
Serie, Teil 1 Wenn Shop-Betreiber expandieren: Sprachbarrieren überwinden
Shop-Betreiber können durch Expansion in andere Länder neue Märkte erschließen. Um dort Top-Positionen zu erreichen, müssen sie jedoch einige Besonderheiten beachten.
Von Laura Höß, Teamleader im Bereich Media bei der Online Solutions Group
Wer mit einem Online Shop oder einer anderen Website international agieren möchte, kann seine Zielgruppe im Handumdrehen vervielfachen. Das Potenzial im E-Commerce ist enorm. Ein gutes Ranking der deutschen Seiten nützt beim Gang ins Ausland jedoch erst einmal wenig. Internationales Online Marketing stellt für Website-Betreiber eine Herausforderung dar. Wer in neuen Zielmärkten mit SEO und SEA messbaren Erfolg haben möchte, muss länderspezifische Unterschiede beachten und die richtigen Tricks kennen.
Der erste Teil dieser Serie beschäftigt sich mit sprachlichen und kulturellen Besonderheiten sowie der sinnvollen Vorgehensweise bei internationalen Content- und Keyword-Strategien. Im zweiten Teil stehen dann technische Voraussetzungen, Best-Practice-Prozesse beim Linkbuilding sowie internationale SEA-Kampagnen im Mittelpunkt.
Muttersprachler für den Erstkontakt
Wenn man sich mit seiner Website über den deutschen Sprachraum der DACH-Region hinausbewegen will, stößt man direkt auf die wichtigste und grundlegendste Herausforderung beim internationalen Online Marketing - die Sprache. Dabei gilt ein einfacher, aber wichtiger Grundsatz: Wer professionell in andere Länder vorstoßen möchte, der benötigt entweder Mitarbeiter, die die jeweilige Zielsprache perfekt beherrschen (idealerweise Muttersprachler), oder muss auf die Dienste von Übersetzern und/oder ausländischen Agenturen zurückgreifen.
Die Sprache ist nicht nur wichtig, um ansprechenden Content zu erstellen, der bei den Nutzern im jeweiligen Zielmarkt gut ankommt. Ein ganz wesentlicher Aspekt im Rahmen internationaler SEO- und SEA-Maßnahmen ist auch die Kommunikation mit Kooperationspartnern, Dienstleistern und Agenturen in den einzelnen Ländern.
Partner auf Englisch zu kontaktieren, funktioniert in der Regel im Norden Europas gut (zum Beispiel in Schweden oder in Dänemark). In einigen osteuropäischen Ländern, aber auch beispielsweise in den Niederlanden, führt diese Vorgehensweise allerdings seltener zum Erfolg. Das zeigen Daten aus der Praxis. Für die Vorgehensweise hat es sich als besser erwiesen, die Anschreiben von Muttersprachlern übersetzen zu lassen.
Nachdem die initiale Kommunikation in der jeweiligen Landessprache erfolgt und die erste Hürde überwunden ist, kann die weitere Kommunikation dann meist auf Englisch geführt werden. Dadurch bewahrt man sich die Unabhängigkeit von Freelancern und Übersetzern und kann die Konditionen der Zusammenarbeit schließlich eigenständig aushandeln.
Rechtliche und ökonomische Bedingungen
Internationales Online Marketing bedeutet auch, sich mit Besonderheiten und Regelungen für Websites auseinanderzusetzen. Denn trotz EU gelten in den Ländern unterschiedliche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Das betrifft beispielsweise die juristisch notwendigen Angaben auf einer Website. Nicht überall sind etwa die Regelungen für das Impressum so gestaltet wie in Deutschland.
Bei Shops kommt das Thema Verbraucherschutz hinzu, mit entsprechenden Vorgaben für Garantie- und Gewährleistungsansprüche oder die Rückgabe von Artikeln. Abmahnungen und kostspielige gerichtliche Auseinandersetzungen können den Vorteil der erhöhten Reichweite schnell zunichte machen und sorgen für Frust, Kosten und Ärger. Ein Shop-spezifischer Bereich ist auch - soweit möglich - die Berücksichtigung landestypischer Zahlungsarten durch Einbindung spezieller Payment-Anbieter, um Besuchern den von lokalen Mitbewerbern gewohnten Service bieten zu können (etwa "iDEAL" in den Niederlanden).
Starkes Gefälle beim Know-how
Bei der Suche nach Dienstleistern vor Ort muss beachtet werden, dass sich das vorhandene Know-how und die Kenntnisse beim Online Marketing zwischen den Ländern zum Teil stark unterscheiden. In manchen osteuropäischen Ländern werden erfahrungsgemäß noch Techniken propagiert und angewandt, die nach deutschen Maßstäben als veraltet gelten. Sucht man zum Beispiel in Rumänien nach Kooperationspartnern für SEO-Projekte, findet man viele Agenturen, die als Link-Quellen noch Webkataloge und Bookmarks anbieten. Solche Strukturen können durchaus auch als Vorteil betrachtet werden. Denn in solchen Ländern lassen sich Sichtbarkeit und Keyword-Rankings oft schnell und mit geringem Aufwand stark verbessern.
Großbritannien hingegen ist in Europa technisch betrachtet führend im Online-Marketing, was den Zugang zu diesem Markt deutlich komplexer macht. Ohne qualitativ hochwertige Inhalte kommen hier keine SEO-Kooperationen zustande.
Aufgrund dieser vielfältigen Hürden genügt es meist nicht, Website und Werbemittel "einfach" zu übersetzen, kleine Designanpassungen vorzunehmen und einen einheitlichen Vertriebsweg zu wählen. Wichtig ist, Texte, Design, Keywords und Vertriebswege an den Markt anzupassen, um eine hohe Akzeptanz bei der Zielgruppe zu schaffen.
Länderspezifische Keyword-Analyse
In aller Regel können Keywords nicht eins zu eins von einem auf das andere Land übertragen werden. Bei der Internationalisierung von Webprojekten ist für jedes Land, sowohl bei SEO als auch bei SEA, eine eigene Keyword-Strategie auszuarbeiten, die die Basis für alle weiteren Optimierungsmaßnahmen darstellt und das Suchverhalten im jeweiligen Land und für die jeweilige Sprache abbildet. Durch die Strategie wird sichergestellt, dass die Webseite mit allen wichtigen Keywords des Ziellandes und der Zielsprache gefunden wird.
Hierbei ist zu beachten, dass sich auch das Suchverhalten nach Produkten und Dienstleistungen in den einzelnen Ländern deutlich voneinander unterscheiden kann. Naturgemäß ist etwa die Nachfrage nach Winterstiefeln in wärmeren Ländern wie Spanien oder Portugal geringer als in Deutschland oder Skandinavien.
Umgekehrt kann die Saison für Bademode in südlichen Ländern länger sein als im Norden Europas. Diese Unterschiede in der länderspezifischen Nachfrage gilt es bei der Priorisierung entsprechend zu berücksichtigen. Bei der Recherche der für das jeweilige Zielland wichtigen Keywords kann der Keyword-Planer genutzt werden. Hier kann die Recherche außer auf das Zielland auch auf eine Sprache begrenzt werden. Außerdem hat es sich bewährt, auch die Top-Adwords-Keywords in die Analyse einfließen zu lassen.
Internationale
Content-Strategie
Bei der Ausarbeitung einer globalen Keyword-Strategie ist weiterhin zu berücksichtigen, dass sich der Wettbewerb für ein Angebot in den einzelnen Ländern zum Teil erheblich unterscheidet. Die verschiedenen Strategien der Konkurrenten sind bei der Internationalisierung zu berücksichtigen. Wenn in Ländern starker Wettbewerb für ein Produkt herrscht, muss dies bei der Zuteilung von Ressourcen entsprechend beachtet werden.
"One fits all" gilt beim internationalen Online Marketing leider generell nicht. Es reicht nicht aus, Texte für Webseiten oder Adwords-Anzeigen einfach eins zu eins übersetzen zu lassen. Das liegt unter anderem daran, dass hier eine ganze Reihe von "interkulturellen Fettnäpfchen" lauern. Ein Beispiel: Das englische Wort "Sale" ist im Rahmen von Sonderaktionen auch in deutschen Online Shops durchaus gebräuchlich geworden. In einem Webshop für den französischen Markt sollte dieser Anglizismus jedoch tunlichst vermieden werden, denn das Wort "sale" bedeutet im Französischen "schmutzig".
Selbst bei der vergleichsweise einfach erscheinenden Expansion in andere deutschsprachige Länder sind einige Besonderheiten zu beachten. In der Schweiz gibt es zum Beispiel kein "ß", hier werden alle Wörter mit einem Doppel-s geschrieben. Dies ist bei der Optimierung von deutschen Texten für den Schweizer Markt unbedingt zu beachten.
Außerdem existieren in Deutschland, Österreich und der Schweiz teilweise unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dasselbe Produkt. So spricht etwa der Schweizer nicht vom "Handy", sondern vom "Natel". Und wer in dem Alpenland mit einer Fahrrad-Seite weit oben in den Rankings erscheinen und viele Zugriffe verzeichnen möchte, der sollte darauf achten, dass sein Content sowohl den deutschen Suchbegriff "Fahrrad" als auch das im Schweizerischen übliche "Velo" abdeckt.
Wer die genannten Aspekte berücksichtigt, ist bereits auf einem guten Weg, sinnvollen und länderspezifisch angepassten Content für sein Projekt zu erstellen. Im zweiten Teil der Serie beschäftigen wir uns mit der technischen Seite und den Besonderheiten beim Link-Aufbau im internationalen Online Marketing.