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China

Chinesische Internetgiganten Tencent profitiert von der Corona-Krise - Alibaba auf Rekordhoch

shutterstock.com/HAMIDAH_SAMUTHARANGKOON
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Rückenwind für die chinesischen Online-Giganten: Tencents Erlöse sind im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent gestiegen - die Papiere des Handelsriesen Alibaba werden an der US-Börse auf Rekordhoch erwartet.

Der chinesische Digitalkonzern Tencent hat im zweiten Quartal unerwartet stark von der gestiegenen Internetnutzung im Zuge der Corona-Pandemie profitiert. Die Erlöse seien im Vergleich zum Vorjahr um 29 Prozent auf 114,9 Milliarden Yuan (14,4 Milliarden Euro) gestiegen, teilte der Betreiber des in China dominierenden Messengerdienstes WeChat in Hongkong mit. Tencent ist in den USA von Sanktionen bedroht.

Auch unter dem Strich blieb mit 33,1 Milliarden Yuan deutlich mehr übrig, als Analysten erwartet hatten. Das Unternehmen profitierte hierbei unter anderem vom Verkauf von Anteilen sowie Bewertungssteigerungen seiner Anlagen im Umfang von insgesamt 8,6 Milliarden Yuan.

Gaming-Geschäft boomt

Besonders im internationalen Gaming-Geschäft habe Tencent sowohl im Jahres- als auch im Quartalsvergleich weiter zugelegt, hieß es in der Mitteilung. Sowohl der Lockdown wegen der Corona-Krise als auch Neuveröffentlichungen von Spielen leisteten laut Konzernchef Ma Huateng ihren Beitrag. In China sank die Spielenutzung auf Smartphones hingegen im Vergleich zum Vorquartal. Hierfür sei sowohl die Jahreszeit als auch die Rückkehr in die Büros verantwortlich.

Marktbeobachter zeigten sich erfreut. 2020 werde ein großes Jahr für Tencent Games, hieß es von Leo Liu, Analyst bei China Merchants Securities. Jedoch gebe es Bedenken wegen Verzögerungen bei einem Kassenschlager der Chinesen.

Der Aktienkurs der niederländischen Beteiligungsfirma Prosus, der rund 31 Prozent der Tencent-Aktien gehören, stieg zuletzt um zwei Prozent auf 82,62 Euro. Prosus gehört wiederum zum südafrikanischen Medienkonzern Naspers der hier seine Internet-Beteiligungen gebündelt hat.

Zum kürzlich vom US-Präsidenten Donald Trump per Dekret erlassenen Verbot des Chat-Dienstes WeChat äußerte sich Tencent nicht. Die App hat laut der Analyse-Firma Apptopia rund 19 Millionen täglich aktive Nutzer in den USA. Vor allem in China ist der WhatsApp-Rivale das meistgenutzte Messaging-System.

Alibaba: Weiter Rückenwind

Ebenfalls gut läuft es auch bei Alibaba: Die Papiere des chinesischen Online-Handelsriesen werden an der US-Börse NYSE am Montag zum Handelsstart auf Rekordhoch erwartet. Nach den am vergangenen Donnerstag vorgelegten starken Zahlen zum ersten Geschäftsquartal 2020/21 sorgen positive Analystenurteile für weiteren Rückenwind.

Im vorbörslichen US-Handel legten die Alibaba-Titel zuletzt um 3,1 Prozent auf 274,10 US-Dollar zu und kämen damit auf einen Börsenwert von 735 Milliarden US-Dollar. US-Gigant Amazon ist mit einer Marktkapitalsierung von 1,65 Billionen US-Dollar allerdings immer noch mehr als doppelt so viel wert.

Am Freitag im Börsenhandel an der New York Stock Exchange (NYSE) hatten die Alibaba-Papiere bereits um rund 3 Prozent auf 265,80 US-Dollar zugelegt. Ihr aktuelles Rekordhoch liegt bei 268,00 US-Dollar und wurde am 9. Juli erreicht. Seit dem Jahrestief im Corona-Börsencrash im März ist der Anteilsschein bereits um mehr als die Hälfte gestiegen; seit Jahresbeginn beläuft sich das Kursplus mittlerweile auf 25 Prozent.

Und auch Anleger der ersten Stunde haben Freude an den Papieren: Seit dem Börsengang vor fast genau sechs Jahren - dem damals weltgrößten überhaupt - sind die Papiere inzwischen um rund 300 Prozent gestiegen.

Tendenz in Richtung Online-Handel in China

Barclays-Analyst Gregory Zhao hob in seiner aktuellen Studie zum Online-Handel in China an diesem Montag nicht nur die soliden Quartalszahlen von Alibaba hervor, die insbesondere mit Blick auf das beim Branchenkollegen Pinduoduo (PDD) gesunkene Bruttowarenvolumen ein Kontrast gewesen seien.

Er verwies auch auf die allgemeine Tendenz in Richtung Online-Handel in China. Die Pandemie habe die Denk- und Verhaltensweise der Konsumenten fundamental verändert, schrieb er. Zugleich habe sich aber auch die logistische Infrastruktur dank der Investitionen von E-Commerce-Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren deutlich verbessert. Auch dies zählt zu den Gründen, warum der Experte sein Kursziel für Alibaba nun von 300 auf 320 US-Dollar anhob und seine Empfehlung "Overweight" bekräftigte.

Deutsche-Bank-Analyst Leo Chiang hatte sich bereits am Freitag positiv zu den wichtigsten Eckzahlen von Alibaba geäußert und von einem "starken Start" in das neue Geschäftsjahr gesprochen. Sein Kursziel hatte er zudem von 262 auf 300 US-Dollar angehoben und sein Anlageurteil mit "Buy" bekräftigt.

Mit ihren lobenden Kommentaren zu Alibaba stehen die beiden Experten nicht allein da - ganz im Gegenteil: Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg empfehlen von den von ihr erfassten 66 Analysten insgesamt 65 die Papiere zum Kauf. Nicht einer hat ein Verkaufsvotum und nur einer rät zum Halten.

Das dürfte auch aus anderen Gründen als dem Quartalsbericht nicht wundern. "Das Kerngeschäft profitiert vom starken Trend zu E-Commerce in China und der Börsengang von Alipay sowie der Investorentag wecken weitere Bewertungsphantasie", bringt es Manuel Mühl, Analyst bei der DZ Bank auf den Punkt. Der schon lange erwartete Schritt aufs Parkett der Alibaba-Finanzsparte Ant Financial steht kurz bevor. Der Betreiber der weltgrößten Plattform für mobile und Online-Zahlungen Alipay soll in den kommenden Wochen an die Börse in Shanghai und Hongkong gebracht werden. Damit wird einer der größten Börsengänge aller Zeiten erwartet.

Einziger Wermutstropfen für Alibaba ist derzeit daher wohl der US-Präsident. Donald Trump, der zurzeit massiv gegen den chinesischen Kurzvideo-Dienst Tiktok vorgeht, lässt offenbar auch ein Verbot von Alibaba in den USA prüfen.

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