
Messe-Rundgang Payment: Durchblick im Labyrinth
Paypal oder Paydirekt? Payment Service Provider oder nicht? Kauf auf Rechnung selbst abwickeln oder mit Partner? Auf der Internet World bekommen Händler einen Überblick.
Die meisten Deutschen haben sie sehr verinnerlicht, die Redewendung "Über Geld spricht man nicht". Doch so verpönt es auch sein mag über das Gehalt oder den Preis des Eigenheims zu sprechen, so wichtig ist das Thema Geld für Shop-Betreiber.
Denn wenn der kaufwillige Kunde sein Geld nicht problemlos im Shop lassen kann, entgeht dem Online-Händler schlichtweg der Umsatz. Doch es ist nicht immer leicht, bei der Vielzahl der verfügbaren Bezahlverfahren und den Angeboten der Payment-Dienstleister den Überblick zu behalten - zumal der Markt ständig in Bewegung ist. Auf der Internet World Messe können sich die Besucher einen Überblick über die Trends im Payment-Markt und die Services der Dienstleister verschaffen.
Paydirekt und die Konkurrenz
Eine der spannenden Fragen der kommenden Monate wird sein: Gelingt es Paydirekt (Halle B6 / B083), dem neuen Bezahlverfahren der deutschen Banken, im Markt Fuß zu fassen und Paypal, dem Platzhirsch im E-Payment, ernsthaft Konkurrenz zu machen? Zwar haben sich mittlerweile mehr als 150.000 Nutzer für die neue Zahlart registriert, doch das Interesse der Händler an dem Ende 2015 gestarteten Bezahlverfahren scheint noch verhalten zu sein.
Ein Problem ist wohl der umständliche Prozess des Vertragsabschlusses für die Händler: Sie müssen mit diversen Bankenverbänden einzeln die Verträge aushandeln. Paydirekt arbeitet nach eigenen Angaben mit Hochdruck an einer Vereinfachung dieser Prozedur. Alternativ können Shop-Betreiber Paydirekt natürlich auch über einen Payment Service Provider (PSP) anbinden. Erste Partner sind beispielsweise der Kieler Dienstleister Payone (Halle B6 / D191) und der Bamberger PSP Computop (Halle B6 / B083).
Lösungen für Läden
Die Payment Service Provider ihrerseits stehen vor der Herausforderung, die zunehmende Verschmelzung von Online- und Offline-Handel in ihren Services abzubilden. Lösungen für den Mobile Commerce sind dabei ebenso gefragt wie Technologien, die das Bezahlen im stationären Laden mit Online- und Mobile-Shops verknüpfen. Das Spektrum reicht dabei von In-App-Payment und einfachen Checkout-Lösungen für mobile Webshops über Self-Service-Terminals, an denen die Kunden im Laden eigenständig bezahlen können, und Kassenterminals für die Ladentheke bis hin zum Bezahlen via Smartphone. Entsprechende Lösungen und Live-Demos zeigen beispielsweise Computop, Adyen (Halle B6 / D196), Wirecard (Halle B6 / C133), Concardis (Halle B6 / A034) und Six Payment Services (Halle B6 / E264).
Ein wichtiger Punkt ist dabei natürlich immer die Sicherheit: Nur wenn der Kunde sich sicher fühlt und Vertrauen in die Zahlart hat, nutzt er sie auch. Dennoch muss die Nutzung komfortabel bleiben - umständliche Verfahren akzeptieren die Nutzer nicht, wie auch Yapital mit seiner QR-Code-basierten mobilen Bezahllösung erfahren musste. Biometrische Technologien werden hier künftig eine große Rolle spielen.
Dazu kommen immer strengere Vorgaben der Aufsichtsbehörden wie etwa die Mindestanforderungen an die Sicherheit von Internet-Zahlungen, kurz MaSi, die die Bafin seit November 2015 vorschreibt. Hier sind vor allem die Dienstleister in der Pflicht, die die Vorgaben entsprechend umsetzen müssen, und die Händler werden entlastet. Heidelpay (Halle B6 / A052) informiert während der Internet World Messe unter anderem über dieses Thema.
Etliche PSP bieten darüber hinaus Zusatzservices an: Slimpay (Halle B6 / A032) stellt auch für kleine und mittelgroße Händler ein Spezialangebot für Abos und andere wiederkehrende Zahlungen bereit, Novalnet (Halle B6 / C154) will die Zuordnung der Kundenzahlungen durch eine "virtuelle IBAN" erleichtern, die vollautomatisch jeder Zahlung zugeordnet wird und sie eindeutig identifizierbar machen soll. Optile (Halle B6 / D195) bietet ein offenes Gateway an, über das ein Händler die Services unterschiedlicher, vor allem auch ausländischer PSPs in einem Schritt anbinden kann. Ziel ist, durch die Bündelung den technischen Aufwand für den Händler zu minimieren.
Ohne Rechnung geht nichts
Für die Händler steht stets die Frage im Raum: Wie viele und welche Bezahlverfahren muss ich anbieten, um meine Kunden zufriedenzustellen? Denn die Online-Shopper werden immer anspruchsvoller und quittieren das Fehlen der bevorzugten Zahlarten sehr oft mit dem sofortigen Kaufabbruch. Laut der ECC-Studie "Payment im E-Commerce Vol. 19" bieten Shop-Betreiber ihren Kunden derzeit im Schnitt fünf Verfahren an: Vorkasse, Paypal, Rechnung, Kreditkarte und Sofortüberweisung. Bei den Käufern steht nach wie vor der Kauf auf Rechnung am höchsten in der Gunst.
