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Marco Hierling, Geschaeftsfuehrer AlphaPet und Premium Pets

AlphaPet Ventures "Wir digitalisieren den Heimtiermarkt"

Marco Hierling ist mit Hunden aufgewachsen: Seine Mutter führte eine Hundeschule. 2009 gründete er Pets Premium, das 2016 mit ePetsworld zusammenging und inzwischen unter den Dach von AlphaPet Ventures firmiert.

Unternehmen

Marco Hierling ist mit Hunden aufgewachsen: Seine Mutter führte eine Hundeschule. 2009 gründete er Pets Premium, das 2016 mit ePetsworld zusammenging und inzwischen unter den Dach von AlphaPet Ventures firmiert.

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Frisches und Gesundes für Tiere: AlphaPet, aus der Fusion mit ePetWorld und Pets Premium entstanden, will diesen Markt mit neuen Marken bedienen und so das Multichannel-Geschäft ausbauen.

Wild an Kürbis und Preisselbeeren, mit einem Hauch Wildkräuter und Distelöl: Auch Hund und Katz dürfen jetzt schlemmen. BARF heißt der neueste Trend, kurz für biologisch artgerechte Rohfütterung oder Bones and Row Food: Das ist artgerechtes Futter, möglichst aus frischer Bioware und nachhaltig hergestellt. Und es wird oft im Internet bestellt. Obwohl es gerade der Renner auf dem Tierfuttermarkt, hat sich vor Kurzem mit Petsdeli ein Start-up verabschiedet, das diesen Trend bediente.

Doch in München bei AlphaPet Ventures, der Name ironisiert selbstbewusst die Google-Mutter Alphabet, setzen Stefan Pfannmöller und Marco Hierling voll auf BARF: Nachdem die Gründer im Frühjahr 2016 ihre Start-ups und Shops ePetWorld und Pets Premium zusammengeführt haben, entwickeln sie nun gemeinsam innovatives Futter, bauen Marken auf und vertreiben diese auch im stationären Fachhandel. Vorbild für dieses Geschäftsmodell ist Freshpets aus den USA, das elf Jahre nach dem Start an der Börse notiert und rund 100 Millionen US-Dollar im Jahr umsetzt.

Mit zehn Millionen Euro frischem Risikokapital von verschiedenen Investoren für die Futter-Gruppe wollen Hierling und Pfannmöller - der ehemalige Sportler hat einst die Netzathleten, die Mysport-Gruppe sowie Venture Stars gegründet - ihr tierisches Multichannel-Geschäft ausbauen, in diesem Jahr den Erlös auf rund 50 Millionen Euro steigern und die Gewinnschwelle erreichen. "Das Premium-Segment wird weiter sehr stark wachsen", sagt Marco Hierling. "Menschen ernähren sich zunehmend gesünder und bewusster und übertragen dies auf ihre Tiere." Ein Interview über den Futtermarkt und digitale Markenbildung.
 
ePetWorld und pets Premium haben 2016 fusioniert und AlphaPet Ventures als Dachgesellschaft gegründet - warum?
Marco Hierling: Ende 2015 begann sich der Online-Handel von Tierbedarf signifikant zu verändern, der Markt konsolidierte. Vorher konntest du noch als kleiner oder mittelgroßer Player mit guten Prozessen und den richtigen Produkten erfolgreich sein, heute gewinnen Größe und Positionierung an Bedeutung für den Erfolg. Stefan Pfannmöller entschieden damals, dass wir gemeinsam mehr erreichen könnten. Das von mir gegründete Unternehmen pets Premium hatte sich als Anbieter von hochwertigem Premium-Tierfutter am Markt etabliert, ePetWorld von Stefan hatte Stärken im Online-Marketing und Technologie. Aus der Fusion der beiden Shops ist AlphaPet als übergeordnete Dachgesellschaft entstanden.
 
