
Mobile Shopping So locken Händler Kunden mit nativen Apps
Viele Apps schlummern ungenutzt im App Store oder auf dem Smartphone. Mit exklusiven Angeboten und frischen Features können Shops dies ändern.
Hoher Bedienkomfort, kurze Ladezeiten, personalisierbare Ansprache - drei wichtige Gründe für Shop-Betreiber, bei ihrer Mobile-Strategie auf eine native App zu setzen. Im Gegenzug müssen sie jedoch zwei Herausforderungen meistern: Der Kunde muss erstens dazu gebracht werden, die App zu installieren, und zweitens immer wieder motiviert werden, die App auch tatsächlich zu nutzen. Sonst schlummert die App schnell im Dornröschenschlaf - sei es im App Store oder auf dem Smartphone des Kunden.
Händler lassen sich daher viel einfallen, um ihre Apps so attraktiv wie möglich zu halten. Internetworld.de hat mit sieben App-Anbietern gesprochen und nach ihrem Rezept für eine hohe Nutzerbindung gefragt. Im Einzelnen waren dies Adidas, die Mode-Shops Adler und Baur, McDonald’s, der Shopping-Sender QVC sowie die Fashion-Händler Sheego und Witt. Adler und Witt nutzen hybride Apps, die Inhalte des Webshops mit einem nativen App-Rahmen verbinden.
Smartbanner weisen Nutzer auf die App hin
Um die App bei potenziellen Nutzern überhaupt bekannt zu machen, setzen die meisten Anbieter erst einmal auf ihre eigene Stärke: In Newslettern, in der Telefonansage der Hotline, eigenen Social-Media-Präsenzen und im Online-Shop informieren sie über ihre Mobile App. Wichtig sind dabei Smartbanner, die im mobilen Webshop auf die App verweisen und direkt mit dem App Store verlinkt sind. "Jeder Besucher, der über ein Mobilgerät auf den Shop kommt, sieht diesen Banner prominent im Kopf der Website. Dort wird er aufgefordert, die App zu installieren, sieht vorab das App-Icon und die Bewertungen der App von anderen Kunden", erklärt Sebastian Keck, Mobile-Projekt-Manager bei der Witt-Gruppe.
Daneben nutzen die Anbieter unternehmensspezifische Wege: Beim Shopping-Sender QVC etwa erklären Moderatoren in der TV-Sendung an einem Tablet die Funktionsweise und die Vorzüge der App. Adler wirbt in seinen stationären Filialen über Aufsteller und Banner für die App und hilft Kunden bei Bedarf durch das Verkaufspersonal bei der Installation.
Gute Erfahrungen mit Googles Universal App Campaigns
Zudem sind die Apps in der Regel auch Bestandteil im klassischen Marketing-Mix. So bewirbt etwa McDonald’s Sonderaktionen der App mit klassischen Kampagnen, Adidas hat die App während der Fußball-WM über Bandenwerbung promoted.
Sheego hat darüber hinaus sehr gute Erfahrungen mit den Universal App Campaigns von Google gemacht. Darüber können Online-Händler ihre App auf allen großen Google-Plattformen bewerben, darunter die Google-Suche, der Google Play Store, YouTube und das Google-Display-Netzwerk. "Während einer ersten Testphase konnten wir qualitativ hochwertige Installs generieren, sodass wir das Budget für die Universal App Campaigns zur Herbst-/Wintersaison 2018 ausgeweitet haben", sagt Bernd Pressler, Bereichsleiter Vertrieb für den Große-Größen-Shop Sheego des Schwab Versands. Ein Testlauf für Apple Search Ads habe ebenfalls beachtliche Ergebnisse gebracht, deswegen ist Sheego Anfang August zusätzlich in die Werbung im Apple App Store eingestiegen.
Spezielle Features in den Apps
Um die Kunden zur Installation und dann vor allem auch zur regelmäßigen Nutzung der App zu motivieren, setzen alle Anbieter auf besondere Features, die der Nutzer in anderen Kanälen nicht findet. Witt beispielsweise bietet eine sprachgesteuerte Produktsuche an, um seiner Kernzielgruppe der über 50-Jährigen die Nutzung zu erleichtern. Außerdem soll demnächst ein Foto-Scanner Seiten des Witt-Katalogs erkennen, sodass das Wunschprodukt leichter in den Warenkorb gelangt. Ein dauerhafter Login erspart den Kunden auf Wunsch die am Handy oft als mühsam empfundene Anmeldung.
