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China

Cross Border Commerce Warum Online-Händler nach China expandieren sollten

shutterstock.com/doomu
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China ist der größte E-Commerce-Markt der Welt und sollte demzufolge auch wichtiges Expansionsziel internationaler Einzelhändler und Brands sein. Dabei gibt es aber keine "One Fits All"-Strategie.

Von den rund 1,3 Milliarden Einwohnern Chinas kaufen etwa 125 Millionen Konsumenten Produkte aus Übersee - Stichwort Cross Border Commerce. Für internationale Einzelhändler und Brands, die ihre Produkte gerne an genau diese chinesischen Konsumenten verkaufen möchten, sind die wichtigsten Fragen immer gleich: Wer sind diese Konsumenten, die international einkaufen? Was kaufen sie? Wie können wir sie für unsere Produkte begeistern und wo kaufen sie online ein?

Die beliebtesten Produkte

Grundsätzlich gibt es drei Gründe, warum chinesische Konsumenten überhaupt Produkte aus dem Ausland kaufen. Zum einen ist es für chinesische Käufer oft billiger, westliche Marken auf Cross-Border-Plattformen als in chinesischen Geschäften zu kaufen. Zum anderen zieht der anhaltende Anstieg der verfügbaren Einkommen und des Lebensstandards in China immer mehr Verbraucher in den Markt für Importmarken. Als dritten Punkt ist zu nennen, dass nach Jahren der Besorgnis über gefälschte Marken und der Sicherheit einiger einheimischer Produkte ausländische Marken meist als Symbol höherer Qualität gelten.

Ellena Gatti, Managing Director bei Azoya, einem Cross-Border-Beratungsunternehmen mit Fokus auf China, kennt die beliebtesten Produktkategorie im Reich der Mitte: "Lebensmittel und Gesundheitsprodukte, Kosmetik und Körperpflege, Mutter- und Kind-Produkte, Kleidung und Schuhe sowie Elektronische Geräte führen seit Jahren die Shopping-Listen an."

Schokolade und Pralinen

Dass Chinesen dabei auch gern deutsche Pralinen verschenken und naschen, war auch für Max Kaub, Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb der Confiserie Burg Lauenstein, Anlass, sich näher mit den Konsumenten aus China zu befassen: "Schokolade und Pralinen sind in China kein klassisches Produkt für Selbstverzehrer, sondern ein Premium-Produkt, das man zu verschiedenen Anlässen wie Chinesisches Neujahr, Valentine's Day und Hochzeiten, aber auch an großen Konsumtage wie der Singles' Day (11.11) oder double 12 (12.12) verschenkt."

Burg Lauenstein verkauft mittlerweile seit vielen Jahren erfolgreich nach China. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von Schokolade beträgt in China zwar nur 200 Gramm - im Vergleich hierzu liegt der europäische Durchschnitt bei 5,8 Kilo und der deutsche Durchschnitt bei stattlichen 9,5 Kilo pro Jahr. Doch Kaub weiß, warum es für sein Unternehmen richtig ist, auf China Commerce zu setzen: "Schokolade und Süßwaren sind bei den älteren Generationen in China eher unbekannt und wenig nachgefragt. Die größte Zielgruppe für Schokoladen-Produkte sind vor allem jüngere Generationen (18 bis 35 Jahre) aus der stark wachsenden Mittel- und Oberschicht, die zunehmend Schokolade als Lifestyle-Produkt wahrnehmen."

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Wie gelingt der Kontakt zu chinesischen Kunden?

China ist der größte E-Commerce-Markt der Welt und sollte demzufolge auch wichtiges Expansionsziel internationaler Einzelhändler und Brands sein: 1,13 Billionen US-Dollar Umsatz generierte der chinesische Online-Markt im Jahr 2017, ist auf dem Portal "China Commerce" zu lesen, das deutschen Händlern den Einstieg in diese Art von Cross Border Commerce erleichtern will. Und China hat auch die weltweit größte aktive Bevölkerung auf Social Media: Im Allgemeinen verbringen Chinesen mehr als drei Stunden pro Tag im Social Web. Wer also Teil des täglichen Lebens chinesischer Konsumenten sein möchte, sollte sie idealerweise auf den Kanälen einfangen, auf denen sie sowieso schon aktiv sind.

