
Multichannel-Aktivitäten Ran an den Online-Erfolg: Die Beauty-Branche im Umbruch
Douglas will mit der Übernahme von Parfumdreams seine Position stärken. Doch im Beauty-Segment greifen auch Pure Player und Plattformen nach dem Online-Erfolg.
Als Nachzügler gestartet, wird der Kosmetikbereich im Online-Handel immer wichtiger. Das belegen die verstärkten Multichannel-Aktivitäten der etablierten Player, das starke Wachstum der spezialisierten Online-Shops sowie der Einstieg von Größen wie Otto und Zalando in das Segment. Für den Paukenschlag sorgte nun Branchenaushängeschild Douglas mit der Übernahme des Internet-Versenders Parfumdreams: Das Geschäft mit Beauty-Artikeln im Netz boomt und wer dabei eine Rolle spielen will, muss sich jetzt um Marktanteile bemühen.
Dabei befindet sich Douglas in einer kuriosen Rolle. Einerseits ist der stationäre Marktführer (Gesamtumsatz 2016/17: 2,8 Milliarden Euro) auch im Internet mit einem Umsatz von 383 Millionen Euro mit Abstand die Nummer eins. Doch gemessen an der stationären Größe bleibt das Unternehmen damit weit unter seinen Möglichkeiten. Lange hat sich Douglas damit begnügt, mit seinen Online-Kanälen Bestandskundenpflege zu betreiben, anstatt im Internet aktiv Neukunden zu gewinnen. Erst in den letzten fünf Jahren gewann das Online-Wachstum von Douglas an Dynamik - zuletzt kam das Unternehmen hier auf eine Steigerung von 18 Prozent.
Doch gleichzeitig nahm nicht nur die Zahl der Online-Wettbewerber deutlich zu, sondern auch das von diesen erzielte Umsatzvolumen. Nachdem Douglas im zurückliegenden Weihnachtsquartal ein Umsatzminus von 5,5 Prozent einfuhr, schrillten bei dem Unternehmen die Alarmglocken. Die seit November 2017 als CEO amtierende Tina Müller soll Douglas nun wieder auf Kurs bringen. Dafür bringt Müller langjährige Erfahrung aus dem Beauty-Bereich mit und verantwortete zuletzt beim Autohersteller Opel als Marketingchefin die Kampagne "Umparken im Kopf". Gespannt beobachtet die Branche, wohin die Managerin Douglas steuert.
Geht die Strategie von Douglas auf?
Ein erster Akzent war die Online-Schwerpunktverlagerung von Multichannel hin zur Plattform. Anstelle des bisherigen auf kanalübergreifende Prozesse fokussierten E-Commerce-Teams rekrutierte Müller rund um den Jahreswechsel vier Digital-Expertinnen, die Douglas in Zukunft neben Plattformunternehmen wie Amazon und Zalando positionieren sollen. Der zweite große Akzent, den die neue Douglas-Chefin setzt, ist nun die Übernahme von Parfumdreams. Der Online Shop entstand 2004 aus der stationären Kette Parfümerie Akzente, die 28 Filialgeschäfte in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein betreibt. Lange war Parfumdreams Umsatzführer unter den Pure Playern in dem Segment, bevor im vergangenen Jahr das wachstumsstärkere Flaconi an dem Unternehmen vorbeizog. Parfumdreams steigerte seinen Umsatz 2017 von 72 Millionen Euro auf 89 Millionen Euro.
Damit kommt die Übernahme zu einem Zeitpunkt, an dem die Stärke beider Unternehmen zumindest angekratzt ist. Douglas-Chefin Müller gibt sich dennoch optimistisch: "Mit der Übernahme des Online-Pioniers Parfumdreams schärfen wir unseren E-Commerce-Fokus, treiben die Digitalisierung unserer Marke weiter voran und stärken so unsere Position als eine der ersten Adressen für Beauty und Kosmetik in Europa."
Auch Parfumdreams-Geschäftsführer Kai Renchen, der das Unternehmen weiter leiten wird und in das Management von Douglas einzieht, sieht in dem Zusammenschluss eine deutliche Stärkung: "Mit Douglas haben wir den idealen Partner für unser Unternehmen gefunden. Unter dem Dach eines der führenden Beauty-Händler in Europa wird Parfumdreams seine E-Commerce-Kompetenzen und seine einzigartige Service-Orientierung noch breiter ausspielen können." Douglas hat angekündigt, beide Webshops künftig im Rahmen einer Zwei-Marken-Strategie weiterzuführen. Doch ob das bereits genügen wird, um dem gestiegenen Wettbewerbsdruck standzuhalten?
Pure Player Flaconi mit großer Dynamik
Möglicherweise wäre Flaconi der geeignetere Übernahmekandidat für Douglas gewesen. Mit einem Wachstum um 60 Prozent auf 97 Millionen Euro entwickelte sich der zur Nucom Group von ProSiebenSat.1 gehörende Pure Player im vergangenen Jahr hochdynamisch. Vor allem gegenüber den Multichannel-Anbietern in der Branche sieht Finanzchefin Kathrin Nusser Flaconi bestens aufgestellt: "Als Pure Player gehen wir an manche Dinge anders heran und können mutiger und flexibler agieren." Dadurch, dass Flaconi die komplette Supply Chain innehabe, könne der Online-Händler beispielsweise Launches maßgeschneidert begleiten. Das Unternehmen entscheide datenbasiert und könne in Echtzeit reagieren und sein Angebot so an die Bedürfnisse der Kunden anpassen. "Das ist der Vorteil, den ein Online Pure Player hat, und das hat Douglas mit dem Kauf von Parfumdreams auch erkannt", erklärt Nusser. Flaconi selbst wolle seine Stärken weiter ausbauen: "Wir haben inhouse eine eigene Unit ins Leben gerufen, die Private-Label-Produkte für uns entwickelt. Und wir wollen nicht nur in Deutschland rasant weiterwachsen, sondern ab diesem Jahr auch international."
