
Elektro- und Elektronikgeräte Fehlende "durchgestrichene Abfalltonne" abmahnfähig?
Das sogenannte Elektrogesetz beinhaltet jede Menge Pflichten beim Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten. Aber ist jede fehlende Kennzeichnung auch immer als Wettbewerbsverstoß angreifbar?
Von Julia Blind
Das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten, kurz "Elektrogesetz" (ElektroG), enthält eine Fülle von (Kennzeichnungs-)Pflichten beim Inverkehrbringen von Elektro- und Elektronikgeräten. Aber ist jede fehlende Kennzeichnung auch immer als Wettbewerbsverstoß angreifbar? Über diese Frage hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln zu entscheiden.
Geklagt hatte ein Hersteller von Kopfhörern gegen den Betreiber eines großen Internet-Elektrohandels. Der Kläger hatte über eine Online-Plattform beim Beklagten einen Kopfhörer erworben. In diesem Verkauf sah der Kläger verschiedene Rechtsverstöße, unter anderem rügte er, dass der Kopfhörer nicht mit dem Symbol gemäß Paragraph 7 S. 2 ElektroG, die sogenannte "durchgestrichene Abfalltonne", gekennzeichnet war. Wie auch das erstinstanzlich angerufene Landgericht Bonn lehnt auch das OLG Köln (Urteil vom 20. Februar 2014, AZ. 6 U118/14) in der Berufungsinstanz einen diesbezüglichen Wettbewerbsverstoß ab.
Wofür steht die durchgestrichene Abfalltonne?
Wofür steht das Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne? Mit diesem werden Verbraucher darauf hingewiesen, dass das betreffende Elektro- oder Elektronikgerät nicht über die kommunale Abfalltonne entsorgt werden darf, sondern einer getrennten Verwertung zuzuführen ist.
Ein Wettbewerbsverstoß kommt bei einer Verletzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie den Vorgaben aus dem ElektroG, immer nur dann in Betracht, wenn es sich um Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11 Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt. So muss die einzelne in Frage stehende öffentlich-rechtliche Norm einerseits das Marktverhalten regeln, andererseits aber auch den Schutz der Interessen von Verbrauchern oder Mitbewerbern bezwecken.
Dieses Interesse (zum Beispiel an Gesundheit und Sicherheit) muss gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware berührt werden. Die bloße reflexartige Auswirkung einer Vorschrift zugunsten der Marktteilnehmer genügt nicht.
Die Kölner Richter kamen zu dem Ergebnis, dass es sich bei § 7 S. 2 ElektroG nicht um eine Marktverhaltensregel gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt. Die mit dem Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne vermittelte Information stelle bloß ein Mittel zur Erreichung des Zwecks des ElektroG dar, nämlich durch die getrennte Einsammlung die Abfälle von Elektro- und Elektronikgeräten der Wiederverwertung zuzuführen, um die zu beseitigende Abfallmenge zu reduzieren und den Eintrag von Schadstoffen aus Elektro- und Elektronikgeräten in Abfälle zu verringern. Demzufolge sei die Vorschrift des § 7 S. 2 EektroG auf die ökologisch effektive Abfallwirtschaft und damit auf das Allgemeininteresse an einem effektiven Umweltschutz ausgerichtet.
Die Vorschrift gewinne nicht dadurch den Charakter einer Vorschrift zum Schutz von Verbraucherinteressen, dass der Verstoß gegen die Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten im Hausmüll in diversen kommunalen Satzungen mit einem Bußgeld sanktioniert werde. Bei dem Umstand, dass der Verbraucher durch die Beachtung der Kennzeichnungspflicht die Verhängung eines Bußgeld und damit wirtschaftliche Nachteile vermeiden kann, handelt es sich nur um einen bloßen, im ElektroG selbst nicht angelegten Reflex beziehungsweise um eine tatsächliche, von § 7 S. 2 ElektroG nicht unmittelbar bezweckte Auswirkung.
Die Klage auf Unterlassung wegen der Nichtkennzeichnung mit dem Symbol der durchgestrichenen Abfalltonne wurde folglich abgewiesen.
Unser Tipp:
Auch wenn das OLG Köln zu dem Ergebnis kommt, dass die unterbliebene Kennzeichnung mit der durchgestrichenen Tonne keinen Wettbewerbsverstoß darstellt, so sollten Online-Händler dennoch darauf achten, dass die von ihnen angebotenen Elektro- und Elektronikgeräte ordnungsgemäß gemäß § 7 S. 2 ElektroG gekennzeichnet sind. Nicht alle Obergerichte vertreten bezüglich der Kennzeichnung von Elektro- und Elektronikgeräten die Auffassung des OLG Köln (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 11.06.2014; Az. 6 U 45/14). Solange diese Rechtsfrage nicht höchstrichterlich entschieden wurde, sollte man keine Angriffsfläche für vermeidbare Abmahnungen bieten.
Julia Blind
KLEINER Rechtsanwälte, Stuttgart
Partnerschaftsgesellschaft mbB
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