
Veröffentlichung von Artikeln in Online-Archiven Zustimmung des Autors erforderlich
Oft praktiziert, aber keinesfalls rechtens: Die von einem Journalisten verfassten Artikel zu tagesaktuellen Ereignissen dürfen ohne dessen ausdrückliche Zustimmung nicht zusätzlich in einem Online-Archiv veröffentlich werden. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg in einem aktuellen Urteil (Az. 6 U 78/11).
Ein freier Journalist hatte gegen eine Zeitung geklagt, für die er über mehrere Jahre immer wieder Artikel geschrieben hatte, ohne dass eine schriftliche Vereinbarung existierte. Artikel von ihm wurden sowohl in der Printausgabe wie auch der Onlineausgabe veröffentlich. Zudem stellte der Verlag seine Artikel in ein Online-Archiv ein. Dagegen ging der Journalist gerichtlich vor und verklagte den Verlag auf Unterlassung und Schadensersatz.
In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Landgericht Potsdam ging von einer konkludenten Zustimmung des Journalisten zur Veröffentlichung seiner Artikel auch in einem Online-Archiv aus. Vor dem OLG Brandenburg konnte sich der Journalist jedoch zumindest teilweise erfolgreich durchsetzen. Von einer stillschweigenden Einräumung der Nutzungsrechte für die Online-Archivierung könne nicht ausgegangen werden, so die Berufungsrichter.
Nach der Auslegungsregel des § 31 Abs. 5 UrhG, wonach der Urheber im Zweifel nur Rechte in dem Umfang einräumt, den der Vertragszweck unbedingt erfordert, ist also bei der Annahme einer konkludenten Nutzungsrechtseinräumung Vorsicht geboten. Eine derartige Einräumung von Nutzungsrechten, die über den Vertragszweck hinausgehen, kann nur angenommen werden, wenn die Zustimmung des Urhebers aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Parteien eindeutig zum Ausdruck kommt. Dies aber wurde vom OLG nicht festgestellt.
Online-Archiv ist eine andere Nutzungsart
Nach Ansicht der Richter, stellt es eine gesonderte Nutzungsart dar, wenn die für die tagesaktuelle Berichterstattung verfassten Artikel in ein Online-Archiv gespeichert werden, das vom Vertragszweck nicht gedeckt ist. Journalisten berichten üblicherweise in der Tageszeitung – ob in Papierform oder online – über tagesaktuelle Ereignisse. Ein Archiv verfolgt demgegenüber eine andere Funktion. Ein Online-Archiv ist eine Datenbank, die auch als Nachschlagewerk dienen kann. Dies ist etwas grundsätzlich anderes als die Veröffentlichung von aktuellen Berichten, die typischerweise selten über ein oder mehrere Tage hinaus aktuell von Nutzern einer Zeitung nachgefragt werden.
Ein Schadensersatz wurde dem klagenden Journalisten dennoch nicht zugesprochen. Nach Auffassung der Richter hatte es der Kläger versäumt, Tatsachen vorzutragen, die es dem Gericht ermöglichen, entweder einen aufgrund Beweiserhebung ermittelten Betrag oder aber einen geschätzten Betrag als Vergütung im Rahmen einer Lizenzanalogie als Schaden zu schätzen.
Unser Tipp: Verlage, die ein Online-Archiv unterhalten, sollten sich von eingesetzten Journalisten die Nutzungsrechte auch für die Zugänglichmachung ihrer Artikel in einem Online-Archiv einräumen lassen.
Ihre
Julia Blind
KLEINER Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft
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