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Portalbetreiber Kein Anspruch auf Auskunft über Anmeldedaten

Falsche Tatsachenbehauptungen im Web können existenzgefährdend für Betroffene sein. Kann der Verletzte bei Portalbetreibern aber Auskunft über die Daten der Verfasser solcher Behauptungen verlangen?

Von Stefan Michel

Keine Frage - Internetportale leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung und Information der Verbraucher. Sie bergen aber auch erhebliche, mitunter existenzgefährdende Risiken für denjenigen, der in anonymen Leistungsbewertungen schlecht abschneidet.

Besonders einschneidend sind die Auswirkungen dann, wenn die aufgestellten Tatsachenbehauptungen nachweisbar falsch und unwahr sind. Dass der in seinen Persönlichkeitsrechten Verletzte in einem solchen Fall von dem Betreiber des Internetportals die Beseitigung des betreffenden Beitrages verlangen kann, ist unproblematisch. Kann der Verletzte von dem Betreiber des Internetportals aber auch Auskunft über die bei ihm hinterlegten Anmeldedaten desjenigen verlangen, der die unwahren Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat?


 Diese Frage hat der unter anderem für Persönlichkeitsrechtsverletzungen zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 01.07.2014 - Az. VI ZR 345/13 - entschieden. Die Antwort lautet: Nein.


Den entsprechenden Auskunftsanspruch hatte ein praktizierender Arzt geltend gemacht, über den wiederholt verschiedene  nachgewiesenermaßen - unwahre Behauptungen in dem von der Beklagten betriebenen Internetportal aufgestellt wurden.


Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und den Betreiber des Internetportals zur Unterlassung der Verbreitung der beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Betreibers des Internetportals hatte keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen Auskunftsanspruch wegen der bei dem Portalbetreiber hinterlegten Anmeldedaten des Verletzers bejaht. Paragraph 13 Abs. 6 S. 1 Telemediengesetz (TMG), wonach ein Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen hat, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, schließe den allgemeinen Auskunftsanspruch nicht aus. Dieser Auffassung hat sich der Bundesgerichtshof nicht angeschlossen. Auf die Revision des Betreibers des Internetportals wurde die Klage auf Auskunftserteilung abgewiesen. Der Bundesgerichtshof begründet dies wie folgt:


Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage i.S.d. Paragraphs 12 Abs. 2 TMG grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln. Nach dem Gebot der engen Zweckbindung des Paragraphen 12 Abs. 2 TMG dürfen für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwendet werden, soweit eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Ein Verwenden i.S.d Paragraphen 12 Abs. 2 TMG stellt auch eine Übermittlung an Dritte dar. Eine Erlaubnis durch Rechtsvorschrift kommt außerhalb des Telemediengesetzes nach dem Gesetzeswortlaut lediglich dann in Betracht, wenn sich eine solche Vorschrift ausdrücklich auf Telemedien bezieht. Eine solche Vorschrift hat der Gesetzgeber bisher - bewusst - nicht geschaffen.

Unterlassungsanspruch

Dem durch persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte einer Internetseite Betroffenen steht allerdings ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter zu (BGH, Urteil vom 25.10.2011 -  Az. VI ZR 93/10). Darüber hinaus darf der Diensteanbieter nach Paragraph 14 Abs. 2, Paragraph 15 Abs. 5 S. 4 TMG auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestands-, Nutzungs- und Abrechnungsdaten erteilen, soweit dies unter anderem für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist (Auszug aus der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 102/2014 vom 01.07.2014).
 
Unser Tipp:

Demjenigen, der in Erfahrung bringen möchte, wer konkret hinter persönlichkeitsrechtsverletzenden Aussagen auf einem Internetportal steckt, muss abgeraten werden, den entsprechenden Auskunftsanspruch auf zivilrechtlichem Wege gegenüber dem Betreiber des Internetportals geltend zu machen. Die einzige Möglichkeit, an diese Informationen  heranzukommen, ist der Weg über eine Strafanzeige beziehungsweise die dadurch in Gang gesetzten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.

Stefan Michel
KLEINER Rechtsanwälte
Partnerschaftsgesellschaft Büro Stuttgart

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