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Amazon 05.07.2018
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K5 Future Retail Conference Zalando: "Reinen Online-Handel zu betreiben, reicht nicht mehr aus"

shutterstock.com/Photoroyalty
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Auf der K5 Future Retail Conference kamen auch in diesem Jahr Branchenkenner zusammen, um über die Zukunft des E-Commerce zu diskutieren. Trendthemen waren unter anderem aktuelle Plattform-Modelle sowie der Online-Lebensmittel-Handel.

Die K5 Future Retail Conference fand in diesem Jahr zum zweiten Mal im Estrel Berlin statt. Zahlreiche Player aus der Branche kamen zusammen, um über die Zukunft des Handels und des E-Commerce zu diskutieren.

Zu Beginn wurde erst einmal ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre von Zalando geworfen. Robert Gentz, Co-Founder und CEO, erläuterte, inwieweit sich das Unternehmen von einem Versender von Schuhen zu einem Technologieunternehmen gewandelt hat. "Wir haben eine kulturelle Wandlung durchlaufen - von Retail hin zur Technologie." Die aktuelle Plattformstrategie, die Zalando verfolgt, hat sich das Unternehmen vor allem von den Big Playern auf dem chinesischen Markt abgeschaut. "Reinen Online-Handel zu betreiben, reicht auf lange Sicht nicht mehr aus", so Gentz. Ein entscheidender Schritt für den Erfolg war daher, sich nicht auf das Geschäftsmodell eines reinen Online-Händlers zu konzentrieren, sondern zu versuchen, alternative Geschäftsmodelle zu erschließen. "Dabei haben wir es immer bevorzugt, neue Sachen inhouse zu entwickeln", so Gentz.

Hierzu zählen beispielsweise auch Projekte wie Zalon oder Wardrobe. Das sind Services, die an anderer Stelle wieder integriert werden können. "Beispielsweise erhalten wir mit Wardrobe Kenntnis darüber, bei welchen anderen Händlern eine Kundin etwas gekauft hat, indem sie über uns alte Kleidung verkauft. Zudem wissen wir dann, dass sie drei alte Hosen weggegeben hat und daher bald neue Hosen benötigt", erklärt der Zalando CEO.

Für die kommenden fünf Jahre plant Zalando vor allem Advertising und Commerce enger zu verknüpfen. Ganz nach dem Vorbild von Alibaba. "Advertising wird als Retailer notwendig. Man muss sich unbedingt strategisch damit beschäftigen", so Gentz. Angst vor großen Playern gibt es aber nicht. "Man muss den Markt immer im Auge behalten und die Innovationskraft im Unternehmen stärken. Dann ist man auch für die Zukunft gut aufgestellt."

Wettbewerb spornt an

Ein weiterer Marktplatzhändler, der sich für die Zukunft gut gerüstet sieht und auch den Wettbewerb mit anderen nicht scheut, ist Amazon. Markus Schöberl, Director Seller Services bei Amazon, meint: "Der Wettbewerb ist gut für den Kunden und treibt die Innovationen in den Unternehmen voran". Auch auf dem eigenen Marktplatz ist die gegenseitige Konkurrenz allgegenwärtig. Aktuell tätigt Amazon rund 50 Prozent der Verkäufe selbst über seinen Marktplatz. Die anderen 50 Prozent erwirtschaften externe Händler. "Die gegenseitige Konkurrenz spornt an", sagt der Director Seller Services.

Aber auch Amazon hat früh erkannt, dass der Handel alleine als Standbein nicht ausreicht. Mittlerweile tummelt sich der E-Commerce-Riese in zahlreichen Bereichen. Ein Segment, das immer mehr an Relevanz gewinnt, ist Amazon Advertising. Der Marktplatz-Betreiber stellt seinen Händlern eigene Werbeangebote zur Verfügung. "Die Prozesse sollen so einfach sein, dass alle Händler Werbung schalten können", erklärt Schöberl. Er gesteht aber ein, dass die Technologie noch vereinfacht werden kann.

Kritischer Blick auf Plattformen

Einen kritischen Blick auf Online-Plattformen warf Marcel Brindöpke, Founder und CEO von heyconnect. Für ihn geht es nicht darum, ob Hersteller mit Plattformen kooperieren, sondern darum, wie diese Kooperationen konkret aussehen.

