
Marcel Hollerbach, Productsup "Social Shopping bietet neue Verkaufskanäle"
Marcel Hollerbach, CMO und Aufsichtsratsmitglied von Productsup
Marcel Hollerbach, CMO und Aufsichtsratsmitglied von Productsup
Viele soziale Plattformen haben in diesem Jahr Shopping-Funktionen gelauncht. Wir haben mit Marcel Hollerbach von Productsup über die Bedeutung und Herausforderungen von Social Commerce für Händler gesprochen.
In diesem Jahr haben auf einigen sozialen Kanälen Shopping-Funktionen Einzug gefunden. Pinterest hat beispielsweise Kataloge und Shopping Ads eingeführt und erst vor wenigen Wochen hat sich auch die App TikTok für den Social Commerce geöffnet.
Wir haben mit Marcel Hollerbach, CMO und Aufsichtsratsmitglied des Software-Anbieters Productsup, unter anderem über die Bedeutung von Social Commerce für Händler gesprochen.
Ist Social Commerce noch ein Trend oder in den meisten E-Commerce-Unternehmen ein fester Bestandteil?
Marcel Hollerbach: In diesem Jahr hat Social Commerce klar an Bedeutung gewonnen. Viele Social Media-Plattformen haben 2019 integrierte Shopping-Funktionen eingeführt: Instagram Shopping, Pinterest und auch Snapchat experimentieren mit der direkten Bestellfunktion. Doch das ist nur der Anfang, denn Social Shopping ist aus Kundensicht nicht nur praktisch, sondern verbindet auch den Austausch und persönliche Empfehlungen mit dem sonst eher einsamen Online Shopping. Für Marken bietet Social Shopping natürlich vor allem neue Verkaufskanäle, denn Kunden verbringen sehr viel Zeit auf den verschiedenen Plattformen. Ein tolles Beispiel ist Pinterest - die Inspirationsquelle schlechthin. Während Nutzer dort nach Inspiration suchen und ihnen dabei das passende Produkt angezeigt wird, ist die Wahrscheinlichkeit natürlich sehr hoch, dass dieses auch gekauft wird.
Wie viel Budget fließt tatsächlich in diese Kanäle?
Hollerbach: Das ist schwer zu beantworten, da Social Commerce mittlerweile bei den meisten Unternehmen ein Teil des Marketing-Mixes ausmacht. Wir glauben, dass die Zukunft des Einzelhandels direkt mit der Entwicklung von Social Commerce zusammenhängt und daher für Marken unumgänglich ist.
Wie wichtig ist es für Händler und Marken, auf sozialen Kanälen zu verkaufen?
Hollerbach: Social Commerce bietet sich natürlich vor allem für Lifestyle-Marken aus den Bereichen Fashion, Beauty, Möbel und Einrichtungsgegenstände sowie Luxusgüter an. Allerdings wird Social Shopping für immer mehr Branchen, Produkte, aber auch Dienstleistungen interessant. Denn über die sozialen Medien haben Unternehmen die Chance direkten Kontakt mit ihren Kunden aufzubauen und diese zu inspirieren. Gleichzeitig können Marken hier unglaublich viel über ihre Kunden und das Nutzerverhalten lernen und ihre Zielgruppe anschließend noch genauer ansprechen. Unternehmen müssen nun vor allem lernen, wie sie ihren Kunden ein nahtloses Shopping-Erlebnis bieten können. Idealerweise können Kunden beim Scrollen durch ihren Feed direkt in einem Schritt zum Bestellen übergehen. Auch wenn viele Nutzer bisher Instagram und Co vor allem zur Recherche und als Inspirationsquelle genutzt haben, um anschließend im Laden um die Ecke einzukaufen, wird die integrierte Shopping-Funktion immer wichtiger.
Welche Optionen gibt es für Händler auf den diversen sozialen Kanälen für den Vertrieb ihrer Produkte?
Hollerbach: Auf Instagram gibt es sowohl die Möglichkeit, Kunden durch Links auf externe Shops zu leiten als auch sogenannte Shoppable Posts. Produkte können in diesen Posts markiert werden und mit dem Produktkatalog verbunden werden. Auf diese Weise wird der gesamte Bestell- und Zahlungsprozess direkt in der App abgewickelt. Pinterest hat dieses Jahr Kataloge und Shopping Ads eingeführt. So können Händler ihren kompletten Produktkatalog einfach bei Pinterest hochladen und einzelne Produkte in sogenannte Produkt-Pins umwandeln. Klickt ein Nutzer darauf wird der ganze Bestellprozess in der Pinterest-App abgewickelt. TikTok hat im ersten Schritt eine Link-Funktion freigeschaltet. Unternehmen können diese Shopping-Links in Posts oder Profilen platzieren, um ihre Produkte direkt über TikTok zu bewerben.
