
Interview Karstadt: "Wir werden online Geld verdienen"
Karstadts E-Commerce-Leiter Klaus Haensch will online kein Geld verbrennen
Karstadts E-Commerce-Leiter Klaus Haensch will online kein Geld verbrennen
Für den rigiden Sparkurs in Sachen Omnichannel hat Karstadts E-Commerce-Leiter Klaus Haensch für viel öffentliche Kritik gesorgt. Im Interview mit INTERNET WORLD Business rechtfertigt er die Strategie.
Karstadt.de setzt in Sachen E-Commerce den Rotstift an. Wie Internetworld.de bereits vor einigen Wochen berichtete, will E-Commerce-Leiter Klaus Haensch Karstadts Omnichannel-Strategie drosseln. Das aktuell noch 140.000 Produkte umfassende Online-Sortiment soll deutlich verkleinert werden. Statt 300 Millionen Euro Online-Umsatz werden jetzt nur noch Umsätze im mittleren zweistelligen Millionenbereich avisiert. Auch beim E-Commerce-Team wird gespart. Gegenüber INTERNET WORLD Business rechtfertigt Haensch seine Pläne.
Herr Haensch, es kann doch für ein Unternehmen Ihrer Größe und Ihrer Bekanntheit kein zufriedenstellendes Ziel sein, E-Commerce-Umsätze im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich anzupeilen. Warum agieren Sie derart zögerlich?
Klaus Haensch: Es kann für niemanden ein zufriedenstellendes Ziel sein, Geld zu vernichten. Wir agieren nicht zögerlich, sondern kaufmännisch sinnvoll: Wir wollen und werden online Geld verdienen. Der weit überwiegende Teil der Online-Händler tut das nicht. Wir konzentrieren uns jetzt im ersten Schritt auf die Warenbereiche, die wir mit unseren vorhandenen Systemen sehr gut anbieten können und verzichten bewusst auf bestimmte Produktbereiche beziehungsweise schränken diese ein, um das Kundenvertrauen zu rechtfertigen und wollen nicht überall mit durchschnittlicher Leistung alles "mitbesetzten". Der Kunde hat ein unverändert hohes Vertrauen in die Marke Karstadt und eine entsprechend große Erwartungshaltung an die Leitungsfähigkeit.
Wir machen jeden Tag unsere Hausaufgaben im Detail und haben auch noch viele von diesen Aufgaben vor uns. Das ist manchmal wenig sexy, aber schafft die Fakten für eine erfolgreiche wirtschaftliche Neuausrichtung mit durchgängig überzeugten Kunden. Wenn wir solide aufgestellt sind, werden wir im zweiten Schritt Wachstum planen – aber wir wollen profitabel wachsen!
Dass wir jetzt Kosten senken, ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass unter dem alten Management unnötige Doppelkapazitäten geschaffen wurden - etwa eine zweite Einkaufsorganisation, die wir einfach nicht brauchen.
Von welchen Warensegmenten versprechen Sie sich denn künftig noch Potenzial im Web? Warum setzen Sie unter anderem auf Elektronik, wo der Wettbewerb und der Preiskampf fast am stärksten sind?
Haensch: Wir setzen auf die Segmente, die sich von uns online profitabel verkaufen lassen, in denen wir Kompetenz haben und die unsere Kunden bei uns auch suchen. Dazu gehören weder Spielwaren, noch Kinderbekleidung oder Bücher, aber sehr wohl beispielsweise Matratzen, Heimtextilien, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte und auch Produkte, die zwischen Wellness und Sanitätshaus angesiedelt sind. Wir mögen Produkte und nicht einfach nur Online-Handel. Und Karstadt hat nach wie vor eine unglaubliche Markenstärke und extrem loyale Kunden. Um die wollen wir uns auf allen Kanälen kümmern: um unsere Stammkunden und um nichts anderes.
Harte Realität der Logistikkosten
Was sehen Sie für Ihr Unternehmen als größte Barrieren im E-Commerce/Omnichannel-Handel?
Haensch: In Deutschland trifft E-Commerce auf die harte Realität der Logistikkosten und unter anderem deshalb scheitert die Übertragung selbst erfolgreicher internationaler E-Commerce-Konzepte auf Deutschland so oft. Genau deshalb gestalten wir unser Online-Geschäft auch sortimentsseitig so, dass uns die Logistikkosten nicht beeinträchtigen. Wir haben den starken Fashion-Anteil aus verschiedenen Gründen auf ein gesundes Maß heruntergefahren, aber eben auch, weil es sich überspitzt gesagt für uns nicht lohnt, T-Shirts mit ihrer textiltypischen hohen Retourenquote durch Deutschland und wieder zurück zu senden.
Kunden erwarten inzwischen Omnichannel. Welche kanalverknüpfenden Services wollen Sie künftig noch bieten? Warum sehen Sie Omnichannel so kritisch?
Haensch: Wir sehen Omnichannel nicht kritisch, wir sind im Gegenteil einer der Player, die durch ihre Flächenpräsenz und Markenbekanntheit überhaupt in der Lage sind, Omnichannel wirklich abzubilden. Es nützt nichts, Omnichannel auszurufen, aber keine stationären und noch dazu in den Innenstädten auch gut erreichbaren Filialen zu haben. Wir können das. Wir erleben ja beispielsweise bei Click & Collect in den 81 Filialen, dass Omnichannel funktioniert und zwar von online in die Filiale und umgekehrt. Aber wir wollen Omnichannel, der erfolgreich ist, und dazu gehört eben nicht jedes Produkt bis hin zum Kaffeelöffel, Nähgarn oder Sockenpaar auch online zu haben.
Liegt Ihnen zu dem Thema noch etwas auf dem Herzen?
Haensch: Mir liegen unsere Kunden am Herzen egal in welchem Kanal. Händler, auch Online-Händler, sollten sich weniger mit sich selbst und mehr mit ihren Kunden befassen. Darum geht es - egal ob saniert oder expandiert wird.
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