Ellena Gatti meint, dass es dazu allerdings keine "One Fits All"-Strategie gebe. "Das ist einer der Kernfehler, den viele internationale Unternehmen beim Markteintritt begehen - sie bauen auf die größten Social Media- und E-Commerce-Kanäle, da sie davon ausgehen, dass dort die größte Menge an Konsumenten vertreten ist." Grundsätzlich sei das zwar so - aber wer in der Masse an Anbietern und an der noch größeren Masse an Konsumenten - beispielsweise auf den großen Marktplätzen - Kunden gewinnen möchte, der muss ihrer Meinung nach tief in die Tasche greifen.

Die Kundengewinnungskosten sind also hier hoch. Daher gilt es, sich genau anzuschauen, wer die eigene chinesische Zielgruppe ist. Diese kann sich durchaus von der heimischen Zielgruppe unterscheiden.

Elena Gatti

Elena Gatti, Managing Director bei Azoya

Azoya

Ellena Gatti: "Alle möglichen Verkaufskanäle gilt es für die eigene Brand und die eigenen Produkte zu analysieren, um die richtige Step-by-Step Strategie zu definieren. Unsere Erfahrung zeigt, dass eine überlegte Multichannel Roadmap die größten Erfolgsmöglichkeiten für China darstellt."

WeChat als Königsweg

Gina Hardebeck, Sinologin und bei der PR-Agentur Storymaker für den Bereich China zuständig, ergänzt diese Einschätzung: "Es gibt eine Vielzahl an chinesischen Marketing- und Internetplattformen, auf denen Firmen aktiv werden können. Doch der Königsweg für eine nachhaltige Kundenbeziehung ist für mich der WeChat Official Account. Hier lassen sich Kunden ähnlich wie bei einem E-Mail Newsletter immer wieder erreichen und können auch von sich aus Kontakt aufnehmen." Spannend ist hier für Hardebeck auch, dass sich über WeChat-Miniprogramme weitere Services wie etwa Online Shops, Kundenbindungsprogramme, Spiele und Content zugänglich machen lassen.

Ist der Kontakt dann erst mal hergestellt, muss man Vertrauen aufbauen. Gina Hardebeck meint: "Seien Sie echt! Erarbeiten Sie Ihre Unternehmens- oder Markenstory und passen Sie diese an Ihre chinesischen Zielgruppen an."

Sie rät auch dazu, sich auch an Influencer, dort Key Opinion Leadern (KOL) genannt, zu wenden, die bei ihren Zielgruppen bereits Vertrauen erarbeitet haben und, gegen Bezahlung, Produkte testen und darüber berichten. Hardebeck: "Hier ist es wichtig, die KOL nicht als Dienstleister und Traffic-Lieferant zu sehen, sondern als Markenbotschafter mit denen mittel- bis langfristig gearbeitet wird."

China ist ein schneller Markt

China ist also ein komplexer Markt. Die Anforderungen und Wünsche seitens der Verbraucher ändern sich ständig. Wenn Einzelhändler und Brands nicht bereit sind, ihre Strategie regelmäßig zu evaluieren und neue Dinge auszuprobieren, werden sie höchstwahrscheinlich scheitern, da sind sich alle Experten einig. Denn langsame Prozesse und das Fehlen einer innovativen Denkweise sind zwei der größten Herausforderungen auf Seiten deutscher Anbieter. Einzelhändler - insbesondere mit langer Tradition in ihren Heimatländern - sind oft einfach zu langsam. Oder wie es Sabrina Kraft, Chief Marketing Officer und Director Sales E-Commerce bei Schoenberger Germany Enterprises, formuliert: "Das E-Commerce Ökosystem in China ist stets in einem schnellen und kontinuierlichen Wandel."

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