Wie sehr beeinträchtigt der Ukraine-Krieg das Geschäft der Onlinehändler?
mokebo
Philip Kehela, Mitgründer mokebo:
1. Wirkt sich der Krieg bereits konkret auf Ihr Geschäft aus, und wenn ja, wie?
"Die aktuelle Situation wirkt sich definitiv zum Negativen auf das Konsumentenverhalten im Home & Living E-Commerce aus, auch auf mokebo. Gleichzeitig ist es schwierig zu unterscheiden, welche externen Effekte der letzten Monate aktuell den größten Einfluss auf das Verhalten der Kunden haben. Ein direkter Vergleich mit dem Quartal 1 2021 hinkt, da wir uns dort im harten Lockdown befunden haben und Möbelhäuser geschlossen waren. Damals sprach man von einem Brandbeschleuniger des Home & Living E-Commerce und dem Cocooning-Effekt. Mit der Öffnung der Möbelhäuser und dem zwischenzeitlichen Post-Covid Gedanken (vor Omikron) verlangsamte sich das Konsumentenverhalten wieder. Und als wäre das nicht bereits genug, um die Einschätzung der Umsatz- und Potenzialentwicklung im E-Commerce zu erschweren, wurden die Narrative rund um Lieferengpässe, Arbeitslosigkeit und den Anstieg von Gehaltskosten, und dann der großen Diskussion um Inflation durch die Niedrigzinspolitik der EZB größer. Kurz darauf folgte die Ukraine-Krise. Alles in allem sehen wir eine Verlangsamung des Wachstums, einen Rückgang des Traffics auf wichtige Keywords bei Amazon und eine Komprimierung der Nachfrage auf die bewährten Bestseller.
2. Haben Sie die Umsatz- und Gewinnerwartungen für Ihr Geschäft für dieses Jahr deshalb nach unten korrigiert - oder werden Sie das bald tun?
Wir unterteilen unsere Business-Pläne in Guidance Pläne (Minimum-Ziel) und Stretch Pläne (Maximum-Ziel). Auch wenn es für uns eng wird, Q1-2021 zu übertreffen, befinden wir uns aktuell auf Kurs mit unserer Guidance, ein Wert der vor allem als selbstfinanziertes D2C-Start-up sehr wichtig ist. Ob wir unser Stretch-Ziel anpassen müssen, entscheiden wir nach Q2, wenn wir abschätzen können, ob sich das Konsumentenverhalten und die Preisentwicklungen erholen.
3. Erwarten Sie aufgrund des Kriegs in diesem Jahr (weitere) Auswirkungen, und wenn ja, welche?
Wir erwarten eine weitere Nachfragekomprimierung. Kunden werden sich vorwiegend auf Produkte der ersten Suchergebnisseite, bspw. die mit Bestseller-Kennzeichnung oder Badges wie dem Amazon Choice Badge konzentrieren. Zudem erwarten wir ungebremste Preissteigerungen bei unseren Vorlieferanten, da Spanplatten zum wesentlichen Teil aus der Ukraine und Polen kommen, die direkt oder indirekt (durch Energie-Abhängigkeiten zu Russland) von der Krise betroffen sind. Wir erwarten auch eine Situation, in der eine Preisinflation dazu führt, dass Produkte deutlich mehr kosten, als sie wert sind. Gleichzeitig sehen wir an den Kapitalmärkten, dass diese sich bereits jetzt wieder erholen und Aktienkurse nach größeren Korrekturen durch Effekte wie der Inflation, Zinspolitik und Ukraine-Krise sogenannte Rebounds zeigen. Entlastungen der Bürger und positive Zeichen in Friedensverhandlungen können ebenso einen Rebound des Nachfrageverhaltens erzeugen."
4. Wie reagieren Sie auf die mit dem Krieg einhergehenden wirtschaftlichen Herausforderungen?
"Wir fokussieren uns ganz konsequent auf das, was wir bewegen können: Der enge und partnerschaftliche Austausch mit unseren Lieferanten, um ungebremste Preiserhöhungen so gut es geht abzufangen. Gleichzeitig halten wir an unserer Strategie fest, relevante Sortimente weiterzuentwickeln und in der Vermarktung effizient vorzugehen. Wir versuchen bspw. weiterhin unseren Webshop auszubauen, über den inzwischen mehr als jeder fünfte Kauf bei mokebo stattfindet. Das Nachfrageverhalten oder Preisexplosionen für Logistik und Herstellung können wir nicht beeinflussen - hier versuchen wir unternehmerisch durch den Sturm, der aufzieht, zu manövrieren."