Das sind die wichtigsten Trends im E-Commerce für 2023

Shopify
Was sind die E-Commerce-Trends 2023, worauf müssen sich Händlerinnen und Händler einstellen? Wir haben einige Experten und Expertinnen nach ihren Trends und Prognosen für den Online-Handel im kommenden Jahr befragt.
Birk Angermann, Head of Global Solutions Engineering, Shopify:
"C2C, also Connect to Consumer, ist die Weiterentwicklung des mittlerweile weit verbreiteten Direct-to-Consumer-Handels (D2C), der aktuell allerdings damit zu kämpfen hat, Konsumenten zu erreichen und sie zu Kunden zu konvertieren. Geänderte Gesetzgebungen und höhere Kosten in der Kundenakquise machen es für D2C-Marken schwieriger, ihre Kundschaft abzuholen und langfristig zu binden. Deshalb werden perspektivisch immer mehr Marken auf C2C setzen, um ihre Kunden überall dort zu erreichen, wo sie sich gerade aufhalten, ob auf Social Media oder im Store. So schaffen sie ein ganzheitliches Markenerlebnis, das Kunden nicht nur zu Käufern, sondern zu echten Fans der Marke macht. Der C2C-Handel lebt davon, dass in jeder Phase der Customer Journey die Verbindung zwischen Marke und Kundschaft gestärkt wird, und zwar genau dort, wo es für die Kundschaft am angenehmsten und einfachsten ist."

Faire.com
Frederik Reim, Country Lead Germany, Faire:
"Im Einzelhandel beobachten wir einen Trend zu hyperlokalen Produkten, der im kommenden Jahr weiter an Bedeutung gewinnen wird. Regionale und lokale Produkte erfreuen sich bei Konsumenten immer größerer Beliebtheit. Das ist zum einen auf ein höheres Bewusstsein für Nachhaltigkeit und kürzere Lieferwege, andererseits aber auch auf den Riesentrend des Individualismus zurückzuführen. Regionale und lokale Artikel mit einem besonderen Bezug zu ihrem Herkunftsort bedienen genau diesen Trend. Kunden können sich in ihnen wiederfinden. Diese Entwicklung bekommt der Einzelhandel zu spüren und gibt die Nachfrage an den Großhandel weiter. In einer aktuellen Befragung der Händler, die bei uns ihre Ware beziehen, gaben über 67 Prozent an, auf Marken aus ihrer Stadt oder Region zu setzen. Wenn keine passenden Artikel aus der unmittelbaren Umgebung zu finden sind, sind deutsche und europäische Marken die nächstbeste Alternative für die Händler."

Balderton
Shikha Ahluwalia, Associate bei Balderton:
"Was wir in den letzten zweieinhalb Jahren gesehen haben, ist das Erwachen deutscher Konsumenten - noch zu Beginn von 2020 war den meisten Verbrauchern beispielsweise der digitale Wocheneinkauf vollkommen fremd. Diese Erfahrungen werden die Zukunft des Handels und im Speziellen des E-Commerce-Sektors langfristig prägen. Deshalb prognostiziere ich ein starkes Wachstum, beispielsweise von Trends wie Liveshopping, die ich als Deutsch-Indische Gründerin in Asien bereits seit Jahren sehe. Ja, es gibt kurzfristig Korrekturen im Quick Commerce-Bereich in Europa, aber die Ausbreitung digitaler Einkaufserlebnisse wird das nicht stoppen. Digitaler und stationärer Handel werden sich auch in Deutschland aller Voraussicht nach weiter annähern."

