INTERNET WORLD Logo Abo

Wettbewerbsrecht Gekaufte Kundenbewertung

Im Dschungel der Vielzahl von Waren- und Dienstleistungsangeboten im Internet verlassen sich Verbraucher gerne auf die Meinungen und Empfehlungen von "Gleichgesinnten". Von anderen Verbrauchern erwarten Kunden das objektivste und ehrlichste Urteil. Dementsprechend haben sich zu der Vielzahl von Onlineshops diverse Bewertungsportale gesellt. Was aber, wenn die Bewertung nicht ganz so freiwillig und objektiv erfolgt, wie andere Verbraucher denken?

Die Betreiber von Onlineshops haben das Potenzial von Kundenbewertungen nämlich auch erkannt und ködern Kunden, zum Beispiel mit Warengutscheinen, damit diese eine positive Bewertung auf der eigenen Website oder den diversen Bewertungsportalen abgeben. Die Frage, ob dies erlaubt ist, hatte zuletzt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Urteil vom 10.09.2012, Az. 4 U 48/13) zu entscheiden.

Es standen sich in diesem Rechtsstreit zwei Onlinedruckereien gegenüber. Die Antragsgegnerin verschickte an ihre Kunden eine E-Mail mit dem Text:

"Sehr geehrter Herr …, vielen Dank für Ihre Bestellung wir hoffen sehr das wir Ihre Erwartungen erfüllt oder vielleicht sogar übertroffen haben. Bitte bewerten Sie jetzt unsere Leistung – Sie benötigen dazu nicht mehr als 30 Sekunden. Hier geht es direkt zur Bewertungsabgabe: Sichern Sie sich jetzt bis zu 125,00 € für Ihre Weiterempfehlung! Schreiben Sie Ihren kurzen persönlichen Erfahrungsbericht über P auf einem der nachstehend genannten Portale und erhalten Sie jeweils einen 25,00 €-Druckgutschein!

So einfach geht’s: Bei Ciao, dooyoo, Qype, KennstDuEinen, FACEBOOK oder Twitter registrieren kurzen persönlichen Erfahrungsbericht schreiben. Link zu Ihrem Erfahrungsbericht an ...@....de senden. Nach unserer kurzen Prüfung Ihres veröffentlichten Erfahrungsberichts senden wir Ihnen umgehend jeweils einen 25,00 €-Druckgutschein für jede Veröffentlichung zu …."

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin wegen dieser Aufforderung ab, da die E-Mails auf die Erlangung einer bezahlten Empfehlung abzielten. Eine solche bezahlte Empfehlung sei irreführend. Als keine Unterlassungserklärung abgeben wurde, erwirkte sie eine einstweilige Verfügung. Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigte das Landgericht die einstweilige Verfügung. Dem Rechtsstreit vorausgegangen waren mehrere gegenseitige Abmahnungen zwischen anderen Konzerngesellschaften der Antragstellerin und Antragsgegnerin.

Kunden nicht ködern

Gegen das Urteil des Landgerichts legte die Antragsgegnerin Berufung ein, unterlag aber erneut. Das Gericht folgte der Auffassung des Landgerichts und bestätigte, dass schon die Versendung der E-Mail eine geschäftliche Handlung sei, die eine Irreführung des Verkehrs bewirken könne. Wenn mit Kundenempfehlungen und anderen Referenzschreiben geworben werde, dürften diese Kundenempfehlungen grundsätzlich nicht erkauft sein. Andere Kunden rechneten nämlich nicht damit, dass die Bewertung von Verbrauchern durch Zahlungen des Verkäufers oder Dienstleisters beeinflusst worden seien. Die E-Mail der Antragsgegnerin zielte allein auf die Erlangung solcher bezahlten Kundenempfehlungen ab.

Auch der Einwand der Antragsgegnerin, die Inanspruchnahme durch die Antragstellerin sei lediglich eine "Retourkutsche" für die vorangegangenen wechselseitigen Abmahnungen, änderte an der Entscheidung des Gerichts nichts. Das Gericht erklärte, dass es grundsätzlich nicht anstößig sei, wenn die eigene wettbewerbsrechtliche Inanspruchnahme als Anstoß für eine sodann ausgesprochene Abmahnung sei.

Unser Tipp:

Der Erfolg eines Onlineangebots hängt nicht zuletzt von der positiven Mund-zu-Mund-Propaganda von Kunden ab. Ein Ködern der Kunden mit Gutscheinen oder sonstiger Bezahlung bei Abgabe einer positiven Bewertung ist unzulässig, es sei denn, der Werbende weist bei der Werbung mit dieser Empfehlung auf die Bezahlung hin. Aber wer will das schon?

Es spricht nichts dagegen, Kunden dazu aufzufordern, eine Bewertung abzugeben, von zusätzlichen "Goodies" im Falle einer positiven Bewertung sollte aber abgesehen werden.

Ihre Julia Blind

KLEINER Rechtsanwälte 

Partnergesellschaft

Ihr wollt in Sachen E-Commerce auf dem Laufenden bleiben? Da haben wir zwei Angebote für euch in petto:
  • Unser daily-Newsletter informiert einmal täglich mit News, aber auch tiefen Insights und Analysen über die wichtigsten Themen aus der digitalen Commerce- und Marketing-Branche. Jetzt kostenlos abonnieren!
  • Early birds, die bereits am frühen Morgen wissen wollen, was im nationalen und internationalen E-Commerce alles los ist, legen wir die Commerce Shots ans Herz: Jetzt abonnieren!
Das könnte Sie auch interessieren