Und was bringt das?
Hierling: Erstens können wir die Shops petsPremium.de, hundeland.de, katzenland.de und Leinentausch.de unter einem Dach effizienter organisieren. Außerdem haben wir die Gruppe durch die Premium Pet Products GmbH ergänzt und damit ein neues Geschäftsfeld aufgebaut: die Entwicklung von Marken im Heimtierbereich. Durch unsere digitale DNA, Tausende von Kundenfragen und Nutzerdaten erkennen wir schnell, welche Bedürfnisse und Trends im Markt wachsen. Die ersten Marken, die so entstanden, waren Wildes Land und Wildcraft. Sie antworten auf die steigende Nachfrage nach höherwertigem, getreidefreiem Futter mit hohem Frischfleischanteil, das laut Kundenwünschen möglichst nachhaltig und regional produziert werden sollte. Wir haben diese Marken erst exklusiv über unsere Online-Plattformen verkauft, wurden aber sehr schnell vom Fachhandel angesprochen, weil Kunden auch dort danach gesucht hatten. Offensichtlich trafen Wildes Land und Wildcraft ein Bedürfnis, übers Internet wurden die Marken bekannt und wir erschlossen und einen weiteren Vertriebskanal. Die Produkt- und Markenentwicklung und der B2B-Vertrieb sind aber ein anderes Geschäft, das wir vom Online-Handel trennen wollten. Auch dafür bietet AlphaPet Ventures ein Dach, inzwischen beliefern wir über 500 Fachhändler mit unseren Marken.
 
Wie hoch ist der Eigenmarkenanteil in den Online-Shops von AlphaPet?
Hierling: Der steigt, ist aber noch nicht riesig, weil wir insgesamt sehr stark wachsen. Zudem arbeiten wir mit vielen bekannten Premiummarken zusammen und setzen in den Shops auf ein vielfältiges Sortiment im Premium-Bereich. Unsere Eigenmarken müssen sich dort wie jede andere Marke behaupten.

"Der Online-Handel hat ein riesiges Nachholpotenzial"

Wo lassen Sie produzieren?
Hierling: Wir suchen für die Produkte die jeweils besten Hersteller, die langfristig gute Qualitäten liefern und nachhaltig arbeiten. Unser Fokus liegt auf regionalen Produzenten in Deutschland und Europa. Das Nassfutter von Wildes Land wird in Deutschland produziert, das neue Soft- und Trockenfutter in Italien. Nirgendwo sonst fanden wir damals einen Produzenten, der Trockenfutter nicht aus Fleischmehlen, sondern aus Frischfleisch herstellte. Das hat sich inzwischen verändert, die Zahl an vergleichbaren Produzenten steigt, weil frischfleischhaltiges und getreidefreies Trockenfutter sehr gefragt ist und mehr Unternehmen darauf einsteigen.
 
Auch der Online-Kauf ist beim Tierfutter Trend. Trotzdem liegt der Online-Anteil bei rund sieben Prozent eher niedrig, aber schon konzentriert sich der Handel weitgehend auf einen Anbieter, nämlich Zooplus. Nur drei, vier Start-ups haben geschafft, sich daneben zu etablieren. Woran liegt das?
Hierling: Der Online-Handel im Heimtiermarkt entwickelt sich gut, hat aber noch ein riesiges Nachholpotenzial. In Segmenten wie Elektronik oder Fashion liegt der Online-Anteil schon bei 20 oder sogar 30 Prozent. Diese Situation fördert alle Anbieter auf dem Markt von Tierbedarf mit Online-Strategie, kleinere Unternehmen ebenso wie große Anbieter. Zooplus wächst aber vor allem im Ausland und konkurriert zunehmend mit Amazon. Das Angebot von Zooplus ähnelt dem von Amazon sehr stark - preisgünstige Waren, bekannte Marken. Nach unserer Einschätzung brauchen Online-Fachhändler aber eine weitere Differenzierung von Amazon. Wir konzentrieren uns daher aufs Premium-Segment, auf Marken-Partner und einen Service- und Beratungsansatz sowie auf den digitalen Markenaufbau mit Multi-Channel-Vertrieb. Dadurch können wir Marken und Produkte anbieten, die Amazon und Zooplus nicht führen, und uns im Premium Segment als Marktführer positionieren. Insgesamt digitalisieren wir den Heimtiermarkt auf mehreren Ebenen - als Händler, Dienstleister und digitaler Markenentwickler.
 
Eine ähnliche Strategie verfolgt Fressnapf: Der Filialist verkauft online, wenn auch noch sehr wenig, und setzt ebenfalls auf Eigenmarken und neuen Service. Wird der deutlich Größere den Kleineren nicht verdrängen?
Hierling: Diese Gefahr sehen wir nicht. Fressnapf ist ein Franchise-System, setzt ebenfalls auf Eigenmarken, aber in ihrem eigenen Kosmos und mit Offline-Fokus. In den Filialen macht Fressnapf Drittmarken durch eigene Namen starke Konkurrenz. Unsere Strategie beinhaltet den digitalen Aufbau und Vertrieb hochwertiger Drittmarken sowie unserer hochwertigen Eigenmarken. Wir vertreiben diese online exklusiv, und auch der Fachhandel kann sich damit von Fressnapf differenzieren. Das ist ein anderes Konzept.