GP Bullhound
Julian Riedlbauer, Partner und Leiter des DACH-Geschäfts von GP Bullhound:
"Unsere Analysten sehen für 2023 und darüber hinaus Personalisierung als zunehmend wichtiges Unterscheidungsmerkmal für E-Commerce-Anbieter. 75 Prozent der Verbraucher haben während der Pandemie neue Einkaufserlebnisse, wie Lebensmittellieferungen oder Liveshopping, ausprobiert. Zudem sind 80 Prozent der Verbraucher eher bereit, einen Kauf zu tätigen, wenn das Unternehmen ein personalisiertes Einkaufserlebnis bietet. E-Commerce-Anbieter sollten deshalb Ihren Fokus deutlich mehr auf das personalisierte Kundenerlebnis über beispielsweise personalisierte E-Mails, gezielt ausgespielte Push-Benachrichtigungen oder Produktempfehlungen auf Basis des bisherigen Kaufverhaltens setzen."

Bettermile
Simon Seeger, Gründer und Geschäftsführer von Bettermile:
"Das Einkaufserlebnis endet für Endkunden längst nicht mehr beim digitalen Check-out, sondern erst bei der Zustellung. Für 2023 identifizieren wir, dass die Ansprüche der Kunden auch hinsichtlich der Paketlogistik steigen. Sie erwarten nicht mehr nur, dass ihre Waren kostengünstig ankommen, sondern wollen genau wissen, wann sie zugestellt werden. Über 52 Prozent der von uns befragten 1.200 Empfänger gaben an, dass sie bei der Auswahl der Versandart darauf achten, dass eine Echzeitverfolgung verfügbar ist. Knapp ein Drittel (29,72 Prozent) ziehen diese Option zumindest in Betracht. Dieses Stimmungsbild deckt sich mit den Zugriffszahlen auf unser Real Time Tracking Interface: Pro Empfänger messen wir aktuell im Durchschnitt 13 Visits am Tag, bei einigen wird die Zulieferung so sehnlich erwartet, dass sie bis zu 35-mal im Laufe der Zustellung klicken. Die Zustellung ist heute einfach ein integraler Bestandteil der Customer Experience."

heycar
Stefan Page, Chief Commercial Officer bei heycar:
"Das E-Commerce-Geschäft beim Gebrauchtwagenkauf wächst zusehends. Wir haben im November 2022 gemeinsam mit YouGov eine Umfrage zum Online-Kaufverhalten im Bereich Autos durchgeführt und herausgefunden: Für 43 Prozent der Befragten ist das bereits eine Option. Und dies nicht erst in ferner Zukunft: Mehr als jeder Dritte (37 Prozent) kann sich vorstellen, bereits in den nächsten zwei Jahren ein Auto vollständig online zu kaufen. Von diesen 37 Prozent kommt sogar für 13 Prozent innerhalb der nächsten 12 Monate der Onlinekauf eines Autos infrage. Fast jeder Fünfte (19 Prozent) kann sich vorstellen, innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre ein Auto vollständig online zu kaufen."

Madvertise Media
Francois Roloff, CEO bei Madvertise Media:
"Shoppable Ads und Shoppable Video Ads stecken seit einiger Zeit in der Entwicklung, beziehungsweise den Portfolios kreativer Marketer. Doch obwohl in ihnen ungeahnte Möglichkeiten schlummern, hält sich die Nachfrage nach wie vor in Grenzen. Dank sich stetig verbessernder Technologien im Mobilfunk (#5G) und der alle paar Monate technisch optimierten Smartphones erwarten wir hier eine Trendwende. Zum einen dürfte dies in einer immer stärker werdenden Einbindung von Video Content in Apps begründet sein, zum anderen unterstützen soziale Netzwerke wie Instagram und zuletzt auch TikTok diese Entwicklung. Gesehene Produkte können spontan direkt aus dem Ad heraus gekauft werden. Die vereinfachten Zahlungsprozesse via Apple Pay oder Google Pay verkürzen den Check-out-Vorgang beträchtlich und die Eingabe von Konto- oder Kartendaten als künstliche Hürde ist obsolet geworden. Zudem wird immer mehr Skepsis gegenüber den Technologien und ihrer Sicherheitsstandards abgebaut. Jüngere Generationen, die für E-Commerce und Mobile Commerce offen sind, gewinnen zunehmend finanzielle Unabhängigkeit, die diesen Trend zusätzlich befördern dürften."

