
Wettbewerbsrecht Wann ist ein Medienbruch bei Blickfangwerbung erlaubt?
Gerne informieren Werbetreibende im Kleingedruckten über Einschränkungen eines Angebots. Wettbewerbsrechtlich ist das aber heikel. Auch auf Medienbrüche ist zu achten, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
Blickfangwerbung verspricht auf den ersten Blick mehr, als sie auf den zweiten Blick hält. Damit es zu diesem zweiten Blick erst gar nicht kommt, werden Einschränkungen der hervorgehobenen Werbeaussage gern in Fußnoten oder Sternchenhinweisen versteckt. Wettbewerbsrechtlich ist diese Praxis jedoch heikel und daher auch ein häufiges Thema unserer Rechtstipps.
Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg schreibt die umfangreiche Rechtsprechung zur Blickfangwerbung fort (Urteil vom 22.06.2016, Az. 3 U 18/16). Ein Möbelhändler hatte in einer Zeitung mit der blickfangmäßig hervorgehobenen Aussage "19% MwSt GESCHENKT AUF MÖBEL, KÜCHEN UND MATRATZEN + 5% EXTRARABATT" geworben. Am unteren Rand der Anzeige informierte das Möbelhaus im Kleingedruckten über verschiedene Einschränkungen des beworbenen Angebots und verweis hierzu auch auf seine Internetseite. Erst auf der Internetseite fand sich schließlich der Hinweis, dass der Rabatt für mehrere komplette Warengruppen und für Produkte bestimmter Hersteller nicht gewährt
Verbraucher muss wesentliche Informationen erhalten
Das OLG Bamberg hielt diese Werbung für wettbewerbswidrig. In seiner Begründung stützte sich das Gericht auf § 5a Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nach dieser Vorschrift ist es unlauter, dem Verbraucher wesentliche Informationen vorzuenthalten, sofern dies geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 UWG waren nach Auffassung des OLG Bamberg erfüllt. So sei es für den Verbraucher eine wesentliche Information, welche Waren oder Warengruppen mit welchen Preisnachlässen erworben werden können. Um entscheiden zu können, ob sich ein Besuch des werbenden Möbelhauses überhaupt lohnt, müsse der Verbraucher deshalb wissen, mit welchen Einschränkungen die Werbeaktion verbunden sei. Hierbei sei es dem Verbraucher, der auf die Zeitungsanzeige gestoßen war, aber nicht zumutbar, sich zuerst noch auf der Internetseite des Möbelhauses zu informieren. Stattdessen hätten alle Einschränkungen der Rabattaktionen unmittelbar in der Zeitungsanzeige selbst genannt werden müssen. Alles andere mache es dem Verbraucher unnötig schwer, die einschränkenden Bedingungen für die Verkaufsförderung in Erfahrung zu bringen.
Unser Tipp
Den unzumutbaren Wechsel von einer Zeitungsanzeige auf eine Internetseite bezeichnet das OLG Bamberg mit dem griffigen Schlagwort "Medienbruch". Ein solcher Medienbruch kann auch für Online-Händler schnell zum Thema werden, etwa wenn einer ausgelieferten Bestellung an einen Kunden ein Flyer beigefügt wird, der eine Rabattaktion ankündigt. Ist diese Rabattaktion an bestimmte Voraussetzungen oder Einschränkungen gebunden, sollte ein entsprechender Hinweis bereits auf dem Flyer selbst enthalten sein.
Einschränkende Hinweise müssen bei der Bewerbung von Verkaufsförderungsmaßnahmen nur dann nicht detailliert dargestellt werden, wenn die Art des für die Werbung gewählten Kommunikationsmittels das nicht zulässt. Der Paradefall ist ein kurzer Radiospot, bei dem es nicht möglich ist, eventuelle Einschränkungen einer Rabattaktion im Detail aufzuschlüsseln. Nach Auffassung des OLG Bamberg ist ein solcher Ausnahmefall auch bei Printanzeigen durchaus denkbar, sofern beispielsweise der Verleger den Raum für Anzeigen begrenzt.
Im konkreten Fall aber konnte sich das Gericht auf die Feststellung beschränken, dass der Platz in der Werbeanzeige des Möbelhauses ja gereicht hatte, die Blickfangwerbung besonders groß darzustellen. Dann aber wäre auch ausreichend Platz gewesen, in der Anzeige noch über die Einschränkungen des Angebots zu informieren.
Dr. Andreas Brommer
KLEINER RECHTSANWÄLTE in Stuttgart
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