Da diese Zahlart für den Händler aber das größte Ausfallrisiko birgt, haben sich einige Dienstleister hierauf spezialisiert. Sie setzen auf moderne Betrugserkennungs- und Inkassoverfahren und übernehmen für den Händler das Ausfallrisiko - gegen Gebühr versteht sich. Meist haben sie gleichzeitig auch abgesicherte Lastschriftzahlungen im Angebot, teilweise auch Ratenzahlungen und Finanzierungen. Die wesentlichen Unterschiede liegen im Preis, in der Quote der für den Rechnungskauf abgelehnten Kunden, dem Zeitpunkt der Risikoprüfung - schon vor der Auswahl der Zahlart "Rechnung" oder erst hinterher - und ob der Dienstleister dem Käufer gegenüber in Erscheinung tritt oder nicht.
Dienstleister auf der Messe
Auf der Messe präsentieren sich die Dienstleister Paymorrow (Halle B6 / C162), Billpay (Halle B6 / A050), GFKL Financial Services (Halle B6 / C157), Payolution und Real Solution (beide Halle B6 / B083), Commerzfinanz (Halle B6 / E266), Klarna (Halle B6 / C138) und Ratepay (B6 / B100). Das schwedische Unternehmen Klarna hat sein Produktangebot in den vergangenen Jahren immer wieder ausgedehnt und bietet mit "Klarna Checkout" eine Lösung an, die die Bezahlmethoden Kreditkarte, Lastschrift, Rechnung, Ratenkauf und Sofortüberweisung aus einer Hand abdeckt.
Ratepay ist gemeinsam mit seinem Partner, dem Risikomanagement-Anbieter Riskident (Halle B6 / B100), vertreten. Will der Händler den Kauf auf Rechnung in Eigenregie abwickeln, ist er im Regelfall auf die Unterstützung von Spezialisten aus dem Bereich Risikomanagement, Bonitätsprüfung und Inkassodienstleistungen angewiesen. Sie stellen Informationen über die Zahlungsfähigkeit des Kunden bereit, prüfen Kundendaten auf Plausibilität und Richtigkeit, verifizieren, ob ein Kunde auf einer sogenannten "Black List" zahlungsunwilliger Kunden geführt wird und leiten bei Bedarf ein Mahn- und Inkassoverfahren ein.
Zur Gruppe dieser Dienstleister gehören etwa Eos Deutschland (Halle B6 / D222), Arvato Infoscore (Halle B6 / C161), Atriga (Halle B5 / F326) und Bürgel Wirtschafsinformationen (Halle B6 / D185). Sie bieten oft spezielle Services für die Absicherung des Rechnungskaufs im Online-Shop an, wie sie etwa Deltavista (Halle B6 / C134) und SHS Viveon (Halle B5 / G376) mit "Order Check" beziehungsweise "Proofitbox" im Programm haben.
Mit der zunehmenden Internationalisierung ist für viele Händler das grenzüberschreitende Risikomanagement ein Thema geworden. Hier bringen ausländische Firmen, die sich mit internationalem Know-how profilieren möchten, Bewegung in den deutschen Markt. So ist etwa der in Oslo gegründete Risikomanagement-Dienstleister Lindorff (Halle B6 / B090) in 13 europäischen Länder aktiv.
Es tut sich was im Markt
Auch an anderer Stelle ist vieles im Gang: Wenn sich Paydirekt bei Händlern und Kunden durchsetzen sollte, könnte dies unmittelbar Auswirkungen auf die beiden Online-Überweisungsverfahren Giropay (Halle B6 / C142) und Sofortüberweisung (Halle B6 / C138) haben. Beide basieren auf dem Online-Banking des Kunden - ebenso wie Paydirekt. Nur muss der Kunde bei Paydirekt keine Überweisung mehr ausführen, sondern kann mit einem Klick direkt von seinem Konto aus bezahlen. Es kann also sein, dass diese Überweisungsverfahren etliche Nutzer an den komfortableren Wettbewerber verlieren werden - vorausgesetzt, Paydirekt gelingt es, die Händlerbasis deutlich auszubauen. Insbesondere bei Giropay stellt sich die Frage nach der Zukunft, denn das Verfahren stammt aus dem Haus der Sparkassen. Diese haben sich aber Paydirekt angeschlossen und wollen im April damit in den Markt gehen.
Dazu kommt, dass Paydirekt sicher auch Mobile Payment ins Visier nehmen und damit auch in diesem Bereich für Konkurrenz sorgen wird. Gerüchten zufolge verhandelt Paydirekt mit der Biw Bank (Halle B6 / C141), die das mobile Bezahlsystem Kesh anbietet. Über eine App, die mit dem Girokonto verknüpft wird, können Nutzer via Smartphone bezahlen. Damit könnte die Biw Bank mehr als bisher ins Rampenlicht treten, agiert sie doch bislang als Spezialist für White-Label- und Outsourcing-Lösungen eher im Verborgenen, ganz getreu dem Motto: "Über Geld spricht man nicht".