
Gastkommentar D2C: Welche Konsequenzen der Trend für die Marketing-Kommunikation hat
Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media (UIM)
Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media (UIM)
Im E-Commerce wird ein Business immer stärker: Direct to Consumer (D2C). Die Hersteller setzen zunehmend auf eigene digitale Kanäle. Aber welche Konsequenzen hat dies für die Marketing-Kommunikation? Wird es disruptive Veränderungen geben?
Von Rasmus Giese, Geschäftsführer von United Internet Media
Vor knapp fünf Jahren überraschte die Strategieberatung Oliver Wyman den Handel mit einer kaum zu glaubenden Prognose: Sogenannte Microbrands würden sich in innovationsschwachen Industriezweigen breit machen und dort mit einem schmalen Produktportfolio etablierten Konsumgüterkonzernen das Leben erschweren. Und das abseits der üblichen Handelsstrukturen, im direkten Kontakt mit den Endverbrauchern. In manchen Segmenten, so die Vorhersage, würden diese neuen D2C-Brands bis zum Jahr 2025 einen Marktanteil von 25 Prozent erreichen.
Das Jahr 2025 ist noch etwas entfernt, doch die Prognose könnte tatsächlich eintreffen. In den USA, wo sich Consumer-Trends immer etwas früher abzeichnen, werden bereits 14 Prozent des E-Commerce-Umsatzes von D2C-Marken erzielt. In Deutschland sind es zwar erst drei Prozent des Umsatzes durch Herstellerversender (HEV), doch die Wachstumsraten des Marktes sind beachtlich.
Massive Veränderungen im digitalen Handel
Nach dem Ende vieler Corona-Beschränkungen gingen die Umsätze zuletzt im E-Commerce und beim D2C-Handel zurück. Der Herstellerversand hat aber das Potenzial, auch in den nächsten Jahren für steigende Umsätze im digitalen Handel zu sorgen. Generell sind die Voraussetzungen günstig: Die Internet-Nutzung legt weiter zu, und die Digitalisierung des Alltags hat sich während der Corona-Pandemie sogar nochmals beschleunigt.
Der Vertrieb der Hersteller über eigene digitale Kanäle liegt deshalb nahe. Das Ziel: Durch den Direktverkauf rücken Hersteller näher an die Konsumentinnen und Konsumenten und stärken die Kundenbeziehungen. Obendrein winken wertvolle Daten. Dass D2C im Markt angekommen ist, zeigt eine aktuelle Studie der Agentur diconium in Zusammenarbeit mit Statista: 90 Prozent der Befragten haben bereits direkt beim Hersteller gekauft.
Eigene Shops
Fabrikverkauf online: Viele Brands wie Hugo Boss betreiben seit Jahren eigene Shops. Auch Autobauer wie Mercedes-Benz verkaufen ihre Fahrzeuge übers Internet. In der Vergangenheit wurden die eigenen Shops aber vielfach nebenbei beziehungsweise auf sparsamer Flamme betrieben, um dem etablierten Handel nicht in die Parade zu fahren.
Das hat sich geändert, mittlerweile werden die eigenen Vertriebswege deutlich mehr gepusht - eine Entwicklung, die etablierte Strukturen infrage stellt. Um schneller in den vielversprechenden D2C-Markt einzusteigen, gibt es eine weitere Strategie: Konzerne kaufen einfach D2C-Brands - prominentes Beispiel ist die Übernahme des Gewürz-Start-ups Ankerkraut durch Nestlé.
Konsequenzen für die Marketing-Kommunikation
Aber welche Konsequenzen hat dies für die Marketing-Kommunikation? Läuft auch die Werbung für D2C-Brands abseits der klassischen Kanäle? Werden sich auch hier disruptive Veränderungen bemerkbar machen?
Die Antwort ist in vielen Fällen ja. Reichweitenstarke Medien mit einem One-to-Many-Ansatz werden in der Kommunikation für die Produkte, die sich an eine spitze Zielgruppe richten, kaum eine Rolle spielen. TV, Außenwerbung, Radio- oder Kinospots sind für kleinere Start-ups eher unerschwinglich. Viel läuft deshalb über das Internet ab, wo potenzielle Konsumentinnen und Konsumenten zielgerichtet und effizient angesprochen werden können. Gerade für den digitalen Vertrieb lohnen sich die Online-Kanäle, denn die Interessierten erreichen ohne Medienbruch den Hersteller-Shop. D2C-Strategien werden den Trend zum Shift der Werbebudgets Richtung Internet also weiter verstärken.
Kaufangebote in den Newslettern oder im Posteingang
Da D2C-Marken ihr gesamtes Customer-Relationship-Management selbst übernehmen, spielt die E-Mail als Kommunikationsinstrument eine tragende Rolle. 99 Prozent aller Unternehmen setzen E-Mail-Marketing zur aktiven Kundenkommunikation ein, so die aktuelle Studie "E-Mail-Marketing Benchmarks" des Deutschen Dialogmarketing Verbands (DDV) und des Beratungsunternehmens absolit.
Gerade für die direkte Kundenbeziehung ist die E-Mail der natürliche Partner des D2C. Die elektronische Post ist etabliert, sicher und wirkungsvoll, wie immer wieder Umfragen, Studien und Cases unterstreichen. Erst kürzlich belegte eine repräsentative Studie der Convios Consulting, dass die Bundesbürger in der B2C-Kommunikation am liebsten über E-Mail kommunizieren (71,6 Prozent). Zum Vergleich: Soziale Netzwerke präferieren 7,7 Prozent, eine Ansprache über Messenger 9,4.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Die E-Mail wird selbst zu einem wichtigen Instrument im D2C-Vertrieb werden. E-Mail-Anbieter ermöglichen es Unternehmen, Angebote in den Newslettern oder über Anzeigen im Postfach zu platzieren. Die E-Mail wird damit zu einem Pfeiler im boomenden D2C-Business. Diese Entwicklung entspricht auch der Erwartungshaltung der Kunden, wie es beispielsweise aus der aktuellen Ausgabe der Studie Digital Dialog Insights hervorgeht. 64 Prozent der befragten Expertinnen und Experten erwarten, dass die E-Commerce-Transaktionen außerhalb des eigenen Online-Shops zunehmen und die E-Mail dabei eine wesentliche Rolle spielen wird. Da die E-Mail inzwischen über zahlreiche interaktive und dynamische Möglichkeiten der Präsentation von Angeboten verfügt, wird sie ihren Stellenwert weiter unterstreichen.
Fazit: E-Mail wird zentrales Element im D2C-Geschäft
Noch bewegt sich das D2C-Geschäft in Deutschland auf relativ niedrigem Niveau. Doch die starken Wachstumsraten und die Entwicklungen in anderen Ländern wie den USA zeigen, dass sich im E-Commerce-Geschäft ein Wandel vollzieht. Das wird reichweitenstarke Internet-Angebote in ihrer Rolle als Transaktionsplattformen stärken. Gerade die E-Mail wird sich im boomenden D2C-Business als unverzichtbar und wirkungsvoll erweisen, denn als individueller Kommunikationskanal ist sie der natürliche Partner des direkten Abverkaufs.