"Fehlt Differenzierung, ist der Preiskampf eigentlich programmiert"

Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung stirbt der Fachhandel auf der Fläche aber langsam aus - also Ihre Klientel.
Hierling: Das sehen wir nicht so. Erstens beliefern wir schon einige stationäre Ketten und beobachten eine positive Entwicklung gut geführter Fachgeschäfte. Zweitens ist Fressnapf mit mehr als 800 Filialen in Deutschland zwar der größte Player, aber es gibt noch viele unabhängige Spezialisten, deren Geschäft durch den Wunsch nach Bio- und anderem hochwertigen Futter stark wächst und deren Beratungskompetenz und Know-how weiterhin vom Kunden stark gefragt ist. Ich glaube, die Zukunft liegt in der konsequenten Ausrichtung an den Kundenbedürfnissen. Und das führt langfristig bei den Anbietern zum Erfolg, die es schaffen, Kunden online und im Laden mit den richtigen Produkten, Marken und Services zu begeistern und an sich zu binden.

Süßer Hund mit Ball

Der Handel mit Futter und Tierbedarf ist ein krisenfestes Geschäft. Verbraucher sparen an ihren Vierbeinern zuletzt: Neun Milliarden Euro werden damit im Jahr erwirtschaftet, fünf Milliarden Euro entfallen auf den Handel. Der Online-Anteil liegt aktuell bei sechs bis sieben Prozent, wächst aber schnell. Trotzdem hat die Branche bereits konsolidiert: Neben Marktührer Zooplus konnten sich nur eine Handvoll Online Shops etablieren.

shutterstock/Alexei TM


 
Tierfutter wird auch über Super- und Drogeriemärkte verkauft. Diese Vertriebstypen greift Amazon gerade massiv an. Wie verändert das den Online-Handel von Tierfutter?
Hierling: Diejenigen Anbieter – stationär und online - die sich nicht spezialisieren und keine starke Marken aufbauen oder anbieten, werden Probleme bekommen. Außerdem die Futtermarken, die überall vertrieben werden und ihre undifferenzierte Produkte im Discount- und mittleren Preissegment positioniert haben. Fehlt Differenzierung, ist der Preiskampf eigentlich programmiert.
 
Als Händler haben es nicht viele Start-ups geschafft, sich zu etablieren. Im Futterbereich dagegen schon. Wer kann sich hier durchsetzen?
Hierling: Im BARF-Bereich liegen noch viele Chancen, hier haben sich in den letzten Jahren einige Unternehmen schnell mit guten Produkten profilieren können und nachhaltige Angebote am Markt aufgebaut. Das Thema artgerechtes und gesundes Futter ist sicher noch nicht ausgereizt, aber man sieht auch bei den vielen neuen Marken, dass viele in ihrer Nische bleiben. Nur ein gutes Produkt reicht nicht für eine Marke, sie muss ausreichend ausdifferenziert sein und auf Vertriebspower treffen, um bekannt zu werden.
 
Wie sieht die Zukunft aus in Ihrem Markt?
Hierling: Der generelle Trend ist sicher, dass der Online-Handel im Heimtierbereich weiter sehr stark wächst, in Europa und in Deutschland. Trotzdem wird er sich langfristig nur auf eine Handvoll Anbieter konzentrieren. Wer jetzt noch einsteigen will, kommt zu spät, da sich einige Player am Markt etabliert und durchgesetzt haben. Außerdem wird das Premium-Segment weiter sehr stark wachsen, weil Menschen sich zunehmend gesünder und bewusster ernähren und dies auf ihre Tiere übertragen. So gewinnt die Tiergesundheit zunehmend an Bedeutung, Halter wollen ihre Tiere artgerecht und biologisch versorgen. Premium Tiernahrung ein hochwertiges, emotionales Produkt und daher beratungsintensiv. Daneben wird Omni-Channel wichtig, also das Eingehen auf Kundenwünschen in allen Vertriebswegen. Langfristig erfolgreich werden die sein, die den Kunden on- und offline die relevanten Marken, Produkte und Services über den vom Kunden präferierten Weg bieten können.

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