aber unter zehn Prozent. Ansonsten betreiben wir lokale Webshops mit lokalem Kundenservice in 18 Ländern und machen dort auch in lokaler Sprache Werbung. Und diese Länder beliefern wir aus unserem größten Warenhaus in Oberhausen in der Nähe von Düsseldorf, in Schweden und in der Nähe von Boston.

Warum heißt Ihr Ansatz "digital only"?
Fischbein: Wir wollen Outdoor-Mode in hohen Qualität zu bezahlbaren Preisen anbieten. Das ist unsere Marken-ID. Wir wollen, dass sich unsere Produkte jeder leisten kann. Um das gewährleisten zu können, sparen wir uns jegliche Art von Middleman. Wir verkaufen nicht über andere Händler, den Großhandel, Agenturen oder Distributoren. So können wir die Preise für die Kunden niedrig halten und dennoch unsere Margen erhalten. Und tatsächlich mögen wir es auch, auf digitalem Weg Business zu machen. So sind wir viel schneller, können Strategien und Taktiken sehr einfach ändern, ohne 50 Läden berücksichtigen zu müssen. Wir sind auch keine Experten für stationäre Läden. Das erhöht nur die Komplexität. Wir wollen uns diszipliniert auf unsere ID fokussieren.

Andere D2C-Brands argumentieren, Geschäfte seien die neuen CAC.
Fischbein: Das können wir so noch nicht bestätigen. Digitale Werbung ist günstiger und teurer zugleich geworden. Den Massenverkehr im Upper Funnel gibt es inzwischen günstiger. Der Lower Funnel könnte etwas teurer geworden sein. Aber in unserem Vertical ist das nicht so dramatisch.

Kollektion für Hunde

Ein Vorteil von "digital only" ist auch die Nähe zu den Kunden. Wie kommen Sie Ihren Kunden nah?
Fischbein: Wir haben rund 450.000 Produktbewertungen, was zumindest für ein schwedisches Unternehmen eine Menge ist. So erfahren wir direkt, was die Konsumenten über unsere Produkte und die Customer Experience beim Einkauf und bei der Lieferung denken. Wir veröffentlichen diese Reviews auch, damit jeder sie lesen kann. Unser Rating liegt bei sehr guten 4.6 von 5 und darauf sind wir stolz. Aber nicht nur die Note, auch die Zahl ist wichtig. Wir haben keine stationären Läden. Aber wenn viele Menschen sehen, dass andere Kunden unsere Produkte gekauft haben und zufrieden sind, stärkt das Vertrauen. In Social Media machen wir auch eine ganze Menge, um unseren Kunden nah zu sein. Wir machen zum Beispiel Votings, in welchen Farben unsere Produkte auf den Markt kommen sollen. Darüber hinaus behalten wir auch die Social-Media-Aktivitäten unserer Kunden im Blick. So ist uns beispielsweise aufgefallen, dass viele unserer Kunden einen Hund haben und in Parks spazieren gehen. Also haben wir eine Kollektion für Hunde entwickelt.

Wie motivieren Sie Kunden, Bewertungen abzugeben?
Fischbein: Wir fragen direkt danach. Und wir versuchen, unseren Kunden gegenüber immer großzügig zu sein - beispielsweise bei Reklamationen. Und diese Großzügigkeit zeigen sie dann auch uns gegenüber, indem sie einen Kommentar hinterlassen.

Welche Marketingkanäle sind Ihnen wichtig?
Fischbein: Instagram und TikTok sind wichtig zum Brand Building. Google ist mehr für den Lower Funnel relevant, wenn jemand kurz vor dem Kaufabschluss ist. Facebook steht irgendwo dazwischen. Newsletter sind für uns der Kanal, über den wir mit bestehenden Kunden kommunizieren.

Und was ist mit klassischer Werbung?

Fischbein: Haben wir ausprobiert. Wir machen zum Beispiel keine eigenen Events, aber wir nehmen an den Events anderer Teil und sponsern Teams, die wir für relevant halten.

Sie sind auch sehr aktiv auf YouTube. Welche Rolle spielt der Kanal?
Fischbein: YouTube ist auch Brand Building. Wir haben vor ein paar Monaten für den schwedischen Markt eine große Youtube-Serie veröffentlicht. Die wollen wir jetzt auch in die anderen Märkte bringen. Außerdem zeigen wir auf YouTube eine Menge Produktvideos, in denen wir Produkte vorführen und die Funktionen zeigen. Damit ersetzen wir ein Stück weit physische Läden. Wir sind in diesen Videos auch sehr authentisch. Wir machen da auch keine aufwändige Produktion, sondern gehen mit unserem Smartphone in den Wald oder in die Berge. Und die Kunden lieben das.

