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Anforderungen gelockert Blickfangwerbung: Sternchenhinweis nicht immer notwendig

Zankapfel Blickfangwerbung: Ist bei Angeboten, die falsch interpretiert werden könnten, ein sogenannter Sternchenhinweis immer notwendig? Der BGH hat die Anforderungen etwas gelockert.

Von Stefan Michel

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 18.Dezember 2014 (I ZR 129/13 - Schlafzimmer komplett) eine Entscheidung zur Blickfangwerbung gefällt, die unabhängig von dem eingesetzten Medium - Online oder Print - vor allem für alle Anbieter von langlebigen sowie hochpreisigen Wirtschaftsgütern wie Möbel, Computer, Unterhaltungselektronik und Fahrzeuge von großer Relevanz ist. Die traditionell sehr strengen Anforderungen an eine sogenannte Blickfangwerbung wurden etwas gelockert.

Von einer Blickfangwerbung spricht man, wenn im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben besonders herausgestellt sind. Für diese Werbeform gilt der Grundsatz, dass der Blickfang selbst keine objektive Unrichtigkeit enthalten darf. Wird zum Beispiel besonders hervorgehoben mit der Angabe "bis zu 40% auf alles" geworben und gilt die angekündigte Rabattierung in Wirklichkeit nicht für das gesamte Sortiment, so kann das auch nicht durch Sternchen oder andere aufklärende Hinweise korrigiert werden. Daran hat auch die neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts geändert.

Zu einer deutlichen Abschwächung der strengen Maßstäbe bei der Blickfangwerbung führt die neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs jedoch in den Fällen, in denen der Blickfang zwar nicht objektiv unrichtig, sondern nur zur Irreführung geeignet ist beziehungsweise die halbe Wahrheit enthält. Anders als die Werbung mit der blickfangmäßig hervorgehobenen Angabe "bis zu 40 % auf alles" weckt die Angabe "bis zu 40% auf Möbel" nicht zwingend die Erwartung, dass ein Rabatt von bis zu 40 Prozent bei allen Möbeln beansprucht werden kann.

Die Rechtsprechung gestattete den Werbenden in solchen Fälle die Verwendung aufklärender Hinweise wie zum Beispiel "gilt nicht für ….". Voraussetzung war aber, dass zumindest die Verweise auf die aufklärenden Hinweise - in der Regel in Form eines Sternchens - selbst am Blickfang teilnahmen. Das hat sich nun geändert. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sternchenhinweis an der Blickfangangabe nicht mehr zwingend notwendig.

"Schlafzimmer komplett"

In dem Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, wurde mit der Abbildung eines Schlafzimmers bestehend aus Drehtürenschrank, Doppelbett und Nachtkonsolen geworben. Das Bett war bis zum Bettzeug voll ausgestattet. Der Abbildung war ein in roten Ziffern grafisch besonders herausgestellter Preis von 1.499,00 Euro und der weiteren Angabe "Schlafzimmer komplett" zugeordnet.

Des Weiteren war in der Abbildung des Schlafzimmers ein Kästchen drucktechnisch hervorgehoben, in dem sich die in Negativschrift auf rotem Untergrund herausgestellte Angabe "KOMPLETT" befand. Darunter erfolgte eine Auflistung der Begriffe "Drehtürenschrank", "Doppelbett" und "Nachtkonsolen". Schließlich fand sich im Kleingedruckten noch der Hinweis "ohne Lattenrost, Matratzen, Beimöbel und Deko". An keiner der blickfangmäßig herausgestellten Angaben war ein Sternchen oder sonstiger Hinweis als Verweis auf die Einschränkungen bezüglich der Lattenroste und Matratzen angebracht. Letzteres - das Fehlen eines Sternchenhinweises an der herausgestellten Preisangabe - wurde von der klagenden Wettbewerbsvereinigung beanstandet.

Der Bundesgerichtshof hat in dem erwähnten Urteil ausdrücklich klargestellt, dass nicht in jedem Fall ein Sternchenhinweis oder ein anderer klarstellender Hinweis an den isoliert irreführenden blickfangmäßigen Angaben erforderlich ist, um einen Irrtum der Verbraucher auszuschließen. In einer Werbung für langlebige und kostspielige Güter könne auf Einschränkungen auch in anderer Weise hingewiesen werden. Es sei nämlich davon auszugehen, dass sich der Verbraucher mit einer Werbung für solche Güter eingehend und nicht nur flüchtig befasse. Sei die Werbung - wie im konkreten Fall - auch im Übrigen übersichtlich gestaltet, werde der Verbraucher einschränkende Hinweise auch dann zur Kenntnis nehmen, wenn auf sie nicht unmittelbar am Blickfang selbst hingewiesen werde.

Unser Tipp:

Jeder Händler sollte zukünftig im Falle des Erhalts einer Abmahnung wegen irreführender Blickfangwerbung sehr gründlich prüfen, ob die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr wirklich angezeigt ist. Dabei muss beachtet werden, dass es auch nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt.

Stefan Michel
KLEINER Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Büro Stuttgart

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