
D2C-Fulfillment Wie D2C-Brands ihre Logistik auf über 10.000 Bestellungen skalieren
Erfolgreiche und schnell skalierende D2C-Brands erreichen immer wieder Wachstumsschwellen, die ein Optimieren bestehender Prozesse und Lösungen erfordern. Ab 10.000 Sendungen im Monat stehen Logistik und Operations vor neuen Herausforderungen.
Von Moritz Weisbrodt, Gründer und CEO von Alaiko
Die erste Wachstumsschwelle eines Online-Shops ist bei 1.000 Sendungen pro Monat überschritten: Wächst der Shop über dieses Sendungsvolumen hinaus, stößt er in der Regel an die Grenzen dessen, was er bis dato inhouse lösen konnte. In der Folge geht es zunächst um das erste Aufsetzen eines reibungslosen Fulfillments mit einem Partner. Zusätzlich wird der Vertrieb weiter angekurbelt und die Brand Experience immer weiter verbessert.
Die nächste Wachstumsphase: Skalierung auf 10.000 Bestellungen pro Monat
Die nächste Wachstumsschwelle erreicht der Online-Shop mit einer monatlichen Bestellrate von 10.000 Sendungen. Lag zu Beginn der Fokus auf dem Einführen eines reibungslosen Fulfillment-Setups, kommen mit der Skalierung auf 10.000 Sendungen pro Monat folgende Herausforderungen auf die Unternehmer zu.
1. Produktverfügbarkeit: Immer auf dem aktuellen Stand bleiben
Das Thema Produktverfügbarkeit wird mit einer steigenden Anzahl von Bestellungen zunehmend herausfordernder. Bei wenigen Bestellungen kann eine Bestandskontrolle zu bestimmten Intervallen ausreichen und manuell erfolgen. Im Anschluss wird die Nachbestellung von Produkten ebenfalls händisch angestoßen. Mehr Bestellungen erfordern jedoch ein besseres Monitoring und schnelleres Handeln. Das führt gerade bei manuellen Prozessen, wie beispielsweise beim Datenabgleich, zu einer hohen Belastung der internen Ressourcen.
Solchen Engpässen lässt sich vorbeugen, indem mit Echtzeitdaten und automatisierten Alerts gearbeitet wird. Wird ein bestimmtes Minimal-Level an vorhandenen Produkten erreicht, schlägt das System automatisch Alarm und eine Nachbestellung wird angestoßen. Eine Datenübertragung in Echtzeit ermöglicht ebenfalls mehr Proaktivität - verkauft sich ein Produkt "überraschend" gut, kann schnell eingegriffen werden.
Unternehmen sollten hier natürlich auch darauf achten, die verschiedenen Absatzkanäle möglichst gut zu verknüpfen: Steigen plötzlich die Marktplatz-Bestellungen, kann das dennoch abgefangen werden.
2. Schnelle Lieferung: Trotz wachsender Entfernungen immer rechtzeitig
Die schnelle Skalierung von Online-Shops in Bezug auf die Anzahl der Bestellungen geht auch mit neuen Absatzmärkten einher. Die Internationalisierung stellt wiederum die nächste Herausforderung dar: je größer die Entfernung, desto langsamer die Lieferung? Nicht, wenn auf optimierte Prozesse im Lager gesetzt wird. Der Schlüssel sind Echtzeit-Kommunikation und Eingriffsmöglichkeiten. Je langsamer die Kommunikation mit dem Lager, desto langsamer der Versand - und umgekehrt. Bestellungen müssen, sobald sie eingehen, ins Lager gepusht werden und möglichst schnell auf der Pickliste landen.
Das Thema Cross Border Shipping ist für skalierende Shops Herausforderung und Chance zugleich: Denn wer hier mit dem Plus an Service und schnellen Lieferzeiten aufwarten kann, wird sich von den Konsumenten die ein oder andere Empfehlung abholen können.
3. Logistische Kapazität: Steigendes Volumen ohne steigende Probleme
Stark skalierende E-Commerce Shops stellen ihre Partner im Bereich Fulfillment oft vor Herausforderungen. Denn wächst die Anzahl der Bestellungen stark an und der Dienstleister ist nicht darauf ausgerichtet, kommt es zum Stillstand. Sind die Prozesse sehr manuell und die Ressourcen im Lager begrenzt, kann das schnelle Wachstum nicht mehr abgefangen werden. Zusätzlich steigt die Fehleranfälligkeit, wenn viele Bestellungen auf einmal auf wenig automatisierte Schritte treffen.
Im Lager muss also eine flexible Skalierbarkeit gegeben sein, die auch Bestellspitzen - zum Beispiel bei Aktionen - möglichst einfach abfangen kann. Unternehmen mit starkem Wachstum sollten deshalb auf einen Partner setzen, der flexibel "Luft nach oben" bietet. Seien es schnell hinzu ziehbare Ressourcen an Lagerpersonal und auch automatisierte Prozesse. Je weniger Gedanken sich die Lagermitarbeiter über die einzelnen Schritte machen müssen, desto besser. Genauso verhält es sich mit der Echtzeit-Übertragung von Daten. Müssen erst mühsam CSV-Dateien abgeglichen werden, brauchen Bestellungen zu lange. Über eine Schnittstelle können die Bestelldaten wiederum in Sekundenschnelle übertragen und bei Bedarf direkt bearbeitet werden.
