
Automatisch erstellte Inhalte Weniger Schreibarbeit durch Textroboter
Textroboter sollen im Online Shop für Entlastung bei Produkttexten sorgen. Doch was können sie wirklich? Und wo stoßen sie an ihre Grenzen?
Es ist ein bisschen wie der Kampf gegen Windmühlen: Der Online Shop wird größer, das Sortiment wächst und damit auch die Zahl der Texte, die für die einzelnen Produkte verfasst werden müssen. Gleichzeitig sollen die Inhalte qualitativ hochwertig sowie in der Wortwahl und Tonalität stimmig geschrieben sein. Denn nur wenn der Gesamteindruck stimmt, wird sich der Kunde im Shop wohlfühlen und länger aufhalten.
Texte ansprechend zu gestalten, ist aber nicht das einzige Problem, mit dem Shop-Betreiber bei der Content-Erstellung zu kämpfen haben. Allein schon unvollständige oder veraltete Produktbeschreibungen können eine sinkende Conversion Rate verursachen. Auch zu Marketing-lastige Texte führen beim Kunden schnell zum Verdruss. Ist der Online Shop darüber hinaus auch im Ausland vertreten, müssen all die vielen Shop-Texte aufwendig übersetzt werden.
Content-Produktion kostet Zeit und Geld
Das alles kostet Zeit und Geld - zwei Faktoren, die beim Erstellen von Inhalten als wesentliche Herausforderungen gelten. Das belegt eine Umfrage von Unaice, einem Dienstleister für Content-Automation mit Sitz im westfälischen Werther. Demnach ist für ein Drittel der Befragten der Zeitaufwand eine entscheidende Hürde bei der Produktion von Inhalten. Auf dem zweiten Platz folgen die Kosten: Ein Fünftel der Umfrageteilnehmer sieht hier die größte Schwierigkeit.
Helfen können sogenannte Textroboter. Fast auf Knopfdruck erstellen sie individuelle und suchmaschinenoptimierte Beschreibungen, die automatisch in den Webshop eingespielt werden. Auch Blog- und Newsletter-Beiträge, Inhalte für Landing Pages und sogar Texte für Printmaterialien können so entstehen. Die Vorteile, die Textroboter mit sich bringen, liegen auf der Hand: "Geschwindigkeit, Kosten und Individualisierung", fasst Saim Rolf Alkan, Geschäftsführer des Tool-Herstellers AX Semantics, zusammen. Er hat eine Software entwickelt, die aus klassifizierbaren Inhalten Massentexte erstellt.
Produktbeschreibungen vom Textroboter
Tatsächlich können solche Textroboter individuelle Produktbeschreibungen generieren, die jederzeit aktualisiert werden können. Dadurch lassen sich beispielsweise saisonale Aktionen mit eigens darauf zugeschnittenen Inhalten versehen. Zudem können neue Produkte in Echtzeit gelistet und mit SEO-relevanten Texten bespielt werden. Außerdem lassen sich diese je nach Ausgabekanal individualisieren.
Für den Schweizer Weinversender Flaschenpost.ch ist der Textroboter ein wichtiges Tool, um die Conversion Rate zu steigern. "Je besser wir unsere Produkte beschreiben können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gekauft werden", erklärt Marketingleiter Johannes Klaiber. Außerdem ermögliche der zusätzliche Content auf den Produktdetailseiten ein besseres Ranking bei den organischen Suchresultaten von Google. "Damit können wir unsere SEO-Performance deutlich steigern", so Klaiber.
Strukturierte Daten bilden die Grundlage
Neben Geschwindigkeit und Individualisierung sind die Kosten ein wichtiger Faktor. So lassen sich mit einem Textroboter auf längere Sicht Kosten reduzieren - vorausgesetzt, die zu generierende Textmenge ist groß genug. Christian Meyer, Geschäftsführer von Unaice, geht davon aus, dass für den wirtschaftlichen Einsatz eines Textroboters mindestens 500 bis 1.000 Produkte im Shop vorhanden sein sollten. "Während ein händisch geschriebener Text im Schnitt zwischen 14 und 25 Euro kostet, müssen Händler dann nur noch mit acht Cent pro Text rechnen", erklärt er. Dazu komme allerdings ein einmaliger Programmieraufwand. Insgesamt, so Meyer, mache sich die Investition nach rund drei Monaten bezahlt.
