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Christian Partsch

Christian Partsch von PanzerGlass "Es war noch nie so einfach zu internationalisieren wie jetzt"

Christian Partsch
Christian Partsch

Internationalisierung auf Marktplätzen klingt erstmal nach einem Kinderspiel. Doch auch hier gilt: Retail is Detail. PanzerGlass, Hersteller von Displayschutz, geht die Internationalisierung stark KPI-getrieben an. Die größte Herausforderung: Think global, act local.

Der dänische Hersteller von Displayschutz PanzerGlass versucht, mit eigenen Brandshops und dem Ausrollen von Seller Accounts auf Online-Marktplätzen so direkt wie möglich mit dem Kunden zu kommunizieren. Warum PanzerGlass bei seiner Online-Präsenz auf Länder fokussiert, in denen es schon ein Offline-Geschäft gibt, und warum er aufgehört hat, sich über Billiganbieter zu ärgern, die die eigene Marke als Suchbegriff missbraucht, erklärt Christian Partsch, Global Sales Director E-Commerce bei PanzerGlass, im Interview.

Erkläre doch bitte zum Start einmal kurz: Wer oder was ist PanzerGlass?
Christian Partsch:
Danke für die Frage. PanzerGlass ist Teil der Juhl Bach Holding Gruppe, einer der größten familiengeführten Holdinggesellschaften in Dänemark, und zählt zu den führenden Marken für Displayschutz in der Welt. Wir beschäftigen mehr als 150 Mitarbeiter und sind in mehr als 73 Ländern vertreten. Mit mehr als 13.340 Point of Sales plus APRs, Operator, Retailer sind wir selbstverständlich auch Online vertreten. Die Langlebigkeit der Produkte steht für PanzerGlass bei der Herstellung im Fokus. Denn der effektive Schutz von elektronischen Geräten, wie Smartphone, Smartwatch, Tablet, Computer oder mobiles Navigationsgerät und die Lebensdauer der eigenen Produkte tragen zu einem längeren und nachhaltigeren Produktlebenszyklus bei. Unser Glasschutz, ist so konzipiert, dass er nicht nur vor Fingerabdrücken oder Kratzen schützt, sondern das Glas funktioniert wie ein diskreter Airbag, der Stöße abfängt. Unser Displayschutzglas ist dein Airbag für dein Smartphone.

Du hast gerade angedeutet, ihr seid sehr stark stationär präsent. Wie sieht eure D2C-Strategie aus und welche Rolle spielen Marktplätze dabei?
Partsch:
Ja, das ist vollkommen richtig. Unser stationärer Verkaufserfolg ist die Konsequenz aus einer sehr starken und engen Kooperation mit unseren Business-Partnern. Wir werden gerne als die Positiv-Verrückten aus Dänemark wahrgenommen, die mit dem Hammer durch die Stores rennen und auf den Smartphones rumklopfen - selbstverständlich erst nachdem wir unser Glas aufgezogen haben. Das ist laut, anschaulich und überzeugt wirklich jeden. Wir versuchen aber auch, mit einem eigenen Brandshop und dem Ausrollen von Seller Accounts auf verschiedenen Marktplätzen, in denen wir bereits offline vertreten sind, so direkt wie möglich mit dem Kunden zu kommunizieren.

Denn das Konsumentenverhalten hat sich in den vergangenen beiden Jahren stark geändert und insbesondere der Anteil der Online-Käufe der Gen Z und Millenials in den Markenshops ist stark gestiegen. Allerdings sind unser Brandshop und die Marketplace-Accounts für uns nicht nur Sales-Channels. Sie liefern auch wertvolles Consumer-Feedback in unsere Organisation. Alle Vertriebsbereiche, aber auch die Produktentwicklung profitieren davon. Und am Ende profitiert so auch der Consumer. Allerdings wird unsere Marke im Web inzwischen immer wieder von Billiganbietern als Suchbegriff missbraucht, mit der Folge, dass Konsumenten, die online nach Panzerglass suchen, unfreiwillig und oftmals preisgesteuert zu einer minderwertigen Folie greifen. Das führt zwangsläufig zu einer schlechten CX.

"Ich will meine Zeit nicht damit verschwenden, mich mit Amazon mit dem Negativen zu beschäftigen"

Und was macht ihr gegen die Billig-Plagiate?
Partsch:
Das ist nicht leicht. Wir stehen da in sehr engem Austausch mit Amazon, auch in Seattle, und versuchen, unsere Marke zu schützen. Aber wenn man heute einem Anbieter den Hahn abdreht, kommt er morgen mit einem neuen Seller-Account wieder. Ich habe für mich entschieden, dass ich meine Zeit nicht damit verschwenden will, mit auf Amazon mit dem Negativen zu beschäftigen. Ich setze mich lieber proaktiv mit dem Positiven auseinander und versuche, Brand Awarness und Performance zu verbessern.