4. Kundenservice: Entlastung statt Headcount-Steigerung
Mehr Bestellungen bedeuten in der Regel auch mehr Anfragen an den Kundenservice. Die Kunden haben sich bei der Adresseingabe vertan, fragen sich, wo ihr Paket bleibt, haben aus Versehen doch das falsche Produkt bestellt oder möchten eine Bestellung retournieren. Alle diese Wünsche landen beim Kundenservice und warten darauf, bearbeitet zu werden. Die vermeintliche Lösung: Mehr Anfragen - mehr Mitarbeiter. Das funktioniert langfristig nicht.
Stattdessen sind Proaktivität und eine eigenständige Bestellabwicklung der Schlüssel für eine höhere Kundenzufriedenheit. Kunden sollten Versandadressen ganz einfach selbst anpassen können - entweder, wenn sie dies nach Bestellabschluss selbst bemerken oder nach automatisierter Aufforderung durch den Shop: Erkennt das System eine fehlende Hausnummer oder eine falsche Postleitzahl, erhalten die Kunden automatisch eine Benachrichtigung. In der Folge wird ein E-Mail Pingpong mit dem Kundenservice vermieden.
Shops sollten ihre Kunden zudem stets über den Bestellstatus auf dem Laufenden halten. Versandkommunikation per E-Mail ist ein perfekter Marketingkanal mit sehr hohen
Öffnungsraten - den gilt es zu nutzen. Auch Frustration im Retourenprozess gehört mit Self-Service der Vergangenheit an: Kunden melden ihre Retouren ganz bequem selbst an, alle Informationen werden automatisch gespeichert und können im Lager abgerufen werden, ohne zuerst nach den Zetteln mit Retourengründen suchen zu müssen.
5. Multichannel: Viele Verkaufskanäle - wenig Reibung
Wachstum im E-Commerce geht auch mit einer gewissen Diversifizierung der Verkaufskanäle einher. Bestellungen auf verschiedenen Marktplätzen müssen dann ebenfalls berücksichtigt werden. Genauso können sich auch die Werbekanäle diversifizieren - hier gilt es eine einheitliche Strategie zu fahren, um die Touchpoints genau auf die Bedürfnisse der Kundinnen zuzuschneiden. Ein reibungsloser Datenaustausch zwischen den verschiedenen Kanälen ist im Multichannel besonders wichtig. Schnellen die Verkäufe auf einem Marktplatz plötzlich in die Höhe, muss dennoch genug Ware vorhanden sein, um die Käufer auf einem anderen Kanal, beispielsweise dem eigenen Online-Shop, nicht durch Überverkäufe zu verärgern. Die Definition eines Safety Stocks und proaktiver Alerts bei Erreichen des Meldebestands werden also für skalierende Shops immer wichtiger.
6. Kundenbeziehung: Eine persönliche Beziehung fördern
Je höher das Bestellvolumen wird, desto höher die Gefahr einer unpersönlichen Kundenbeziehung. Konnte man bei wenigen Bestellungen noch handgeschriebene Grußkarten ins Paket legen, ist das bald nicht mehr möglich. Aber die Kund:innen möchten auch von größeren Shops persönlich umsorgt werden. Gerade von D2C-Brands wird das erwartet. Denn sie sind viel näher an ihren Kunden, haben meist eine sehr aktive und vor allem treue Community.
In die Beziehungspflege wird allerdings oft nur vor dem Kauf investiert - die Website wird optimiert, das E-Mail Marketing personalisiert und mit Influencern gearbeitet, um neue Zielgruppen zu erschließen. Das Kundenerlebnis nach dem Kauf ist aber mindestens genauso wichtig. Kommt die Ware im etwas lieblosen braunen Karton daher, auf den Versand wird per nicht zuordenbarer DHL-Meldung aufmerksam gemacht (wenn überhaupt) oder geschieht eine Kommunikation zur Bestellung nur auf Nachfrage der Kunden, ist die Enttäuschung schnell groß.
Mit gebrandetem Verpackungsmaterial sowie zielgruppenrelevanten und vielleicht sogar personalisierten Paketbeilegern, wird die Customer Experience bis nach Hause verlängert. Proaktive Kommunikation über die einzelnen Schritte der Bestellung stärken zudem die Kundenbindung.
Der Schlüssel zum Wachstum: Automatisierung und Transparenz
Die größten Stolpersteine für schnelles Wachstum sind langsame und intransparente Prozesse. Denn gerade für schnell wachsende E-Commerce Shops ist es wichtig, bestimmte Prozesse nicht nur auszulagern, sondern auch zu automatisieren. So gewinnen Unternehmer:innen und das gesamte Team viel Zeit zurück, die sie wiederum in ihr weiteres Wachstum und ihre Expertise, nämlich ihr Produkt und die Bindung zu ihren Kunden, investieren können.