
Online-Butler Concierge-Dienste: Mit Service punkten
Concierge-Dienste haben das Zeug dazu, eine Bereicherung für den Handel zu werden - oder die Beziehung zwischen Anbieter und Kunden zu schwächen.
Ein Ticket nach Berlin buchen, eine Putzfrau besorgen oder einen Blumenstrauß an die Oma liefern: Seit wenigen Monaten übernehmen neue Concierge-Dienste solche Aufgaben. Sie sind via App, Whatsapp-Messenger oder Short Messaging Service (SMS), also per Smartphone und mobilem Gerät, erreichbar und versprechen die Erledigung lästiger Aufgaben in kurzer Zeit.
Im Praxistest läuft es bei Gobutler, Sixtyoneminutes oder Jamesbitte.de zwar noch nicht rund, aber: "Der Traum vom persönlichen Butler klingt verlockend", resümiert etwa Web-adressbuch.de. "In der Realität sieht das leider oft anders aus. Je nach Wunsch geht es manchmal schneller, wenn man die Aufgabe selbst erledigt." Inzwischen hat ein Dienst, Mywichtel, schon wieder aufgegeben.
Doch die Anbieter der neuen Concierge-Dienste könnten durchaus die Dienstleistungs- und Handelslandschaft verändern. Um an die Provisionen und Servicegebühren zu kommen, arbeitet auch Facebook an einem vergleichbaren Dienst und versuchen Apple, Google, Amazon und Microsoft derzeit, die Sprachdienste Siri, Now, Echo, Cortana für Alltagsaufträge und Concierge-Dienste auszubauen.
Concierge-Dienste bieten Verbrauchern viel Mehrwert. Andererseits schieben sie sich zwischen Anbieter und Kunden. So geht der direkte Kontakt verloren und wird die Geschäftsbeziehung geschwächt. Die Abhängigkeit von neuen Vermittlern wächst. "Wir ersparen Kunden Zeit und bringen Händlern und Dienstleistern Umsätze“, sagt Navid Hadzaad, Mitgründer von Gobutler. "Der Kunde sucht ein Produkt oder einen Service, von wem er sie bekommt, ist ihm letztlich doch egal."
Concierge-Dienste bauen darauf, dass immer mehr Dienstleistungen digital organisiert werden und damit zu automatisieren sind. "Wenn wir heute zehnmal mehr Aufträge erledigen als noch vor wenigen Wochen", erklärt Michael Gnamm, Gründer von Sixtyoneminutes, "dann brauchen wir dafür nicht immer gleich mehr Mitarbeiter."
Statt Menschen suchen Computersysteme nach Hotels, Mietwagen, Lieferdiensten, werten Kartendienste und Online-Bewertungen aus, spüren Essen, Blumen und andere Waren auf. Mit jeder Aufgabe verfeinert das System die Suche, verbessern sich die Routinen. Nach Auftragserteilung erhält der Kunde per SMS oder App das Ergebnis dieser Suchen und kann annehmen oder seinen Wunsch spezifizieren. "Wir können auf Dienstleister zurückgreifen, die nicht ausgelastet sind", erklärt Gnamm.
Concierge-Dienste gegen Gebühr oder Provision
Die Geschäftsmodelle der Concierge-Dienste unterscheiden sich: Sixtyoneminutes sowie US-Konkurrent Magic lassen sich für die Alltagshilfe bezahlen. Die Berliner verlangen 9,90 Euro im Monat, Magic schlägt bei jedem Auftrag eine Pauschale auf. Konkurrent Gobutler oder auch der neue Concierge-Dienst Operator setzen indes auf Provisionen. "Wir verfolgen ein Affiliate-Modell, verlangen Provisionen der Anbieter, deren Produkte und Leistungen wir vermitteln", erklärt Gobutler-Chef Hadzaad. "Der Nutzer bezahlt das, was er bezahlen würde, wenn er selbst bucht oder Waren bestellt."
Gobutler soll diverse digital organisierte Services wie Liefer-, Bring-, Buchungs- oder Haushaltsdienste vereinen: Auf kleinen Smartphones und den neuen Wearables ergibt diese Bündelung viel Sinn. "Nutzer suchen einen Ansprechpartner für alles und wollen nicht Dutzende Apps für einzelne Services", meint Hadzaad.
Mit Millionen von teils prominenten Investoren finanziert hat Gobutler jede bereits Menge Aufmerksamkeit gewonnen. Seit dem Start im März wurden nach eigenen Angaben rund 300.000 Aufträge erfüllt: Essen oder Waren geliefert, Tickets, Hotels oder Flüge gebucht, Reservierungen organisiert oder Informationen gesucht. Das Start-up beschäftigt heute 120 Mitarbeiter, hat eine Filiale in New York eröffnet und ist in 13 Ländern aktiv. Offensichtliches Ziel: die Marktführerschaft.
24 Stunden Verfügbarkeit
"Magic und Gobutler haben dazu beigetragen, dass sich Concierge-Dienste zum Hype entwickelten", stellt Michael Gnamm, Mitgründer von Sixtyoneminutes fest. "Wir möchten Unternehmen helfen, Kundenservices zu verbessern und Werte erlebbar zu machen." Sixtyoneminutes hat ebenfalls schon mehrere Tausend Aufträge erfüllt; die Zahl der Abonnenten ist nach der Teilnahme an der Vox-Sendung "Höhle der Löwen" nach oben geschnellt. Doch jetzt richtet sich Gnamm vorzugsweise an Geschäftskunden.
Die bekommen technischen Support sowie eine App oder die Integration der Sixtyoneminutes-Dienste in die eigene digitale Technik und bezahlen dafür pro Kunde ebenfalls 9,90 Euro im Monat. Mengenrabatte sind möglich. Erste Hotels und Immobiliengesellschaften hat Gnamm bereits überzeugt. Auch Technologie- und Telekommunikationsanbieter sowie Händler und die Initiatoren von Kundenbindungsprogrammen überlegen, ihren Kunden mit digitalen Services im Alltag zu helfen.
Ein Hersteller wird demnächst mithilfe des Concierge-Dienstes den Käufern seiner Reisetaschen Buchungsdienste abnehmen, aber auch in Notfällen beistehen und sich so im Wettbewerb profilieren.
Daniela Becker, Gründerin des echten Concierge-Dienstes Caretaker, entlastet sich und ihre Mitarbeiter mithilfe von Sixtyoneminutes.
"Die Kosten für einen Rund-um-Service sind hoch, er erfordert 24 Stunden Verfügbarkeit", sagt sie. Inzwischen erhalten ihre Mitarbeiter an den Rezeptionen von Hotels, in Bürokomplexen oder Wohnanlagen die Aufträge per App und entscheiden, welche sie selbst erledigen. Buchungen oder Reservierungen delegieren sie an die digitalen Kollegen.
"Ich kann meinen Geschäftskunden durch die Auslagerung bestimmter Leistungen an Sixtyoneminutes mehr Services anbieten", nennt Becker als Vorteile. "Concierge-Dienste sind ja nichts Neues, wurden zuletzt eher abgebaut, und jetzt kommen sie in neuer Form wieder."