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Karel Golta

Nachhaltigkeit im Handel Karel Golta: "Wir leben in einer brutalen Blase mit ganz viel Wunschdenken"

Karel Golta, Sprecher und KI-Experte

Klaus Heinzler

Karel Golta, Sprecher und KI-Experte

Klaus Heinzler

Die meisten Menschen wissen vermutlich gar nicht, was Kreislaufwirtschaft eigentlich ist, sagt Karel Golta, Founder & CEO der Indeed Innovation GmbH. Im Interview erklärt er seinen Blick auf das Thema Nachhaltigkeit und erläutert, wie sich der Handel wandeln kann.

Der Sprecher und KI-Experte Karel Golta ist mit "Indeed Innovation" spezialisiert auf Innovationsberatung und -entwicklung. Mit der Kraft des Designs will er die Auswirkungen des Menschen auf den Planeten umkehren und eine lebenswertere Zukunft auf der Erde schaffen. Im Interview mit INTERNET WORLD spricht Golta über den Wandel beim Konsumverhalten, Zirkularität und warum die Schweizer vor 40 Jahren ihren Müll klein schnibbelten.

In einer Capgemini-Umfrage kritisierte vor Kurzem jeder zweite Verbraucher, Unternehmen würden zu wenig tun, um die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Was sagen Sie aus der Perspektive eines Produktdesigners dazu?

Karel Golta: Da muss ich jetzt schon ein bisschen schmunzeln. Denn die meisten Menschen wissen vermutlich gar nicht, was Kreislaufwirtschaft eigentlich ist. Oder noch schlimmer: Sie verwechseln das Kreislaufwirtschaftsgesetz mit dem, was wir Zirkularität nennen. Und das gilt nicht nur im Privatbereich, sondern auch in den Unternehmen. Tatsächlich ist die Welt ungefähr zu acht bis neun Prozent kreislauffähig oder zirkulär. Und dieser Wert ist in den vergangenen Jahren leider nicht gestiegen, sondern gesunken. Das ist nicht gut, und zwar für niemanden. Aber: Bislang war Corporate Social Responsibility ein Hygienefaktor, eine Marketing-Story oder ein Mittel zur Selbstdarstellung, damit man an den Finanzmärkten Geld bekommt. Doch nun spielt das Thema Zirkularität eine immer größere Rolle. Der Manager für Circular Economy eines großen deutschen Unternehmens sagte neulich sehr schön: Das ist eine License to Operate, eine Necessity. Wir können ja gerade in der Bauwirtschaft oder in der Automobilindustrie sehr gut beobachten, was passiert, wenn nicht mehr genügend Material zur Verfügung steht, entweder weil ein Tanker festklemmt oder weil einfach nicht genug davon da ist. Und neulich habe ich gehört, dass die Abfallwirtschaft global gesehen den Umsatz der gesamten globalen Pharmaindustrie in weniger als fünf Jahren übertrumpfen wird. Man muss nicht mehr grün sein, weil es zum Ton dazu gehört, sondern weil es wirtschaftlich anders gar nicht mehr geht.

Meine Kinder kaufen lieber viele billige Klamotten als wenige teure und hätten gern stets das neueste iPhone-Modell. Habe ich in der Erziehung versagt oder vermitteln die Medien einfach ein falsches Bild von der vermeintlich nachhaltigen GenZ?

Golta: Wir leben in einer brutalen Blase, mit ganz viel Wunschdenken. Dabei brauchen wir eine Renaissance der Mathematik und der Messung. Nur die wenigsten Unternehmen wissen, bevor sie etwas produzieren, welchen Impact und welche Emissionen sie erzeugt haben. Bei den meisten sammeln die CSR-Abteilungen zwar fleißig Daten, doch die fließen nie in die Entwicklungsabteilungen ein. In Berlin hat Penny einmal in einem Supermarkt einen Tag lang die Preise so ausgezeichnet, wie sie wären, wenn man alles miteinbeziehen würde. Da war das Fleisch plötzlich drei bis vier Mal so teuer. Aber das war leider nur eine Kampagne. Und dann sind die Zusammenhänge ja auch gar nicht so einfach: Ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Da hat die Müllverwaltung schon vor 40 Jahren festgestellt, dass die Abfallmengen dramatisch steigen und hat für jeden Müllsack 1,50 Franken berechnet. Da haben die Schweizer ihre Scheren ausgepackt und den Müll in mühevoller Fleißarbeit klein geschnitten. Doch auf einmal hatten die Müllverbrennungsanlagen nicht mehr genügend Müll. Aber mit Energie durch verbrannten Müll verdienen sie Geld.

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