
Kommentar: Das Debitkarten-Drama Wie der unabhängige deutsche Handel es sich gerade mit der Kundschaft verscherzt
Die Debitkarte ist da, Maestro geht und jede Menge Probleme kommen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband beklagt sich über Banken, die nur Debitkarten ausgeben, da sich Kundenbeschwerden über Akzeptanzprobleme häufen. Lösen kann der Handel das Problem aber nur selbst.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband schimpft wie ein Rohrspatz auf die Bankenlandschaft, die statt der geliebten Girokarte jetzt lauter böse Debitkarten einführen. Das Problem: Die Mistdinger werden leider in Deutschland an allen Ecken und Enden nicht akzeptiert.
Das Dilemma an der Kasse
Ich habe nur Debitkarten und eine Amex. (Die Payment-ExpertInnen unter unseren LeserInnen setzen jetzt gerade einen äußerst mitleidigen Gesichtsausdruck auf. Oder ein sehr schadenfreudiges Grinsen.)
Und selten hat ein simpler Satz so großes Aggressionspotential bei mir geschaffen, wie die vier Worte "Wir nehmen nur EC-Karte".
In meinem Kopfkino laufen dann die unterschiedlichsten Szenarien an Reaktionen gleichzeitig ab. Die Bandbreite reicht dabei von: Auf den Kassentresen springen, die KassiererIn schütteln und dabei hysterisch "ES GIBT SEIT JAHREN KEINE EC-KARTEN MEHR" schreien, hin zu: heulend zusammenbrechen und schluchzend aus dem Laden robben.
Was ich tatsächlich mache: Ich kaufe da nichts mehr ein. Ja, ich bin nachtragend. Wer mich nervt, bei dem kaufe ich nichts.
Hintergrund: Das Ende der Maestro-Card, der Auftritt der Debitcard
Falls Sie das Drama verpasst haben sollten, welches das Skript für meine persönliche Tragödie darstellt: Das internationale Maestro-Netz von Mastercard wird eingestellt, neue Girokarten erhalten stattdessen mit einer sogenannten "Co-Badge (a.k.a. zweites Logo)" einen zusätzlichen Zugang zu den kreditkartenähnlichen Debitkarten-Netzen von Visa und Mastercard. Die Achillesferse dieser Entscheidung: Immer mehr Challenger- und Direkt-Banken greifen direkt zu den Debitkarten und ignorieren das deutsche Bezahlschema Girocard. (Übrigens nicht erst seit der Einstellung des Maestro-Netzwerkes).
Diese Debitkarten sind von den Banken als "Ersatz" für eine Girocard gedacht, scheitern aber daran, dass sie für Kartenterminals und Händler eher Kreditkarten sind und deshalb nicht akzeptiert werden. Entweder optisch vom Händler oder faktisch vom Kartenterminal, dem die entsprechende Freischaltung im Servicevertrag fehlt.
Über die Debitcard zu schimpfen bringt dem Handel nichts
Ich verstehe meinen Kollegen Nils Wischmeyer von paymentundbanking, wenn er über die ausgebenden Banken schimpft und seine Karten am liebsten zerschneiden möchte. Auch den Verbraucherzentrale-Bundesverband verstehe ich, die jetzt ebenfalls die Banken rügen und am liebsten sofort den digitalen Euro haben wollen (Oh Gott, das Thema fange ich gar nicht erst an).
Und es gibt noch unheimlich viel, was man auf einer Sachebene zu diesem Thema sagen könnte. Von den Gebührenstrukturen für Kartenzahlungen, über die unsäglichen Versäumnisse der deutschen Kreditwirtschaft bei der veralteten Girocard, zum Ende des Maestro-Zugangs längst hätte moderne Funktionen aufweisen sollen, über die Absichten der Challenger- und Direkt-Banken bei der Ausgabe der Debitkarten. Und, und, und ...
Leider ist das alles egal.
Die KundInnen haben immer recht! Und das Recht zu zahlen, wie sie wollen
Das Einzige, was zählt, ist die riesige Menge Debitkarten im Umlauf, die von KundInnen oft als einziges Zahlungsmittel genutzt wird. KundInnen, die genervt und mit Unverständnis reagieren werden, wenn sie an der Kasse nicht bezahlen können.
Der Leidtragenden werden am Schluss die HändlerInnen sein, die keine Debitkarten akzeptieren. Die KundInnen werden sich das merken, sich den Ärger sparen und das nächste Mal einen Laden auswählen, der ihr Karte akzeptiert. Sie halten diese Behauptung für übertrieben? Dann standen Sie noch nie mit einer Debitkarte an einer Kasse, ohne gleichzeitig über ausreichendes Bargeld zu verfügen. Das ist peinlich, nervig und zeitraubend.
Und 94 Prozent der Problemmeldungen zu Kartenzahlungen bei der Vzbv, immerhin 1.745 Problemmeldungen, beziehen sich auf die Debitkarte.
Liebe HändlerInnen, greift noch heute zum Telefon und aktualisiert eure Akzeptanzverträge bei euren Terminalbetreibern. Sonst verlieren ihr den Anschluss an die großen Ketten, wie Rewe, dm oder Thalia, die alle längst Debitkarten akzeptieren. Und damit die KundInnen.