Offen lässt die Flaconi-Geschäftsführerin, ob das aus eigener Kraft geschehen soll oder auch Akquisitionen geplant sind - immerhin stellte Nucom-Chef Claas van Delden erst unlängst Zukäufe im Ausland in Aussicht. Im Beauty-Bereich käme dabei neben dem in Tschechien beheimateten Notino, das 1998 unter dem Namen Iparfumerie in den deutschen Markt einstieg, und dem Easycosmetic.de-Betreiber Beauty Perfectionists vor allem die britische Hut Group infrage. Das Unternehmen betreibt weltweit eine Vielzahl von Online Shops - eine Reihe davon im Kosmetikbereich - und übernahm Ende 2017 den Beauty-Box-Versender Glossybox.
Online-Plattformen wie Otto und Zalando
Neben den Beauty-Spezialisten sorgen inzwischen auch breit aufgestellte Online-Plattformen wie Otto und Zalando in dem Segment für Bewegung: Otto durch seine im Oktober 2017 gestartete Vertriebskooperation mit L’Oréal und Zalando mit dem vor wenigen Wochen live gegangenen Zalando Beauty. "Der europäische Markt für Beauty-Produkte liegt bei jährlich rund 83 Milliarden Euro Umsatz mit einem Online-Anteil von etwa fünf Prozent. Das unterstreicht die Gelegenheit für einen Markteintritt", erklärt die für den Produktbereich zuständige Managerin Claudia Reth die Motivation von Zalando.
Das Beauty-Sortiment setze sich aus einem Mix aus eigenen Wholesale-Artikeln und Partnerangeboten zusammen. Auch wenn man klar Marktanteile im Online Beauty Shopping gewinnen wolle, unterscheide sich die Zielsetzung von Zalando vom Wettbewerb: "Unser Kerngeschäft liegt im Modebereich. Doch wir freuen uns darauf, unseren Kunden die Möglichkeit zu bieten, ihren Look mit den richtigen Beauty-Produkten zu vervollständigen, und heben durch eine umfassende Style-Beratung Cross-Selling auf die nächste Stufe." Ziel sei es, die bisher getrennten Welten von Beauty und Fashion zu verbinden.
Auf die Vorteile dieser Kombination setzt auch Otto.de bei der Zusammenarbeit mit L’Oréal: "Im Beauty-Online-Handel stehen einem verhältnismäßig geringen Warenwert relativ hohe Transaktionskosten gegenüber. Hier können wir aber mit der Breite und Tiefe unseres gesamten Sortiments sowie unserer Fashion-Stärke punkten: Wer auf Otto.de einkauft, packt auch schnell mal Make-up, Mascara oder Duschgel in seinen Warenkorb. Davon profitiert der Kunde genauso wie Otto", erklärt Categories-Bereichsvorstand Michael Heller. Die Kooperation mit dem französischen Kosmetikriesen habe sich bereits im ersten halben Jahr als Erfolg erwiesen.
"Die Nachfrage nach den Produkten ist so hoch, dass wir umgehend reagiert und das Sortiment inzwischen von 1.000 auf fast 1.600 Artikel aufgestockt haben", berichtet Heller. "Verstärkt durch unsere Kooperation mit L’Oréal sind zudem auch andere, namhafte Kosmetikkonzerne auf uns zugekommen, mit denen wir gerade Gespräche führen." Otto wolle sich deshalb im Beauty-Segment künftig noch breiter aufstellen.
Die Marken setzen auf Amazon
Als Vertriebspartner der Marken haben die Plattformanbieter Otto und Zalando - wie auch Douglas - allerdings einen großen Konkurrenten: Amazon. Ein gutes Beispiel dafür ist der Pflanzenkosmetikhersteller Yves Rocher. Das Unternehmen mit Wurzeln im Versandhandel vertreibt seine Produkte ausschließlich über die eigenen Kanäle. Neben dem traditionellen Versand sind das eigene Stationärgeschäfte sowie der vor 15 Jahren eröffnete Online Shop. "Wir mögen es, direkt mit unseren Kunden zu sprechen", erzählt Pascal Kässmann, Head of Digital bei dem Unternehmen. Es gehe dabei um Themen wie Kundenvertrauen und -loyalität, aber auch um die Hoheit über die Kundendaten. "Ein Verkauf über Online Shops kommt für uns deshalb nicht infrage", erklärt Kässmann. Eine Ausnahme stelle jedoch Amazon dar, wo Yves Rocher als Marketplace-Anbieter aktiv ist. "Klar, das ist ein Spagat. Aber wir haben uns dazu wegen der unheimlich hohen Relevanz von Amazon entschlossen." Für die Zukunft will Kässmann auch eine Präsenz bei Otto oder Zalando nicht ausschließen, stellt aber klar: "Heute ist das für uns kein Thema."
Wenn schon Zalando und Otto "kein Thema" sind - welche Chance haben dann erst die Plattformpläne von Douglas? Neben der Relevanz bei der Zielgruppe wird es hier vor allem um die Reichweite gehen. Noch ist nicht gesetzt, wer in der Kosmetikbranche von morgen die relevanten Player sein werden. Doch ist klar, dass heutige Marktmacht und langjährige Erfahrung dafür keine Garantie bieten.
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