
Haftung für Rechtsverletzungen in fremden Inhalten - Teil II Neue Entscheidung des BGH
Ist derjenige, der fremde Inhalte in einem Frame auf einer Webseite anzeigt, für Urheberrechtverletzungen auf der verlinkten Fremdseite verantwortlich? Mit dieser Frage hat sich nun der Bundesgerichtshof auseinandergesetzt.
Im Rechtstipp vom 29.11.2012 ging es um das Urteil des OLG Köln zur Frage, ob derjenige, der Fremdinhalte in einem Frame auf der eigenen Website anzeigt, für Urheberrechtsverletzungen auf der verlinkten Fremdseite verantwortlich ist. Das OLG Köln hatte dies grundsätzlich bejaht.
Am vergangenen Donnerstag stand die Frage schließlich beim Bundesgerichtshof (BGH) auf der Agenda. Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Der Film, an dem die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte hat, war auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar. Die Klägerin behauptet, dass die Einstellung des Films auf "YouTube" ohne ihre Zustimmung geschah.
Die Beklagten sind zwei selbstständige Handelsvertreter, die für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig sind. Auf ihren eigenen Internetseiten wurden die von ihnen vertriebenen Produkte beworben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Websites, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video via "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen Link auf ihrer Seite wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt. In erster Instanz (LG München I, Urteil vom 02.02.2011, Az. 37 O 15777/10) wurden die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Das OLG München hob das Urteil jedoch wieder auf und wies die Klage ab (Urteil vom 16.02.2012, Az. 6 O 1092/11).
Vorerst keine Rechtssicherheit
Der Bundesgerichtshof stimmt mit dem OLG München überein, dass das sogenannte "Framing" keine öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG ist (Beschluss vom 16.05.2013, Az. I ZR 46/12 – Die Realität). Alleine der Inhaber der "geframten" Internetseite entscheidet darüber, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk abrufbar bleibt. Somit macht (nur) er das Werk öffentlich. Nach der Auffassung des BGH kommt jedoch die Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechts im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG in Betracht. Da der Wortlaut des § 15 UrhG und die Einführung des § 19a UrhG auf eine EU-Richtlinie zurückgeht und der europaweiten Harmonisierung des Urheberrechts dient, sind beide gesetzlichen Regelungen richtlinienkonform auszulegen. Da die richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorbehalten ist, hat der BGH die Frage dem EuGH vorgelegt. Eine Entscheidung steht noch aus.
Unser Tipp:
In Bezug auf die Einbettung fremder Inhalte in die eigene Website durch sogenanntes "Framing" besteht derzeit keine Rechtssicherheit. Wer kein Risiko eingehen will, sollte von dieser Art der Einbettung vorerst absehen.
Ihre
Julia Blind
- Unser daily-Newsletter informiert einmal täglich mit News, aber auch tiefen Insights und Analysen über die wichtigsten Themen aus der digitalen Commerce- und Marketing-Branche. Jetzt kostenlos abonnieren!
- Early birds, die bereits am frühen Morgen wissen wollen, was im nationalen und internationalen E-Commerce alles los ist, legen wir die Commerce Shots ans Herz: Jetzt abonnieren!