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Abgang von Sam Altmann Feuert nicht die Visionär:innen!

Steve Jobs: Anton_Ivanov/Shutterstock.com, Sam Altmann: jamesonwu1972 /Shutterstock.com, Montage: Internet World

Steve Jobs: Anton_Ivanov/Shutterstock.com, Sam Altmann: jamesonwu1972 /Shutterstock.com, Montage: Internet World

Das OpenAI-Board hat Sam Altmann gefeuert. Wie viel Schaden das anrichten wird, ist unklar, aber eines ist klar: Werden Visionäre gefeuert, kann das ein Unternehmen über die Klippen steuern. Deshalb: Feuert nicht die Visionäre! Ein Kommentar von Jochen G. Fuchs.

Als Steve Jobs Apple das erste Mal verlassen musste, war damit der Niedergang des Unternehmens eingeläutet. Als er starb, verlor Apple einen Teil seiner Seele und hat sie bis heute nicht ganz wiedergefunden. Visonäre sind entscheidend dafür, ob ein Unternehmen herausragend wird oder nicht. Und entfernt man sie aus einem herausragenden Unternehmen, wird das Unternehmen entweder gewöhnlich oder es stirbt.

Interdisziplinäre Dreamteams: Visionär:innen und Technokrat:innen

Gründer:innen sagt man, sie sollen ihr Team so aufbauen, dass alle Kompetenzen vorhanden sind. Und gerade den kreativen Chaot:innen, den Visionär:innen, legt man oft ans Herz, sich Technokraten und zahlengetriebene Menschen an die Seite zu stellen. Der Rat ist weise und das Wort Technokrat hier auch keinsfalls abwertend gemeint. Das Duo Steve Jobs und Tim Cook waren ein Dream-Team. Ein herausragender Visionär und ein Technokrat, aber auch ein herausragender Manager.

Was Visionär:innen ausmacht und von Technokrat:innen unterscheidet

Das Problem dabei? Diese Menschen in einem solchen Team sind oft extrem unterschiedlich. Und ihr Blick auf die Sinnstrukturen der Lebenswelt aus psychologischer Sicht völlig unterschiedlich. Während die einen sich in die erkannten und internalisierten Strukturen psychologisch einbetten, fühlen die kreativen Chaot:innen sich durch wahrgenommene Strukturen eher eingeengt. Sie drängen eher danach, eigene Gesetze und Strukturen zu errichten, in denen sie sich wohlfühlen. Das führt zu Konflikten zwischen den Menschen und damit zwischen den Unternehmensrollen.

Visionär:innen sind unbequem

Genie und Wahnsinn liegen oft nah beieinander, sagt der Volksmund. Die Alltagsdefinition von „Wahnsinn“ ist aber nur ein von der (persönlichen) Norm abweichendes Verhalten. Und Visionäre müssen Normen in Frage stellen und verwerfen, um visionär zu denken und zu handeln. Damit sind sie in der Regel unbequeme Menschen.

Wie Technokraten und Visionär:innen zusammenarbeiten

Die fühlbare Dissonanz im Blick auf die Sinnstrukturen des Lebens müssen Führungskräfte aushalten können. Die Versuchung ist groß, diese Dissonanz aus dem Leben zu entfernen. Dieser Versuchung dürfen die Führungskräfte nicht nachgeben.

Das Team muss von Anfang an intensiv daran arbeiten, Verständnis für diese unterschiedliche Sicht der Visionär:innen auf die Sinnstrukturen zu entwickeln. Um Vertrauen zwischen Visionär:innen und Technokraten aufzubauen und um das überbordende schöpferische Chaos der Visionär:innen in geregelte Bahnen zu leiten. Das Ziel ist es dabei nicht, den "Wahnsinn" einzudämmen, sondern in schöpferische Energie zu kanalisieren.

Die Vision, der unvermeidlich nötige Antrieb, um Herausragendes zu schaffen

Die Gesellschaft belächelt Menschen wie Jeff Bezos beim Weltraumflug, die Profis schütteln den Kopf über den Kommunikationsgau des Milliardärs, der sich ins All schießen lässt. Aber das alles war Bezos bewusst, der Flug war keine Reaktion aus dem Elfenbeinturm. Liest man Brad Stones „Der Allesverkäufer“, eine Art Biografie von Bezos und Amazon, dann erkennt man, es war die Erfüllung eine Vision, die Bezos über Jahrzehnte angetrieben hat. Wir mögen ihn belächeln, weil wir uns andere Sinnstrukturen um uns herum errichtet haben. Und es letztlich nicht verstehen.

Aber Bezos Vision hat ein Imperium geschaffen, das die Welt des Handels für immer verändert hat und die Kartellbehörden noch Jahre beschäftigen wird. Und er und Steve Jobs haben der Welt ihren Stempel aufgedrückt.

Das Board von OpenAI ist unfähig, mit einem Visionär zusammenzuarbeiten

Mit der Entfernung von Sam Altman hat das Board von OpenAI unabhängig von den Beweggründen primär sein Unvermögen gezeigt, mit einem Visionär zusammenzuarbeiten.

Den Menschen zu entfernen, der, getrieben von seiner persönlichen Vision, den Aufstieg eines Unternehmens herbeigeführt hat, kann das Ende eines Unternehmens einläuten.

Deshalb:

Feuert nicht die Visionär:innen!

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