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Unerbetene Werbung Autoreply-E-Mail ist doch kein Spam

Verletzt eine Autoreply-E-Mail mit Werbung das Persönlichkeitsrecht? Diese Frage hatte ein Amtsgericht im vergangenen Jahr bejaht. Jetzt hat das Landgericht Stuttgart dieses Urteil aufgehoben.

Von Julia Blind

In unserem Rechtstipp vom 10. Juli 2014 hatten wir von einer Entscheidung des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt berichtet, wonach die Zusendung einer Autoreply-E-Mail mit Werbung als Persönlichkeitsrechtsverletzung eingestuft wurde. Das Urteil wurde nun in der Berufungsinstanz aufgehoben.

Streitgegenständlich war eine Autoreply-E-Mail, die der Kläger auf seine Kündigung des Versicherungsvertrags von der beklagten Versicherungsgesellschaft erhalten hatte. Die E-Mail trug den Betreff "Automatische Antwort auf Ihre E-Mail v. 10.12.2013 9:27:34 Versicherungsnummer (…) // Kündigung". Inhaltlich wurde mit der E-Mail lediglich der Erhalt der E-Mail bestätigt und eine baldige Beantwortung in Aussicht gestellt. Nach der Grußformel hieß es in der E-Mail:

"Übrigens: Unwetterwarnungen per SMS kostenlos auf Ihr Handy. Ein exklusiver Service nur für (…) Infos und Anmeldung unter (…).
Neu für iPhone Nutzer: Die App (…) inkl. Push Benachrichtigungen für (…) und vielen weiteren nützlichen Features rund um (…): http://itunes.apple.com/(…)
***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***"

Der Amtsrichter in Stuttgart-Bad Cannstatt hatte die Tatbestandsmerkmale des Unterlassungsanspruchs wegen unerlaubter E-Mail-Werbung sehr formal geprüft und kam letztlich zu dem Ergebnis, dass es sich um Werbung handele, für die zuvor keine Einwilligung erteilt worden war. Folglich wurde das Versicherungsunternehmen wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung verurteilt.

Landgericht Stuttgart weist Klage ab

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat nun mit Urteil vom 04. Februar .2015, Az.: 4 S 165/14 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwar stelle der E-Mail-Inhalt Werbung dar, doch fehle es für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung an der notwendigen Erheblichkeit. Bereits aus dem Betreff und der Uhrzeit sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass es sich bei der E-Mail um eine Eingangsbestätigung handelte. Die typische von unverlangter E-Mail-Werbung ausgehende Gefahr, dass der Empfänger nämlich sich erst mit dem Aussortieren von Werbe-E-Mails beschäftigen muss, bevor er den gewünschten Nutzen aus der E-Mail-Kommunikation ziehen kann, bestehe vorliegend nicht.

Der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung auch selbst - wenig überraschend - zugegeben, dass ihm keine weiteren Kosten durch das Öffnen der E-Mail entstanden sind. Ein spezielles Aussortieren war auch nicht erforderlich, denn die E-Mail der Beklagten hätte der Kläger - auch ohne den werbenden Zusatz - öffnen müssen.

Unser Tipp:
Die Entscheidung des LG Stuttgart zeigt erfreulicherweise, dass Fälle der vermeidlich unzulässigen E-Mail-Werbung mit Augenmaß betrachtet werden müssen. Zwischen einem Werbezusatz in einer Autoreply-E-Mail und einer typischen Werbe-E-Mail besteht ein deutlicher Unterschied im Hinblick auf den Belästigungsgrad. Diesen Unterschied haben die Berufungsrichter erfreulicherweise erkannt. Zu Recht wird in dem Berufungsurteil darauf hingewiesen, dass zwar gemäß Paragraph 7 Abs. 2 UWG bei Werbung unter Verwendung elektronischer Post stets eine unzumutbare Belästigung zu bejahen ist, dass nichtsdestotrotz Paragrpah 7 Abs. 2 UWG jedoch erst im Rahmen der Frage, ob ein Eingriff rechtswidrig war, und der dabei erforderlichen Abwägung relevant ist.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landgericht Stuttgart hat die Revision zugelassen. Es bleibt somit abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof die Frage beurteilt, ob in der im Rahmen einer automatisierten Eingangsbestätigung versandten Werbung ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu sehen ist oder nicht.

Julia Blind
KLEINER Rechtsanwälte, Stuttgart
Partnerschaftsgesellschaft mbB

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