Input für jeden Textroboter sind dabei die Produktdaten, die im Shop meist in Excel-Tabellen, Produktdatenblättern oder Datenbanken vorliegen. Sie werden über eine API, also eine Programmierschnittstelle, in die Software eingespielt. Über diese Schnittstelle gelangen die fertigen Texte auch zurück in den Shop.
Qualität der Daten machen Qualität der Texte aus
Wie gut die Inhalte der Textroboter sind, hängt ganz entscheidend von der Qualität dieser Daten ab. "Die Daten müssen gut strukturiert sein", bestätigt AX-Semantics-Chef Alkan. Denn automatisch generierte Texte sind nur dann gut, wenn eine definierte Textstruktur vorliegt. Wenn zum Beispiel die Beschreibung eines Produkts Größe und Farbe enthalten soll, müssen die Basisdaten diese Parameter enthalten. Das Format spielt dagegen eine untergeordnete Rolle: "Je genauer die Daten, desto besser. Ob diese aber in einem sauber strukturierten Excel vorliegen oder in einem XML- oder JSON-Feed, ist zunächst weniger entscheidend", ergänzt Sebastian Golly, Leiter des Bereichs Textgenerierung bei Retresco, ebenfalls Anbieter eines Textroboters.
Kein Unterschied zur manuellen Betextung
Für Mytheresa standen Flexibilität und Schnelligkeit ganz oben auf der Wunschliste, als der Luxuslabel-Shop die automatisierte Betextung seiner Shop-Kategorien ins Auge fasste - aber auch die Leserlichkeit der Texte war dem Unternehmen wichtig. Der Shop-Betreiber ist überzeugt davon, dass der Unterschied zwischen den automatisierten Texten und der manuellen Betextung nur schwer auszumachen ist.
Mytheresa hat sich für die Lösung von AX Semantics entschieden, die von Unaice als Systemhaus umgesetzt wurde. Bis zu 500.000 Texte schafft der Textroboter laut Unaice in einer Stunde. Zudem könne die Software die Texte nüchtern, emotional oder speziell auf den Kundennutzen ausgerichtet ausgeben - je nach Zielgruppe und Ausrichtung des Shops. Ein weiterer, großer Vorteil für Unaice-Geschäftsführer Meyer: Der Textroboter übersetzt die Inhalte bei Bedarf in 26 Sprachen.
Denn gerade bei einer Expansion ins Ausland sind sprachlich einwandfreie Shop-Texte essenziell. Meyer nennt ein Beispiel: "Der Möbelhändler Home24 hatte für seinen Auslandsauftritt 13 Monate kalkuliert. Durch den Einsatz des Textroboters war er in gerade einmal zwei Monaten damit durch." Arbeitslos seien die insgesamt elf Texter bei Home24 deshalb nicht. Sie peppen laut Meyer stattdessen zum Beispiel die Texte der Top-Produkte auf.
Linguistische Textgenerierung
Ebenso wie AX Semantics arbeitet auch der Berliner Tool-Anbieter 2txt Natural Language Generation mit der linguistischen Textgenerierung. Damit lassen sich Unternehmensangaben zufolge vielfältige und individualisierte Texte generieren. Der Textroboter wird dabei als Software as a Service (SaaS) angeboten und kostet ab 600 Euro pro Monat. AX Semantics verlangt 279 Euro je Nutzer und acht Cent pro Text. Unaice berechnet als Lizenznehmer von AX Semantics ähnliche Kosten.
Der Lösungsanbieter Retresco will keinen konkreten Betrag nennen. Dort kommt nach eigener Aussage ein auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden abgestimmtes Lizenzmodell zum Einsatz. Das Berliner Unternehmen bietet zwei Varianten an: zum einen die Self-Service-Plattform Textengine.io, die nach einem Einführungstraining das selbstständige Generieren von Texten in einem Web-Interface und ohne Entwicklerkenntnisse ermöglicht. Für die Kunden, die ihre Texte nicht selbst generieren möchten, steht zum anderen der Managed Service Textengine Pro zur Verfügung. Dabei werden Kunden so lange von einem Expertenteam begleitet, bis sie selbst übernehmen wollen.
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