
Vertragsstrafen Wann sind Landgerichte tatsächlich zuständig?
Wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten können außergerichtlich durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung beendet werden. Bei welchem Gericht kann der Wettbewerber bei einem Verstoß die Vertragsstrafe geltend machen?
Viele wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten werden bereits außergerichtlich durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung beendet. Derjenige, der gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen hat, verpflichtet sich gegenüber dem Wettbewerber, das wettbewerbswidrige Verhalten zu unterlassen, und für den Fall des erneuten Verstoßes, eine Vertragsstrafe zu bezahlen. Bei welchem Gericht kann der Wettbewerber im Falle einer Zuwiderhandlung die Vertragsstrafe geltend machen?
Zu dieser Frage hat sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Hinweisbeschluss (Beschluss vom 19.10.2016, Az. I ZR 93/15) geäußert.
Hintergrund der Entscheidung ist, dass die Landgerichte - soweit keine Sonderzuständigkeit vorliegt - nur für Klagen zuständig sind, bei denen die Klagesumme über 5.000 Euro liegt. Werden niedrigere Summen eingeklagt, sind die Amtsgerichte zuständig. Für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten sieht § 13 UWG eine Sonderzuständigkeit der Landgerichte vor.
In § 13 heißt es, dass alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit einem Anspruch aufgrund des UWG bei den Landgerichten anhängig zu machen sind. Zwischen den Gerichten und auch in der Literatur bestand Streit darüber, ob die Geltendmachung einer Vertragsstrafe ebenfalls unter diese Sondervorschrift fällt. Dies hat der BGH nun klargestellt.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde
Im Juli 2009 hatte ein Verbraucherschutzverband ein Unternehmen wegen irreführender Werbeaussagen im Internet abgemahnt. Das Unternehmen hatte auch eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Der Verbraucherschutzverband war der Ansicht, dass das Unternehmen gegen die Unterlassungserklärung verstoßen hatte und machte die Vertragsstrafe in Höhe von 2.500 Euro nebst Zinsen geltend. Der Verband reichte die Klage beim Landgericht ein. Das Landgericht hielt sich aufgrund der geringen Klagesumme für unzuständig und wies die Klage daher als unzulässig ab. Der Verband legte gegen dieses Urteil Berufung ein und bekam vom Oberlandesgericht Recht. Das Unternehmen wurde antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil wehrte sich das Unternehmen mit der vom OLG zugelassenen Revision zum BGH und macht die Unzulässigkeit der Klage geltend.
Hinweisbeschluss des BGH
Der BGH erklärte in seinem Hinweisbeschluss, dass die Revision keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Frage, ob das Landgericht tatsächlich zuständig war, könne vom BGH aufgrund von Verfahrensvorschriften gar nicht überprüft werden. Aber auch wenn eine Prüfungskompetenz des BGH bestünde, ergebe sich keine andere Entscheidung. Der BGH erklärte, dass nach § 13 Abs. 1 S. 1 UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) die Landgerichte für bürgerliche Streitigkeiten ausschließlich zuständig seien, in denen ein Anspruch aufgrund des UWG geltend gemacht werde. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handele es sich um eine solche wettbewerbsrechtliche Streitigkeit im Sinne dieser Vorschrift. Zwar sei es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein Anspruch auf Vertragsstrafe unter die Klausel falle, der BGH schloss sich aber der Meinung an, dass § 13 UWG auch für Vertragsstrafeansprüche anzuwenden sei.
Mit § 13 UWG habe der Gesetzgeber eine ausschließliche, streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit der Landgerichte in Wettbewerbssachen erreichen wollen, da bei den Landgerichten aufgrund der dort streitwertbedingt überwiegend anfallenden Wettbewerbssachen der für die Behandlung dieser Sachen erforderliche Sachverstand und das notwendige Erfahrungswissen vorhanden seien.
Insbesondere sollten Rechtsstreitigkeiten, in denen Abmahnkosten gem. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG geltend gemacht werden und bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Unterschreitung der die Zuständigkeit bestimmenden Streitwertgrenze von 5.000 Euro vorhanden ist, in die Zuständigkeit der Landgerichte fallen, weil bei ihnen als Vorfragen sämtliche einschlägigen wettbewerbsrechtlichen Fragen geprüft werden müssen.
Ferner sollte eine Parallelität zu Rechtsstreitigkeiten in anderen Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes (Markenrecht, Patentrecht, etc.) hergestellt werden. Diese Erwägungen gelten - so der BGH - gleichermaßen für die Behandlung von Streitigkeiten aufgrund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen, in denen ähnliche, spezifisch wettbewerbsrechtliche Probleme auftreten, wie bei originären Ansprüchen aus dem UWG.
Unser Tipp
Wer einen Wettbewerber erfolgreich abgemahnt hat und gleichwohl einen weiteren Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung feststellt, kann die anfallende Vertragsstrafe nun auch unstreitig vor den Landgerichten geltend machen. Die frühere Praxis, Vertragsstrafeversprechen mit einer Vertragsstrafe von 5.001 Euro zu vereinbaren, um die Zuständigkeit der Landgerichte sicherzustellen, sind daher nicht mehr zwingend notwendig.
Rebekka Stumpfrock
Kleiner Rechtsanwälte
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