
Design Thinking Wie man innovative Produkte für den Verkauf auf Amazon entwirft
Händler auf Amazon sehen sich immer neuen Herausforderungen gegenüber. Susanne Richter von der Sanni Shoo GmbH erklärt, wie innovative Produkte für den Verkauf auf der Plattform entworfen werden - und welches Vorgehen Anbietern eher schadet.
Der deutsche E-Commerce-Umsatz wird von Amazon dominiert. Dabei ist der Handel auf der Plattform längst nicht mehr simpel: Während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 stiegen die Umsätze im E-Commerce explosionsartig an, was zur Überlastung einer überforderten Logistikbranche führte, die auf die Entwicklung nicht vorbereitet war. Das galt auch für Amazon.
Die AmazonWorld Conference 2022 führt Unternehmen an die wichtigsten Diskussionen heran: Wie stellen Firmen sich auf die Herausforderungen der nächsten Jahre ein und wie rufen sie die Chancen und Potenziale ab, die Amazon bietet? 19 Referenten und Referentinnen geben in vier Vortrags-Formaten spannende Einblicke zu den relevanten Branchen-Themen.
Eine spannende Speakerin auf der AmazonWorld Conference ist Susanne Richter, Gründerin von Sanni Shoo GmbH. Sie gibt einen exklusiven Einblick zu ihrer Erfolgsstrategie beim Verkauf über Amazon. Richter, eine studierte Juristin, beschloss mit 45 Jahren ein Unternehmen zu gründen, das Produkte zur Lösung alltäglicher Probleme im Haushalt entwickelt: zum Beispiel Abtropfhilfen für Flaschen zur Ergänzung der Spülutensilien oder ein Multifunktions-Schlüsselbrett. In ihrem Vortrag und Bühneninterview erläutert Richter, wie sie es schafft, innovative Produkte für den Verkauf auf Amazon zu entwickeln - und welches Vorgehen Anbietern eher schadet. Im Interview gibt sie vorab spannende Tipps:
Sie unterscheiden mit Blick auf die Produktentwicklung zwei Arten von Herangehensweisen: die "Opportunisten" und die "Individualisten". Was hat es damit auf sich und wodurch ist diese Situation entstanden?
Susanne Richter: Vor einigen Jahren hat sich auf Amazon ein Vorgehen entwickelt, das ich als "Opportunisten-Modell" bezeichne, es lief so: Schau was gut läuft, finde den Produzenten, kopiere es oder füge noch irgendein "asset" dazu. Oder verkaufe es einfach billiger als die anderen. Aber je mehr Anbieter das tun, desto unökonomischer wird es.
Aus diesem Grund, wegen der Inflation und weil die Kunden genauer hinschauen, was und von wem sie kaufen, halte ich dieses Vorgehen für völlig überholt. Daneben gibt es die Individualisten: Sie haben gute, neue Ideen, entwickeln mit viel Leidenschaft und Liebe Produkte - und wundern sich, warum das nicht reicht, um auf Amazon erfolgreich zu verkaufen.

Susanne Richter von Sanni Shoo GmbH mit ihrem Produkt shoo.pad
www.sannishoo.com
Einige Händler ziehen sich von Amazon zurück, weil ihnen das Spannungsfeld aus "sich von der Masse abheben" und "nicht zu spezielle Produkte anbieten" nicht behagt. Welche Lösung haben Sie für sich gefunden und was raten Sie anderen?
Richter: Das ist genau der Punkt. Meine Lösung heißt: Verbinde die Dinge. Ich liebe den Ansatz von Steve Jobs, Dinge neu miteinander zu verbinden. Innovation war in seinen Augen mehr ein "Entdecken" als ein "Erfinden". Damit meine ich: die Bedürfnisse der Kunden zu entdecken, sie mit Trends und vor allem mit Daten zu verbinden! Jeder kann das mit einfachen Tools und Methoden erwirken. Wie ich das meine? Beispiele dazu gibt es am 27.9.
Der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt
Sie sprechen über Design Thinking als Methode. Bitte beschreiben Sie, wie Sie dabei vorgehen - gerne an einem konkreten Beispiel!
Richter: Ja - Design Thinking ist eine Methode, die ich gerne anwende. Sie stellt den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt und nicht eine Lösung oder ein Produkt per se. Konkret sieht das Vorgehen zum Beispiel so aus:
Verstehen: Wo liegen die "Pain-points" der Kunden? Was, wann und wie suchen die Kunden? Hier arbeite ich zu Beginn vor allem mit Datenanalyse. Konkret für eines meiner Produkte: Kunden suchen Halterungen, um Trink- oder Soda-Flaschen abzutropfen.
Beobachten und Synthese: Weg von den Daten, hin zum "echten Menschen". Konkret heißt das: Fragen stellen und zuhören - die Informationen und Beobachtungen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und notieren. Was machen sie mit ihren Trinkflaschen? Was verwenden sie heute? Wie viel Platz haben sie in der Küche? Was nervt sie? Was muss sein - und was wäre "nice to have"?
Ideen und Prototyping: Einfach mal machen - erste Ideen und Prototypen können oft auch aus Karton, Stricknadeln oder Knetmasse entstehen; den Kunden immer vor Augen. Konkret beim Flaschenhalter: Wie könnte etwas aussehen, das die Flaschen gut hält, aber weniger Platz einnimmt, als bestehende Lösungen am Markt? Das Platzthema war ein Kernthema bei den Kundenbefragungen.
Testen: Vermutlich die wichtigste Phase, die oft vergessen wird, wenn man selbst ein Produkt gut findet. Was man hier früh vom Kunden erfragen kann, ist Gold wert, denn es sind aus meiner Erfahrung genau die Punkte, die der Kunde auf Amazon als Reviews zurückspiegelt. Nur ist es dann meist zu spät.
Warum sollte man Ihren Vortrag auf der Amazon World Conference nicht verpassen? Was sind die Highlights, über die Sie sprechen werden?
Richter: Auch hier geht es um das "Verbinden von Dingen": Ich möchte Modelle mit konkreten Beispielen verbinden, um für jeden neue Impulse für Produktentwicklung oder Weiterentwicklung zu liefern: Für Markeninhaber, die völlig frei sind, genauso wie für Firmen, die vorgegebene Produkte haben. Nach meinem Ansatz kann jeder noch mehr aus Amazon herausholen. Ein Highlight ist ein Modell, nach dem jeder für sich neue Ideen für Produkte oder Adaptionen entwickeln kann.