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Interview mit Saphiron Personalisierung: Zum richtigen Zeitpunkt das richtige Produkt

shutterstock.com/TWStock
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Eine Datenstrategie, die passenden Tools - dann klappt’s schon mit der individuellen Ansprache. Dass es in der Wirklichkeit nicht ganz so einfach ist und warum es häufig hakt, erklärt der Berater Roland Schäfer von Saphiron.

Personalisierung ist ein viel gepriesenes Mittel für die Kundenbindung. Roland Peter Schäfer, Mitgründer und Partner bei Saphiron Digital Strategy Consultants, ­berät Unternehmen dabei und weiß, wo die Fallstricke lauern. Im Interview mit uns erklärt er, warum der Online-Handel ein Vorreiter bei der Personalisierung ist.

Sehr viele Marketing-Technologie-Anbieter haben sich "Personalisierung" auf die Fahnen geschrieben. Oft ist aber gar nicht so klar, was mit diesem Begriff genau bezeichnet wird. Wie würden Sie Personalisierung im E-Commerce beschreiben?

Roland Schaefer Saphiron Digital Strategy Consultants

Roland Peter Schäfer: Personalisierung heißt, zum richtigen Zeitpunkt das richtige Produkt anbieten. Damit das gelingt, sind verschiedene Maßnahmen und Tools nötig. Händler können beispielsweise analysieren, in welchen Lebensphasen sich ihre Kunden gerade befinden und dementsprechende Angebote schneidern. Oder sie können versuchen, Kunden, die Warenkörbe stehen gelassen ­haben, zu reaktivieren. Das Hauptziel ist Kundenbindung.

Steht "Personalisierung" auf der Agenda von Unternehmen oder ist das eher Dienstleister-getrieben?
Schäfer: Im Branchenvergleich wird deutlich, dass Online-Händler die Speerspitze bilden, wenn es um Personalisierung geht. Das liegt zum einen am Wettbewerbsdruck, der im Handel herrscht. Wer sein Geschäftsmodell nicht digitalisiert hat, hat heute Nachteile gegenüber solchen Unternehmen, die systematisch digitale Tools nutzen. Sie haben zum Beispiel höhere Kundengewinnungs- und Kundenbindungskosten. Zum anderen haben E-Mail-Versender schon vor Jahren gemeinsam mit Online-Shops begonnen, Personalisierungsmaßnahmen durchzuführen. Vor allem die großen Händler haben das Geld und die Teams, solche Lösungen aufzusetzen.

Welche Tools sind für die Personalisierung nötig?
Schäfer: Eine Software für Customer ­Relationship Management, möglicher­weise auch ein Loyalty-Programm und in der Regel auch ein E-Mail-Versand-Tool. Denn die E-Mail ist oft noch die "letzte Meile zum Kunden". Inzwischen werden auch mobile Applikationen, Instant Messaging oder Browser Push Messaging für die Kundenbindung verwendet.

Und welche Voraussetzungen müssen ­erfüllt sein, damit Unternehmen ihre Kunden ­persönlicher und individuell ansprechen können?
Schäfer: Firmen brauchen neben der  technischen eine personelle Infrastruktur. Sie benötigen Kunden- und Verhaltensdaten, beispielsweise aus dem CRM-System. Und man braucht eine Strategie: Welche Daten sammle ich wozu? Ist das Einverständnis vorhanden?

Was Personalisierung so schwierig macht

Was sind denn generell die Herausforderungen bei der Personalisierung?
Schäfer: Unternehmen müssen einen Spagat machen zwischen ihren geschäftlichen Interessen, den Möglichkeiten der Technik und den juristischen Rahmenbedingungen in Bezug auf den Datenschutz. Welche Daten dürfen dafür eingesetzt werden? Liegt das Einverständnis des Nutzers vor? Die Datenschutzvorgaben nehmen viele Unternehmen als Einschränkung wahr. Die Kommunikation darüber, welche Daten wozu verwendet werden, kann aber auch eine Chance sein, wenn Unternehmen ihre Kunden aktiv darüber informieren, warum sie die Daten nutzen. Loyalty-Systeme schaffen das schon ganz gut. Sie greifen auf viele Daten zu und die Kunden akzeptieren das.

Anbieter von Marketing-Technologie versprechen, dass Kunden mit ihren Tools auf sie zugeschnittene Angebote erhalten. In der Realität sieht man davon jedoch noch ­wenig. Es gibt eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Tools können, und dem, was wir als Konsumenten im Alltag erleben. Was ist denn so schwierig an der Personalisierung?

Schäfer: Retargeting ist häufig ein Beispiel dafür, dass Personalisierung schlecht funktioniert. Das liegt daran, dass die Systeme untereinander nicht kommunizieren. Unternehmen nutzen viel zu selten ­eine intelligente, übergeordnete Instanz, die die Kontaktpunkte eines Kunden mit dem Unternehmen sammelt. Das sollte ­eigentlich das CRM leisten, macht es aber häufig nicht. Es gibt keine einheitliche Sicht auf den Kunden über alle verwendeten Systeme hinweg.
In dieser Hinsicht tun sich große Unternehmen sogar schwerer als kleinere, weil sie viel mehr Tools für Ad-Tech und Marketing im Einsatz haben. Theoretisch können die Systeme miteinander sprechen, dafür gibt es Schnittstellen. Doch Tools werden abgelöst, neue Versionen eingeführt. Unternehmen kommen da nicht hinterher. Das Ziel sollte es sein, Systemlandschaften aufzubauen, die fähig sind, Daten synchron zu halten.

Roland Peter Schäfer wird bei der Data Driven Marketing Conference am 7.11.2018 in München einen Workshop anbieten. Das Thema: "Mit personalisierten E-Mails Kunden begeistern - Passende Lösungen und Implementierungsstufen"

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