Mit welchen Herausforderungen müssen Unternehmen beim Social Commerce rechnen?
Hollerbach: Die meisten Stolpersteine ergeben sich derzeit noch aus mangelnder Erfahrung, aber Online-Händler sollten hier Mut beweisen und sich ausprobieren. Die Shopping Tools sind auf jeder Plattform anders und entwickeln sich ständig weiter. Eine große Herausforderung für Händler ist sicherlich die Anpassung der Inhalte und Produktdaten auf die jeweilige Plattform. Bilder müssen korrekt konfiguriert werden und Produktinformationen klar und einheitlich sein. Wenn Unternehmen sich auf vielen Kanälen präsentieren wollen, ergibt es durchaus Sinn mit einem Feed-Management-Partner zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig wird es für Unternehmen immer wichtiger, die Zielgruppe genau zu kennen, um so die verschiedenen Kanäle gezielt einzusetzen. Marken müssen herausfinden, welche sozialen Medien für sie am sinnvollsten sind, um diese in eine breitere Marketingstrategie zu integrieren. so wird genau die richtige Zielgruppe am richtigen Ort angesprochen wird.
TikTok als neuer Player im Social Commerce
Erst kürzlich hat sich die App TikTok für den Social Commerce geöffnet. Was können Händler von TikTok erwarten?
Hollerbach: TikTok gibt es erst seit zwei Jahren, verzeichnet hierzulande aber bereits 5,5 Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer. Diese verbringen durchschnittlich etwa 50 Minuten am Tag auf der Plattform. Das ist eine ganze Menge. Vor allem bei der Gruppe der 13- bis 18-Jährigen ist TikTok eine der beliebtesten Apps.
Die Video-Plattform gehört zu Bytedance Technology, einem der wertvollsten Start-ups weltweit, so dass wir davon ausgehen können, dass TikTok ein ernstzunehmender Konkurrent auf dem Social-Commerce-Markt werden wird. Vor allem auf dem asiatischen Markt ist TikTok bereits sehr groß, wächst aber auch in Deutschland schneller als jede andere Social Media-Plattform.
Was kann TikTok Händlern als Absatzkanal bieten, was beispielsweise Instagram nicht kann?
Hollerbach: Bei TikTok geht es vor allem um Kreativität und Authentizität. Auf Instagram geht es fast nur noch um Perfektion: das perfekte Frühstück, das perfekte Make-up, den perfekten Urlaub oder einfach den #perfectday. Bei TikTok geht es oft spontaner und dadurch auch glaubwürdiger zu. Hier geht es nicht um das eine perfekte Bild, sondern vor allem um lustige, kurze und unterhaltsame Videos, die leicht zum viralen Hit werden können. Im Vergleich zu Instagram hat TikTok auch ein jüngeres Publikum. Allerdings werden die Nutzer mit der Plattform gemeinsam erwachsen, sodass auch hier bald eine starke Kaufkraft unterwegs ist.
Auf welchen Social-Media-Plattformen ist eine Präsenz derzeit ratsam?
Hollerbach: Unternehmen müssen natürlich schauen, welche Plattform am besten zu ihnen passt und wie sie sich dort präsentieren möchten. Zum Start empfehlen wir, dass Marken sich Instagram und Pinterest Shopping genauer anschauen. Beide Kanäle bieten spannende integrierte Shopping-Funktionen mit guten Conversions.
Möchte man vor allem eine junge Zielgruppe erreichen, sollten Marken auch einen Blick auf Snapchat werfen. Wir gehen davon aus, dass hier die direkten Shopping-Möglichkeiten schon sehr bald integriert werden.
Was bringt der Social Commerce 2020 für Händler?
Hollerbach: Social Commerce wird weiter an Bedeutung zunehmen. Wir gehen davon aus, dass alle Social Media-Kanäle ihre Shopping-Funktionen weiter ausbauen werden. Das bedeutet, dass es immer mehr Vertriebskanäle geben wird, die Händler in Betracht ziehen müssen. Gleichzeitig wird es dadurch natürlich auch anspruchsvoller, auf allen Kanälen ein angenehmes Kundenerlebnis zu garantieren. Der Nutzer muss sofort den vollen Überblick über das Produkt erhalten und die Möglichkeit haben, mit nur einem Klick die Ware kaufen zu können. Marketingexperten müssen auf jeden Fall auf der Hut sein, um den schnellen Entwicklungen zu folgen, Trends direkt aufzuspüren und die Sales-Chancen ergreifen, sobald sie sich neu auftun.
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