"Man muss sehr detailverliebt sein"

Haben Sie einen geheimen Marketing-Hack?
Fischbein: Ich fürchte, nein. Im E-Commerce macht man eigentlich jeden Tag das Gleiche, nur jeden Tag ein bisschen besser. Im Online-Handel dreht sich viel um Produkt und Preis. Wer kein gutes Produkt zu einem guten Preis hat, tut sich sehr schwer. Da ist es egal, welchen geheimen Marketing-Hack man hat. Man muss sehr fokussiert sein und ein relevantes Kundenversprechen abgeben. Und man muss sehr detailverliebt sein und seine Daten im Griff haben. Testen, testen, testen und immer besser werden. So machen wir das. Und das funktioniert. Aber eigentlich ist das eine langweilige Antwort.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Philipp Lahm?
Fischbein: Wir kennen ihn natürlich als Fußballspieler. Und dann folgten wir ihm und sahen, dass er mit seiner Familie viel Zeit im Freien verbringt. Und dabei trug er sogar manchmal unsere Produkte. Also haben wir gedacht, scheinbar mag er unsere Produkte, daher sollten wir ihn kontaktieren. Und das haben wir getan. Ich sehe immer wieder Posts von ihm, wo er bei sportlichen Aktivitäten unsere Produkte trägt.

War es ein teurer Deal?
Fischbein: Wir würden es nicht machen, wenn es zu teuer wäre.

Im Online-Shop gibt es einen eigenen Bereich, wo Philipp Lahm Produkte empfiehlt. Sucht er die wirklich selbst aus?
Fischbein: Sagen wir, es ist eine Diskussion. Natürlich müssen es Produkte sein, die er mag. Wir geben Empfehlungen. Aber wir würden ihn nicht zwingen, etwas zu promoten, was er nicht mag. Es muss von ihm selbst oder seiner Familie kommen. Aber weil er unsere Produkte selbst im Alltag trägt, funktioniert die Kooperation sehr gut.

Brandbuilding-Instrument

Und lassen sich schon Resultate messen?
Fischbein: Dafür ist es noch zu früh. Und das erwarten wir eigentlich nicht. Für uns ist die Zusammenarbeit eher ein langfristiges Brandbuilding-Instrument, um im deutschen Markt noch bekannter zu werden.

In diesem Jahr lautet das Business-Zauberwort "Profitabilität". Wie machen Sie Ihre Kunden zu profitablen Kunden?

Fischbein: Wir arbeiten hart dafür, dass unsere Kunden zufrieden sind. Denn wenn sie zufrieden sind, kaufen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder bei uns ein. Gleichzeitig waren wir aber immer schon fokussiert darauf, schon die erste Bestellung profitabel zu bekommen. Wir sehen die erste und zweite Bestellung nicht als Investment in einen Neukunden. Denn meine Erfahrung zeigt: Nach der ersten Bestellung kann so viel passieren, da ist nie sichergestellt, dass diese Rechnung wirklich aufgeht. Besser ist es, schon von Anfang an Gewinne zu erwirtschaften, auch wenn diese zunächst etwas kleiner sind.

Und wie geht das: Kunden beim ersten Kauf zu profitablen Kunden zu machen?

Fischbein: Indem man sich auf sein Business-Modell und die Kostenbasis fokussiert. Wir haben bei den Margen Spielraum, weil wir uns den Zwischenhandel sparen. Natürlich sollte man auch effizient in der Logistik und sehr diszipliniert im Marketing sein. Man darf nicht zu viel ausgeben, nur weil man diese erste Order haben möchte.

"Wir stehen finanziell fantastisch da"

Haben Sie einen Investor an Bord?
Fischbein: Nein, wir haben noch nie Geld von außen genommen. Die Gründer hatten zum Start 30.000 Euro und die Wahl: Entweder, wir gründen ein Unternehmen oder wir renovieren die Küche. Sie haben sich für das Unternehmen entschieden. Und wir stehen finanziell wirklich fantastisch da. Keine Schulden, keine Verbindlichkeiten, umgerechnet rund 19 Millionen Euro Cashflow alleine im letzten Quartal.

Also ist der Himmel über Revolution Race wolkenlos blau?
Fischbein: Nein, keine Angst, auch wir haben Probleme. Ich beobachte die aktuelle wirtschaftliche Lage schon sehr gespannt. Wir haben ja kein Software-Business, indem jeden Monat die Umsätze mehr oder weniger automatisch fließen. Wir müssen jeden Tag um jede neue Bestellung kämpfen und bewegen uns in einer sehr wettbewerbsstarken Branche. Es gibt Tausende von Outdoor-Brands. Und gerade jetzt haben viele Mitbewerber ihre Lager voll. Wir sehen Kampagnen mit 75 Prozent Rabatt. Das ist natürlich eine große Herausforderung.

Und was sind die Pläne für die nähere Zukunft?
Fischbein: Eher Evolution als Revolution. Wir versuchen, uns auf das tägliche Business zu fokussieren und mit unseren Produkten relevant zu bleiben. Und da entwickeln wir die ganze Zeit neue Angebote. Zuletzt haben wir Schuhe, Taschen oder Produkte für Kinder und Teenager als neue Kategorien gestartet. Und das Hundezubehör, von dem ich vorhin sprach. Wir sehen auch, dass nicht nur Outdoor-Sportler unsere Produkte tragen, sondern beispielsweise auch Gartenbesitzer. Also haben wir Hosen entwickelt, in denen man sein Gartenwerkzeug gut verstauen kann. Das sind kleine Anpassungen mit großer Wirkung.

Das könnte Sie auch interessieren