Traffective/FLAP.ONE
Robert Herrmann, Chief Revenue Officer (CRO) bei Traffective/FLAP.ONE:
"Die Inflation und mögliche Rezession wird den E-Commerce im nächsten Jahr sicher verändern. Die großen Player und Plattformen werden aber weiter wachsen, da sie zum einen das datengetriebene Marketing absolut perfektioniert haben und zum anderen mithilfe der Retail-Media-Lösungen ein finanziertes Upselling auf der eigenen Plattform sowie den Einkauf von additiver Reichweite außerhalb der Plattform umsetzen können. On top spielt das immense Handelsvolumen, welches einen großen Einfluss auf den Endpreis der angebotenen Ware hat, eine große Rolle. Konsumenten werden aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verstärkt auf den Preis schauen müssen, weiche Kaufargumente bleiben wohl chancenlos."

AppsFlyer
Menso de Buhr, Partner Development Manager bei AppsFlyer:
"Vom Post-Covid-Boom bis zu Apples Änderungen im Bereich des Datenschutzes - das zyklische Auf und Ab des Marktes begleitet uns seit jeher. Doch dieses Mal liegen die Dinge anders: Ökonomen sagen einen anhaltenden wirtschaftlichen Abschwung voraus, der den bis dato schnell wachsenden E-Commerce-Bereich längst erfasst hat. Unternehmen sollten nicht vorschnell Kosten reduzieren und Budgets kürzen, sondern aus der Vergangenheit lernen und auf langfristige Ergebnisse setzen.
So konnten in der Rezession 2008 Marken, die ihre Werbung verdoppelt haben, eine 3,5-fache Steigerung ihrer Bekanntheit verzeichnen. Um die Budgets smart einzusetzen, sehen wir derzeit einen starken Trend zu Re-Engagement und Owned-Media-Kanälen. Remarketing ist eine kosteneffiziente Methode, um die treuesten Nutzer an sich zu binden. Tatsächlich kostet es fünf- bis zehnmal mehr, einen neuen Nutzer oder Nutzerin erstmals zu akquirieren, als diese zu reaktivieren. Owned Media Conversions haben sich bei iOS und Android Apps laut unseren Analysen im vergangenen Jahr sogar verdreifacht, und wir glauben, dass sich dieser Trend 2023 fortsetzen wird. Das zeigt auch, dass Marketer inzwischen umdenken, um mehr aus den knapperen Budgets herauszuholen."

iCompetence
Matthias Postel, CEO der iCompetence GmbH:
"Der E-Commerce wird 2023 für seine Datengrundlage auf Server-Side-Tracking angewiesen sein. Mit dem faktischen Wegfall der Third-Party-Cookies hängen vom Server-Side-Tracking all jene Faktoren ab, die die Customer Journey vor dem Login erfolgreich machen: Von der Digitalisierung bis zur Personalisierung und der kanalübergreifenden Kundenansprache kommt heute nichts mehr ohne Daten aus. Server-Side eröffnet auch in der Cookieless Era die Möglichkeit, anonymisiert und datenschutzkonform Nutzerdaten zu sammeln und im
Zusammenklang mit dem Kontext zu relativ genauer Personalisierung zu gelangen."

Quinyx
Maximilian Thost, Country Manager DACH bei Quinyx:
"Mit steigendem Bestellaufkommen und höheren Kundenanforderungen steigt auch der Druck in der Logistik 4.0 und erfordert mehr denn je ein effektives Zusammenspiel von Mensch und Technik. Logistikunternehmen werden folglich nicht darum herumkommen, auf ein intelligentes Workforce Management umzustellen. Zum einen, weil dieses mehr Flexibilität und Reaktionsfähigkeit ermöglicht - zum anderen aber auch, weil eine datengetriebene und bedarfsorientierte Personaleinsatzplanung Über- und Unterbesetzung vermeiden kann. Dies spart nicht nur Kosten, sondern führt auch zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit."