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Stephanie Oppitz

Stephanie Oppitz, Windelmanufaktur "Es ist erschreckend, wie wenig Seller auf Amazon Frauen sind"

Stephanie Oppitz, Gründerin der Windelmanufaktur

Amac Garbe/ www.amacgarbe.de

Stephanie Oppitz, Gründerin der Windelmanufaktur

Amac Garbe/ www.amacgarbe.de

Stephanie Oppitz betreibt einen Webshop für Stoffwindeln, 2016 hat sie am Förderprogramm "Unternehmer der Zukunft" teilgenommen. Im Interview erzählt sie von ihren Erfahrungen und warum sich in diesem Jahr ausschließlich Frauen bewerben dürfen.

Die Gründerin der "Windelmanufaktur", Stephanie Oppitz, hat mit ihrem Webshop für Stoffwindeln offenbar den Zeitgeist getroffen. Denn immer mehr Eltern machen sich Gedanken darüber, wie sie umweltbewusster handeln und die Berge an Windelmüll reduzieren können. Dass ihr Shop erfolgreich ist, hat sie auch dem Förderprogramm von Amazon "Unternehmer der Zukunft" zu verdanken, an dem sie im vergangenen Jahr teilgenommen hat.

Für die aktuelle Ausgabe des Programms dürfen sich ausschließlich Frauen bewerben. Wir haben mit ihr über die Entwicklung ihres Unternehmens gesprochen, was das Förderprogramm ihr gebracht hat und wie sie es findet, dass das Programm dieses Jahr exklusiv für Händlerinnen ist.

Amazon soll einen zweiten Anlauf mit einer Windel-Eigenmarke starten und auch windeln.de hat jüngst eine eigene Windel auf den Markt gebracht. Warum ist der Online-Handel mit Windeln so attraktiv?
Stephanie Oppitz: Also zunächst ist es so, dass die Märkte von Wegwerf-Windeln und Stoffwindeln zwei völlig verschiedene sind. In diesem Segment finden nur noch geringe Marktverschiebungen statt. Aus Kundensicht ist der Online-Handel mit Wegwerf-Windeln aus dem Grund attraktiv, weil Eltern das Produkt immer wieder brauchen, daher Abo-Modelle einfach und unkompliziert sind und sie die unhandlichen Windelpakete nicht nach Hause schleppen müssen.

Der Online-Handel mit Stoffwindeln bietet sich an, weil es sich dabei derzeit noch um ein Nischenprodukt handelt. Aus diesem Grund findet man eher selten stationäre Läden, insbesondere in ländlichen Gegenden, die Stoffwindeln in der Form wie wir sie bieten, verkaufen. Daher kaufen die Leute solche Windeln online. Hinzu kommt, dass diese 'moderne' Elternschaft heute vermehrt online unterwegs ist.
 
Handelt es sich bei Stoffwindeln gerade um einen Trend?
Oppitz: Also an sich gab es Stoffwindeln schon die ganze Zeit. Aber mit dem aufkommenden Umweltbewusstsein, also beispielsweise seinen Plastikmüll zu reduzieren, nachhaltig zu leben etc. haben auch die Stoffwindeln ein kleines Comeback gefeiert. Aber ich glaube, dass es sich dabei um keinen Trend handelt, sondern eher um eine Entwicklung wie das Aufkommen von Bio-Läden vor einigen Jahren. Und zwar deshalb, weil es heute eben Stoffwindeln gibt wie unsere, die beim Wickeln keinen Mehraufwand im Vergleich zu den Wegwerf-Windeln verursachen. Das war früher alles viel unpraktischer und mit wesentlich mehr Arbeitsaufwand verbunden.
 
Warum verkaufen Sie ihre Produkte neben ihrem Online Shop auch über Amazon und nehmen zudem am FBA-Programm teil?
Oppitz: Einer der Hauptgründe auch auf Amazon präsent zu sein und am FBA-Programm teilzunehmen, war die Möglichkeit, unsere Waren auch international vertreiben zu können. Das wäre für uns ansonsten nicht so einfach möglich gewesen. Aktuell verkaufen wir unsere Windeln über die Amazon-Marktplätze Frankreich, Italien und England in 26 europäische Länder. Ein weiterer Grund war die Erschließung weiterer Zielgruppen, die wir mit unserem Online Shop gar nicht beziehungsweise sehr schwer hätten erreichen können.
 
Bei den Paketen, die Sie selbst versenden, legen Sie sehr viel Wert auf die ökologische Verpackungen und Sie verwenden beispielweise auch Kartons mehrmals. Wie gewährleisten Sie den ökologischen Aspekt bei den Paketen, die von Amazon für Sie versendet werden?
Oppitz: Bei diesen Paketen können wir das nicht gewährleisten, weil wir darauf keinen Einfluss haben. Amazon verpackt unsere Pakete genau wie alle anderen auch. Aber wir versuchen natürlich auch bei der Verpackung unserer Produkte für Amazon den Verpackungsmüll zu reduzieren, beispielsweise durch Papierklebeband oder gebrauchte Umkartons.

Im vergangenen Jahr waren Sie eine der Erstplatzierten des Förderprogramms von Amazon "Unternehmer der Zukunft". Ziel des Programms ist es unter anderem dabei zu helfen, das digitale Geschäft im Online-Handel auf- beziehungsweise auszubauen. Wie wurden Sie auf das Programm aufmerksam und warum haben Sie sich beworben?
Oppitz: Auf das Programm bin ich über einen Newsletter aufmerksam geworden und habe mich dann von dort aus weiter informiert. Allerdings bin ich sehr selbstkritisch und wusste lange Zeit nicht, ob ich mich wirklich bewerben soll. Ein Punkt war auch, dass für unseren Shop soziale und ökologische Werte enorm wichtig sind, die man nicht zwangsläufig auch mit Amazon verbindet. Daher habe ich mir Fragen gestellt wie: Passen wir da wirklich hin? Ist das mit unseren Werten vereinbar? Aber wir verfolgen auch den Grundsatz: Jede eingesparte Wegwerf-Windel zählt. Daher dachte ich mir: Wenn die Leute auf Umwegen über Amazon mehr Umweltbewusstsein entwickeln und dadurch ihren Kindern Chemikalien, ihrem Geldbeutel Ausgaben und der Umwelt Müll ersparen, ist das eine gute Sache. Vor diesem Hintergrund ist der Vertriebskanal nicht der entscheidende Punkt und ich habe mich dazu entschieden, mich für das Förderprogramm zu bewerben. Aber selbst als ich die Zusage erhalten habe, muss ich ehrlicherweise sagen, war ich immer noch skeptisch, ob es das Richtige ist.

Hatten Sie die Befürchtung, für Werbezwecke von Amazon benutzt zu werden?
Oppitz: Jedem Händler ist schon klar, warum Amazon das macht. Die wollen gute Publicity. Aber Amazon hat auch aufgepasst, dass der Fokus nicht auf dem eigenen Markplatz liegt. Es wurde genauso dezidiert über eBay, Rakuten und Co. gesprochen und die Händler bei ihren jeweiligen Auftritten unterstützt. Und wir Händler sind ja auch nicht dumm, wir bewegen uns in diesem Marktsegment und können schon ganz gut beurteilen, ob wir wirklich gefördert werden oder ausschließlich für die eigenen Zwecke benutzt werden. Wäre das der Fall gewesen, hätte ich das Programm nicht absolviert. Ich war wirklich zufrieden wie fair und transparent Amazon das gestaltet hat.

Welche Learnings haben Sie durch das Programm gewonnen?
Oppitz: Das Programm hat unserem Shop auf vielen Ebenen weitergeholfen. Ein praktischer Aspekt war, dass wir einen Account-Manager bekommen haben, der uns sehr dabei geholfen hat unsere Sachen an den richtigen Stellen einzustellen. Mittlerweile sind wir auf dem Amazon-Marktplatz und bei Amazon Handmade vertreten. Ohne die Unterstützung hätte ich das Ganze wahrscheinlich nicht so durchziehen können, wie wir es letztendlich mit dem Support machen konnten. Wir waren zwar schon vor dem Programm auf dem Amazon-Marktplatz, aber nur in sehr kleinem Umfang. Den Schritt mit Handmade und der Internationalisierung hätte ich wahrscheinlich alleine nie gewagt. Man muss aber auch sagen, dass wir mit unserem Coach, Jörg Kundrath von Kavaj, perfekt zusammengearbeitet haben.