Auch Baur und Sheego setzen in ihren Apps auf einen permanenten Login. Sheego lässt seine Kundinnen zudem sprachbasiert suchen und ermöglicht ein Screenshot-Sharing. Adler bietet seinen Kunden in der App eine digitale Treuekarte an, geplant sind eine Wunschliste, ein Event-Kalender und ein "Adler-Magazin". McDonald’s arbeitet an einem digitalen "McCafé Sammelpass". Außerdem soll die App im nächsten Jahr um eine mobile Bestell- und Bezahlfunktion erweitert werden.
Exklusivangebote sind für viele App-Anbieter ein Muss
Sehr wichtig für die Nutzerbindung sind darüber hinaus Exklusivangebote, die es nur in der App gibt. Sheego beispielsweise lockt seine Kundinnen mit solchen App-only-Angeboten immer wieder in die Mobile App. Bei McDonald’s sind exklusive Rabattcoupons ein fester und wesentlicher Bestandteil der App. Sie sollen künftig zunehmend nach persönlichen Vorlieben ausgespielt werden. "Neben diesen preislich attraktiven Angeboten wollen wir auch den Exklusivitätsgedanken mit der App stärken", erklärt Nicolas von Sobbe, Director Digital für McDonald’s Deutschland. Dazu dienen als Highlights Sonderaktionen wie etwa selbst kreierte Burger, die ausschließlich App-Nutzer während der Fußball-WM bestellen konnten.
Auch Adidas bietet seinen Kunden über die App vorab exklusiven Zugriff auf Produktneuheiten. Um Kunden zu gewinnen und an die Marke zu binden, baut Adidas zudem auf die Begeisterung von Menschen für den Sport und seine Athleten. Deswegen enthält die App breiten Content zu unterschiedlichen Sportarten und ihren Akteuren – zugeschnitten auf die persönlichen Vorlieben. Dazu gehören personalisierte Newsfeeds, Echtzeitmeldungen zu Sport-Events, Blog-Posts und Videos ebenso wie Produktempfehlungen. Dabei werden etwa auch bevorzugte Farben oder Größen sowie die Verfügbarkeit der Produkte berücksichtigt. Technische Basis dafür sind Salesforce-Lösungen wie die Commerce- und die Marketing-Cloud.
Push-Benachrichtigungen sind ein intensiv genutztes Instrument
Ein weiterer, wichtiger Baustein zur Kundenbindung sind bei allen Anbietern Push-Benachrichtigungen. Über sie weisen beispielsweise Adler, Baur und Sheego die App-Nutzer auf Sonderaktionen wie Rabatte und Exklusivprodukte, Veranstaltungen wie Modeschauen oder Typberatungen sowie auf den Status von Bestellungen hin. Auch McDonald’s und Adidas nutzen das Instrument intensiv, um Kunden an die App zu binden. Sheego setzt sie zudem für Reaktivierungskampagnen ein.
Für den Shopping-Sender QVC hat das Thema Video und Live-Stream eine besondere Bedeutung: Wer eine Sendung im Fernsehen verpasst hat, kann den TV-Rückblick in der App nutzen. Die App gewährleistet zudem ein plattformübergreifendes Shopping-Erlebnis. Während einer TV-Sendung können die App-Nutzer Zusatzinformationen zu den Produkten abrufen.
Und wann immer der Nutzer die App startet, läuft automatisch der Live-Stream des TV-Programms. "Unsere Kunden brauchen deshalb nicht einmal mehr ein TV-Gerät, um unsere Sendungen zu schauen. Das ist für uns ein entscheidender Faktor, um auch jüngere Zielgruppen zu erreichen. Jüngere Menschen schauen kaum noch lineares Fernsehen, sondern suchen sich das für sie bequemste Medium aus. Darauf reagieren wir mit der App", erklärt Florian Hoffmeister, Director E-Commerce und Customer Marketing bei QVC.
Jüngere Nutzergruppen über die App binden
Wie der Shopping-Sender wollen auch andere vor allem jüngere Nutzer über die App an sich binden. "Mit unserer App erreichen wir den unteren Altersrand unserer Zielgruppe Frauen von Anfang 40 bis Mitte 50 und damit unsere zukünftigen Kundinnen. Die App stellt also sicher, dass unser Kundenstamm nachwächst und wir den Erwartungen der moderneren, Mobile-affineren Bestandskunden entsprechen", argumentiert beispielsweise Eva Wünsch, Business Owner App bei Baur.