
Verwechslungsgefahr Vorsicht bei der Produktaufmachung
Vorsicht bei der Verwendung von fremder Farbe. Um Verwechslungsgefahr bei der farblichen Aufmachung von Sprachlernsoftware ging es in einem Fall, mit dem sich der Bundesgerichtshof zu befassen hatte.
Stefan Michel
Farben spielen bei der Vermarktung von Produkten eine wichtige Rolle. Je nach Produkt kann die Farbe unmittelbar als Herkunftshinweis in dem Sinne wirken, dass das mit den derart aufgemachten Produkten konfrontierte Publikum aufgrund der Farbe des Produkts sofort an einen bestimmten Hersteller beziehungsweise Anbieter denkt. Dementsprechend kann es zu Verwechslungen und Imagetransfers kommen, wenn unterschiedliche Anbieter für ihre konkurrierenden Produkte eine gleiche beziehungsweise ähnliche farbliche Aufmachung verwenden. Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich kürzlich mit einem solchen Fall zu befassen (Urteil vom 18.09.2014 - I ZR 228/12 - gelbe Wörterbücher). Es ging um die farbliche Aufmachung von Sprachlernsoftware.
Klägerin in dem Verfahren war die Inhaberin der kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Farbmarke "gelb" für zweisprachige Wörterbücher in Printform. Sie gestaltet ihre gedruckten Wörterbücher seit 1956 und seit 1986 auch andere Sprachlernprodukte in einer gelben Farbausstattung mit einem in blauer Farbe gehaltenen "L". Auch die Werbung der Klägerin ist regelmäßig entsprechend aufgemacht.
Die Beklagte bietet in Deutschland seit April 2010 Sprachlernsoftware für 33 Sprachen in einer gelben Kartonverpackung an, auf der als Kennzeichen in schwarzer Farbe eine aus ihrer Unternehmensbezeichnung abgeleitete Wortmarke sowie eine blaue, als halbrunde Stele ausgeformte Bildmarke angebracht sind. Sie bewirbt ihre Produkte in ihrem Internetauftritt sowie im Fernsehen unter Verwendung eines gelben Farbtons.
Die Klage zielt darauf ab, der Beklagten verbieten zu lassen, die gelbe Farbe bei der Verpackung der Sprachlernsoftware und in der Werbung zu verwenden. Das Landgericht hat der Beklagten verboten, in Deutschland Sprachlernsoftware in gelber Verpackung zu vertreiben und unter Verwendung der gelben Farbe hierfür zu werben.
Gestaltungsmittel oder Marke?
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ebenso wie ihre gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die gelbe Verpackung und die in Gelb gehaltene Werbung eines Unternehmens, das Sprachlernsoftware vertreibt, die Farbmarke der Klägerin verletzt.
Der Bundesgerichtshof bestätigt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Verwechslungsgefahr zwischen der Farbmarke der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten Farbe besteht. Die Beklagte verwende den gelben Farbton in Art einer Marke.
Der Verkehr fasse die Verwendung einer Farbe in der Werbung oder auf der Ware oder deren Verpackung allerdings im Regelfall nur als Gestaltungsmittel und nicht als Marke auf. Auf dem inländischen Markt der zweisprachigen Wörterbücher prägen jedoch Farben die Kennzeichnungsgewohnheiten. Dies strahle auf den Markt der benachbarten Produkte aus, zu denen die Sprachlernsoftware der Beklagten gehört, sodass das Publikum auch in diesem Produktbereich die von der Beklagten großflächig und durchgängig verwendete Farbe "Gelb" als Produktkennzeichen verstehe.
Die gelbe Farbmarke der Klägerin, die aufgrund langjähriger Verwendung kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragen ist, verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die von den Parteien vertriebenen Produkte - Wörterbücher und Sprachlernsoftware - und die von ihnen verwendeten Gelbtöne seien hochgradig ähnlich. Obwohl die Beklagte auch ihre Wortmarke und ihr blaues Logo auf ihren Verpackungen und in der Werbung verwende, sehe der Verkehr in der gelben Farbe ein eigenständiges Kennzeichen.
Für die Frage der Zeichenähnlichkeit sei deshalb isoliert auf den gelben Farbton abzustellen. Bei hochgradiger Waren- und Zeichenähnlichkeit und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke seien die Voraussetzungen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr erfüllt (Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 131/2014 vom 18.09.2014).
Unser Tipp:
Bei der Übernahme einer Farbe zur Produktaufmachung ist Vorsicht geboten. Handelt es sich um Produkte, die mit den Produkten eines Mitbewerbers ähnlich sind und steht die Farbe gleichsam als Kennzeichen für den Mitbewerber, so läuft man Gefahr, wegen Markenverletzung in Anspruch genommen zu werden. Die Folgen sind drastisch. Wird eine Verletzung angenommen, so schuldet man nicht nur zukünftige Unterlassung, sondern man ist auch zur Auskunftserteilung, Schadensersatz, Vernichtung und zum Rückruf bereits in Verkehr gebrachter Produkte verpflichtet.
Stefan Michel
KLEINER Rechtsanwälte
Partnerschaftsgesellschaft Büro Stuttgart
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