Ein weitere Aspekt war, dass ich das Business des Online-Handels und die Potenziale erst durch das Programm tatsächlich durchblickt habe. Für unsere Gesellschaft und gerade für Frauen bieten solche Geschäftsmodelle enorme Möglichkeiten. Beispielsweise für Frauen in Elternzeit birgt die Digitalwirtschaft große Chancen beruflich neu durchzustarten.

In diesem Jahr fokussiert sich das Programm ausschließlich auf Händlerinnen und es sind als Partner "Women in Digital" und der VdU - Verband deutscher Unternehmerinnen neu mit dabei. Wie finden Sie das?
Oppitz: Ich finde das super. Ich hatte mich im letzten Jahr tierisch beschwert, dass überall nur Männer vertreten waren. Auch in der Jury saß keine einzige Frau und alle Coaches waren Männer. Ich hab mich die ganze Zeit gefragt, wo sind den all die fähigen und kraftvollen Frauen? Wenn man Kinder hat, stellt man oft nochmal andere Anforderungen an die Gesellschaft und ich wünsche mir dort eine stärkere Teilnahme der Frauen. Dementsprechend war ich ganz und gar nicht begeistert, dass dann auch bei der Abschlussveranstaltung in München wieder hauptsächlich nur Männer anwesend waren. Daher habe ich mich sehr gefreut, dass in diesem Jahr ausschließlich Frauen mitmachen dürfen. Es ist erschreckend, wie wenig Seller auf Amazon Frauen sind. Das muss sich unbedingt ändern.

Produktionssteuerung, Markenaufbau, -kommunikation

Sie werden als Coach die neuen Bewerberinnen unterstützen. Was werden dabei ihre Aufgaben sein?
Oppitz: Zuerst werden alle Coaches die Bewerbungen sichten und dann den Händlern die passenden Betreuer zuordnen. Also bei uns wäre das dann beispielsweise Händler, deren Produkte sich ebenfalls im Öko-Premiumsegment bewegen und die den Wunsch haben, ein nachhaltiges Online Business aufzubauen und nicht nur das schnelle Geld im Netz machen möchten. Konkret werden die Teilnehmer dann von mir in den Bereichen Produktionssteuerung, Markenaufbau, -kommunikation unterstützt werden. Und natürlich von meinem Netzwerk profitieren.
 
Nach welchen Kriterien werden die Coaches ausgewählt?
Oppitz: Wie genau sie ausgewählt werden, weiß ich gar nicht. In jedem Fall sind in diesem Jahr wieder Betreuer aus dem letzten Jahr dabei, dann Coaches wie ich, die im letzten Jahr in einer Kategorie den ersten Platz belegt haben und für dieses Jahr wurden auch speziell Frauen aus der Digitalbranche angefragt, unter anderem wird Alexandra Zanders (Anm. d. Red.: Director E-Commerce bei Christ) mit dabei sein.

Welche Punkte haben Ihnen bei dem Programm gefehlt? Wo besteht noch Verbesserungsbedarf?
Oppitz: Also ein wichtiger Punkt war, dass mir einfach die weibliche Komponente im Programm gefehlt hat - und zwar überall. Aber das hat sich ja dadurch, dass 'Women in Digital' nun Kooperationspartner sind, geändert. Alles andere, was ich vermisst habe, konnten wir im Laufe des Programms ergänzen. Denn es war ja das erste Mal, dass es stattgefunden hat. Daher war nichts in Stein gemeißelt, sondern es wurde auf individuelle Bedürfnisse eingegangen. Das macht aber auch einfach Sinn, denn manche sind schon auf vielen Markplätzen vertreten und brauchen weniger Support bei technischen Dingen, und andere Händler hatten nicht mal einen Online-Auftritt. Die Teilnehmer muss man an ganz unterschiedlichen Punkten abholen.

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