Das aktuelle Problem sei, dass derzeit eine Übermacht der Marktplätze herrsche. Beispielsweise müssen die Lieferanten gewährleisten, ein Produkt innerhalb von 72 Stunden zu liefern. Die Plattformbetreiber benötigen im Gegenzug, um ein neues Produkt live auf die Seite zu stellen, zwei Wochen oder länger. Doch Brindöpke prognostiziert, dass das klassische Handelsmodell ein Auslaufmodell ist und in der Zukunft eine Umkehr der Beziehungen zwischen Lieferant und Plattformbetreiber stattfinden werde. "Aktuell liegt der Pull von Plattformen auf dem Kunden, bald wird sich dieser aber auch in Richtung der Lieferanten wenden", resümiert der CEO von heyconnect.

Zukunftsmarkt Online-Lebensmittel-Handel

Wie sieht die Zukunft des Online-Handels im Food-Segment aus? Hierzu haben auf der K5 gleich mehrere Start-ups ihre Geschäftsmodelle präsentiert. Allen voran GetNow mit dem ambitionierten Ziel, frische Lebensmittel mit einem Klick innerhalb von 90 Minuten zum Kunden zu liefern. Das Ganze ist allerdings nur mit Hilfe von Partnern wie der Metro AG möglich. Der Service ist zudem nicht nur für den B2C-Bereich, sondern auch für Geschäftskunden verfügbar.

Das Modell funktioniert, indem auf Metroparkplätzen Container stehen, in denen die Mitarbeiter von GetNow sitzen. Ordert ein Kunde Lebensmittel, macht sich ein Mitarbeiter auf den Weg in den Metro-Store und pickt persönlich die frischen Waren. Der Mitarbeiter stellt nach der Kommissionierung entweder die Ware selbst innerhalb der 90 Minuten zu, oder sie wird von einem DHL-Boten vor Ort abgeholt.

Durch die Zusammenarbeit mit dem Metro-Konzern haben die Kunden Zugriff auf ein Sortiment mit über 50.000 Produkten, bei denen täglich das Pricing angepasst wird. Sie können innerhalb von 90 Minuten zugestellt werden. Das ist für ein Start-up in diesem Segment durchaus eine gute Ausgangsposition. Dennoch bleibt das Problem, dass der Marktanteil des Online-Handels mit Lebensmitteln in Deutschland immer noch zwischen 0,5 und einem Prozent liegt. "Daher benötigen wir mehr Player. Nur gemeinsam können wir den Markt durchdringen", sagt Dominic Reinartz, Founder und CEO von GetNow.

Ein weiterer Player im Lebensmittel-Online-Handel

Diese Ansicht teilt auch Frederic Knaudt, Co-Founder und CEO Germany von Picnic. Die Anbieter müssen es vor allem schaffen, die drei Haupt-Hindernisse für einen Kauf von Lebensmitteln im Web zu überwinden. Diese sind der zu hohe Preis, die Wartezeit sowie umständliche Bestellprozesse.

Daher bietet Picnic die Zustellung kostenlos und immer am Folgetag nach Bestelleingang an. Das Lieferfenster wird dabei zunächst auf eine Stunde eingegrenzt, im Laufe des Tages wird es immer konkreter bis hin zu einem Fenster von 20 Minuten. Des Weiteren kann der Fahrer in der App getrackt werden. Das bietet dem Kunden die Möglichkeit, genau zu verfolgen, wo sich der Lieferant befindet. Geliefert wird dabei mit Elektrofahrzeugen. Denn man habe die Erfahrung gemacht, dass der Umweltaspekt für die Kunden eine entscheidende Rolle spielt. "Daher haben wir auch das Material unserer Tüten überarbeitet und nehmen diese außerdem zur Wiederverwendung bei der Folgelieferung wieder mit. Aktuell sind wir in Deutschland in Kaast bei Düsseldorf aktiv. In den kommenden Monaten werden zwei weitere Städte folgen", sagt Knaudt.

Ob die jungen neuen Player den alten Hasen beim Handel mit frischen Lebensmitteln den Rang ablaufen können, wird sich zeigen. Bei Rewe und Co gab es in den vergangenen Monaten keine Innovationen. Auch neue Liefergebiete wurden nicht erschlossen. Vielmehr gingen sie - wie beispielsweise Kaufland - eher einen Schritt zurück.

In jedem Fall braucht es neue, innovative und kundenfreundliche Konzepte, um den Lebensmittelmarkt ins digitale Zeitalter zu holen. Marktpotenzial gibt es bei 195 Milliarden Euro Jahresumsatz alleine in Deutschland sicherlich genug.

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