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Schadensersatz Vorzeitiger Abbruch einer eBay-Auktion

In welchem Fall darf ein Anbieter eine eBay-Auktion, die noch länger als zwölf Stunden läuft, abbrechen? Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof zu befassen.

Stefan Michel

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich in einer Entscheidung vom 10. Dezember 2014 mit der Frage beschäftigt, unter welchen Umständen ein Anbieter eine noch länger als zwölf Stunden laufende eBay-Auktion vorzeitig beenden und die angebotene Sache anderweitig veräußern kann, ohne sich gegenüber dem bis dahin Höchstbietenden schadensersatzpflichtig zu machen. Was war vorgefallen?

Der Beklagte bot am 17. Mai 2012 bei eBay für die Dauer von zehn Tagen ein Stromaggregat zu einem Startpreis von einem Euro an. Am 19. Mai 2012 brach er die Auktion vorzeitig ab. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt zu dem Startangebot von einem Euro Höchstbietender und er begehrte - nachdem der Beklagte das Stromaggregat anderweitig veräußert hatte - Schadensersatz in Höhe des Wertes des Stromaggregats von 8.500,00 Euro. Der Beklagte meinte, er habe aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay die Auktion ohne weiteres abbrechen dürfen.

Nach Paragraph 9 Nr. 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von eBay dürfen Anbieter, die ein verbindliches Angebot einstellen, nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. Nach Paragraph 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB kommt bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter zwischen dem Anbieter und dem Höchstbietenden ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn, der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.

Des Weiteren enthalten die eBay-AGB noch "Weitere Informationen" zur Vorgehensweise bei einer vorzeitigen Beendigung eines Angebots. Dort wird darauf hingewiesen, dass derjenige, der einen Artikel auf der eBay-Webseite einstellt, grundsätzlich ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel abgibt und für die Angebotsdauer an dieses Angebot gebunden ist. Es könne jedoch vorkommen, dass ein Angebot vorzeitig beendet werden muss, z.um Beispiel wenn der Anbieter feststellt, dass er sich beim Einstellen des Artikels geirrt hat oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer ohne das Verschulden des Anbieters beschädigt wird oder verloren geht.

In diesem Zusammenhang enthalten die eBay-AGB den Aufruf an den Anbieter, sich im Falle einer Beendigung eines Angebots zu vergewissern, dass ein gültiger Grund für das Beenden des Angebots vorliegt. Schließlich enthalten die "Weiteren Informationen" zu Paragraph 9 Nr. 11 der eBay-AGB noch folgenden Hinweis: "Wenn das Angebot noch zwölf Stunden oder länger läuft, können Sie es ohne Einschränkungen vorzeitig beenden. Wenn zum Zeitpunkt der Beendigung des Angebots Gebote für den Artikel vorliegen, werden Sie gefragt, ob Sie die Gebote streichen oder den Artikel an den Höchstbietenden verkaufen möchten. […]".

Klage abgewiesen

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 8.500,00 Euro verurteilt. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10. Dezember 2014 (Aktenzeichen: VIII ZR 90/14) entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 8.500,00 Euro zusteht. Zwischen dem Kläger als Höchstbietendem und dem Beklagten sei ein Kaufvertrag über das Stromaggregat zum Preis von einem Euro zustande gekommen. Das Verkaufsangebot sei aus Sicht des an der Auktion teilnehmenden Bieters dahin auszulegen, dass es nur unter dem Vorbehalt einer gemäß Paragraph 9 Nr. 11, Paragraph 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB berechtigten Angebotsrücknahme stand.

Das Berufungsgericht habe zutreffend festgestellt, dass keiner der dort genannten Gründe zur Rücknahme des Angebots vorlag. Deshalb sei das Angebot entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht unverbindlich gewesen. Denn den an Paragraph 9 Nr. 11 der eBay-AGB anknüpfenden "Weiteren Informationen" lasse sich nicht entnehmen, dass ein Angebot ohne einen dazu berechtigenden Grund zurückgenommen werden darf. Das gelte auch dann, wenn die Auktion - wie hier - noch zwölf Stunden oder länger laufe.

Die "Weiteren Informationen" seien lediglich als Ergänzung von Paragraph 9 Nr. 11 der eBay-AGB hinsichtlich der praktischen Durchführung der Angebotsrücknahme zu verstehen. Nach ihrem gesamten Inhalt sollen Sie dagegen nicht die - dem Geschäftsmodell einer eBay-Auktion zugrunde liegende - Bindung an das Angebot für die Dauer der Auktion weiter einschränken als dies bereits in Paragraph 9 Nr. 11 und Paragraph 10 Nr. 1 Satz 5 der eBay-AGB geschehe.

Unser Tipp:
 
Wer bei eBay eine Verkaufsauktion startet, muss sich auch dann, wenn die Auktion länger als zwölf Stunden läuft, darüber bewusst sein, dass er die Auktion vorzeitig nur aus triftigem Grund beenden darf. Beendet er die Auktion ohne einen solchen Grund vorzeitig, zum Beispiel weil ihm von einem Dritten, der an der Auktion nicht teilnehmen möchte, ein besseres Angebot als das des bisherigen Höchstbietenden vorliegt, macht er sich dem Höchstbietenden gegenüber schadensersatzpflichtig. Als Schaden ist dem Höchstbietenden der objektive Wert der Sache abzüglich des von dem Höchstbietenden angebotenen Preises zu ersetzen. Das kann, wie der vom BGH entschiedene Fall zeigt, sehr teuer werden.

Stefan Michel
KLEINER Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Büro Stuttgart

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