
Die Zentrale für Daten Data-Management-Plattformen: Was sie können und wie sie funktionieren
Data-Management-Plattformen bilden nicht mehr einfach nur Daten von Webseiten ab. Marketingverantwortliche wollen immer mehr Datenquellen in einer Lösung integrieren.
Was wissen Unternehmen alles über ihre Kunden und über die Besucher ihrer Webseite? Und wie schaffen sie es, diese unterschiedlichen Informationen für sich nutzbar zu machen? Anbieter von Data-Management-Plattformen (DMP) positionieren sich mit dem Verkaufsargument, dass ihre Lösung den Unternehmen hilft, Daten aus verschiedenen Abteilungen oder Quellen zusammenzuführen, um sie für Werbe- und Marketingzwecke einzusetzen. Das überzeugt viele Marketingverantwortliche, deshalb arbeiten sie daran, die für ihre Zwecke und ihr Budget passende DMP zu finden.
Unternehmen verfügen zwar schon über viele eigene Daten, doch es fehle an Möglichkeiten, sie zu nutzen, beobachtet Volker Wieskötter, Senior Product Sales Specialist bei Adobe Systems. Deshalb rücke die DMP mehr und mehr in den Mittelpunkt und bilde den zentralen Knoten für die Bildung und Aussteuerung von Segmenten. "Im Fokus steht die Nachfrage nach einer zentralen Plattform, um sämtliche Silos aus den Unternehmen zu verbannen und den Marketing- und Analytics-Teams ein gemeinschaftliches Arbeiten zu ermöglichen", sagt Wieskötter. Auch Dino Bongartz, CEO von The Adex, berichtet, dass die Bedeutung von Data-Management-Plattformen in Unternehmen rasant zunehme und sich viele Advertiser, Publisher und Dateninhaber damit beschäftigen.
Leaders, Strong Performers, Contenders und Challengers
Ein weiteres Indiz dafür, dass DMP gerade im Trend liegen, ist die Veröffentlichung des Berichts "Forrester Wave: Data Management Platforms" durch das Beratungsunternehmen Forrester Research. Die Analystinnen Susan Bidel und Samantha Merlivat haben elf Data-Management-Plattformen anhand von 35 Kriterien bewertet. Das Ergebnis ist eine Einteilung in führende Plattformen (Leaders), leistungsstarke Anbieter (Strong Performers), Mitbewerber (Contender) und Herausforderer (Challenger).
Die Autorinnen des Forrester-Wave-Berichts schreiben, dass die Nachfrage nach DMP wächst, weil viele Marketingverantwortliche im B2C-Segment Daten verwenden wollen, um ein ganzheitlicheres Bild ihrer Kunden zu erhalten. Im ersten Schritt werde so eine Plattform für den effizienteren Einkauf von Werbeplatzierungen genutzt. Zunehmend ziehen Marketer jedoch auch Daten für strategische Unternehmensentscheidungen heran.
Wer DMP vorwiegend für die Zielgruppensegmentierung und den Media-Einkauf nutzen wolle, habe eine große Auswahl, so die Studie. Wer solch ein Tool aber dafür verwenden möchte, um aus Kundendaten strategische Geschäftsentscheidungen abzuleiten, habe noch nicht viele Möglichkeiten. Nur eine Handvoll Anbieter sei darauf vorbereitet, dass ihre DMP über das Marketing hinaus für strategische Entscheidungen genutzt werden, beobachtet Forrester.
Marketer erschließen neue Datenquellen
Vielleicht wird mit diesem Anspruch die Funktion von Data-Management-Plattformen überstrapaziert. Schließlich ist ihre zentrale Rolle, Kunden- oder Nutzerprofile zu sammeln und zu segmentieren und diese Segmente für das eigene Marketing und für Werbemaßnahmen nutzbar zu machen. Schon allein das ist heute komplex genug, schließlich surfen Menschen immer häufiger auf unterschiedlichen Geräten. Die Zahl der möglichen Kontaktpunkte zwischen Marken und Unternehmen weitet sich aus und laufend werden entlang der Customer Journey weitere Informationen generiert.
Das alles abzubilden, ist eine Entwicklung, der sich die Anbieter stellen müssen. Chris Hogg, Managing Director EMEA bei Lotame, berichtet, dass Marketer kontinuierlich neue Datenquellen erschließen. "Vor fünf Jahren war eine DMP ein Synonym für Daten von Webseiten. Heute nutzen unsere Kunden Online-, Mobile-, Offline-, Social- und Suchdaten sowie ortsbezogene und Marktforschungsdaten." Hogg nennt noch ein weiteres Beispiel für die Ausweitung der Datenquellen: In den USA hat Lotame im vergangenen Jahr eine TV-Data-Management-Plattform auf den Markt gebracht. Marketer können damit ihr TV-Publikum auf anderen Bildschirmen und Geräten gezielt werblich ansprechen.
Ähnliches berichtet Sven Bagemihl, Managing Director Marketing Services bei Neustar Germany. Es gehe zunehmend darum, Menschen, Orte und Geräte zu verknüpfen. In welchem Kontext ruft ein Konsument Informationen ab? Wird dafür eine mobile App, ein sprachgesteuerter Lautsprecher oder künftig ein Bildschirm im vernetzten Auto verwendet? Für Marketer sei es von zentraler Bedeutung, die verschiedenen Geräte oder Apps einem Kunden zuweisen zu können und den Nutzungskontext zu erkennen, so Bagemihl. Abhängig vom Aufenthaltsort können Vermutungen über die Absicht des Konsumenten angestellt werden. Die DMP soll daraus die richtigen Schlüsse ziehen, damit die Werbebotschaft der Situation angepasst werden kann.
Das klingt heute noch nach Zukunftsmusik, das wird es aber wahrscheinlich nicht mehr lange bleiben. Schließlich erfassen immer mehr vernetzte Geräte, was wir tun und kaufen und wo wir gerade sind. Software, die als "künstliche Intelligenz" bezeichnet wird, kann immer größere Datenmengen extrem schnell auswerten und daraus Vorhersagen ableiten.
Eigene Daten Dritten zur Verfügung stellen
Mit der Zusammenführung der Daten und den Segmentierungsmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, entwickelt sich für die Dateninhaber ein neues Geschäftsfeld: diese Segmente anderen anzubieten. Auch dafür rüsten sich die Data-Management-Plattformen, indem sie wie beispielsweise The Adex ein Marktplatzmodell anbieten. Publisher und Vermarkter von Daten können so Segmente auf verschiedenen Plattformen wie Demand-Side-Plattformen oder Supply-Side-Plattformen bereitstellen. Werden diese Daten von Werbungtreibenden oder Agenturen verwendet, wird der Dateninhaber dafür entlohnt.
Lotame bietet Kunden der DMP ebenfalls die Möglichkeit an, Daten mit anderen Kunden zu teilen oder sie Dritten zur Verfügung zu stellen. Mediamath offeriert außerhalb Europas selbst Targeting-Daten. Das Produkt heißt "Mediamath Audiences". Die Nutzer können anhand ihres Surfverhaltens angesprochen oder es können statistische Zwillinge gebildet werden. Die Rolle und die Funktion von Data-Management-Plattformen weitet sich also aus.