Auf welchen internationalen Marktplätzen ist PanzerGlass präsent und nach welchen Kriterien wählt ihr die Marktplätze aus?
Partsch:
Neben unseren eigenen Brandshops, sprich einem internationalen und mehreren dedizierten Shops etwa in Dänemark, Deutschland und Großbritannien, nutzen wir selbsterklärend das internationale Marktplatzangebot von Amazon. Global betrachtet ist das relativ einfach. Mit dem A9-Algorithmus gibt es immer die gleiche Verkaufslogik. Allerdings ist mein Ansatz, nur in den Ländern auszurollen, wo wir auch stationär vertreten sind. Denn Markenbekanntheit ist einfach ein relevanter Konversionstreiber. Zudem ist das Marktplatzgeschäft eben kein globales, sondern ein lokales. In den Nordics beispielsweise verkauft sich unser vollflächiges Glas, das fünf Euro teurer ist als das Standardprodukt, viel besser als in Mitteleuropa, weil die Kunden da weniger preissensibel sind.

Wenn man hierzulande auf Marktplätzen das teurere Glas so vermarkten würde wie in Schweden, Norwegen oder Finnland, hätten wir sicher weniger Erfolg. Man muss für jedes Land berücksichtigen, wie die lokalen Gegebenheiten sind, welche Bedürfnisse die Konsumenten haben und wie preisaffin sind und dann die einzelnen Produkte gezielt treiben. Und da kann eine Einzelperson mit Tool-Unterstützung maximal zwischen 30 und 100 SKUs aktiv promoten.

Gibt es außer Amazon noch weitere Plattformen, über die ihr international verkauft?
Partsch:
Ja, wir sind auch auf Marktplätzen wie Kaufland, Fruugo oder eBay vertreten. Auch hier versuchen wir schrittweise, in den Ländern online zu erscheinen, in denen wir bereits stationär vertreten sind. Weitere Länder testen wir gerne im Sinne von Trial & Error. Denn unser Kernsortiment hat einen entscheidenden Vorteil: Unser Schutzglas spricht alle Sprachen.

Wie PanzerGlass sein internationales Geschäft auf Amazon zielgruppengenau steuert, erklärt Christian Partsch auch in seinem Vortrag auf der Amazon World Conference am 27./28. September. Jetzt Tickets sichern >>> https://www.amazon-world.de/tickets/

"Wir führen einen Brandshop, keinen Sales-Discount-Shop. Das gilt auch für Marktplätze"

Wie sehen Sortimentsstrategie und Pricing-Strategie auf den internationalen Marktplätzen aus?
Partsch:
Neben Schutzglas bieten wir einen ganzheitlichen Schutz von mobilen Endgeräten. Unser Produktportfolio bietet zudem Schutzhüllen sowie unseren einzigartigen Bildschirmreiniger SPRAY Twice A Day. Sicherlich würde auf den ersten Blick nichts dagegen sprechen, immer das komplette Sortiment in alle Länder online auszurollen. Das aber machen wir nicht. Das Online-Business ist ein metrisch getriebenes, performantes Geschäft, das neben der Conversion-Rate viele Performance-Daten liefert, die wir tagtäglich akribisch auswerten und anschließend entsprechend handeln.

So macht es Sinn sich auch hier länderspezifisch zu fokussieren. Business ist und bleibt lokal! Unser oberstes Vertriebsziel ist es gemeinsam mit dem Retail sowohl offline als auch online zu wachsen. Auch wenn ich als Global Sales Director das E-Commerce Geschäft verantworte, so freue ich mich doch über jede Conversion unserer Produkte, unabhängig ob sie stationär oder online erfolgt, solang der Consumer ein PanzerGlass kauft und folglich ein zufriedener Konsument ist. Hinsichtlich des Pricings gibt es eine ganz klare Ausrichtung. Wir führen einen Brandshop und keinen Sales-Discount-Shop. Gleiches gilt für Marketplaces. Wir vermitteln dem Consumer die klare Botschaft, dass er für seine Investition auch ein qualitativ hochwertiges Produkt erhält. Daher ist es unserer aller Ziel, jeden UVP zu halten.

Auch in stark preisgetriebenen Ländern wie Deutschland, wo Preissuchmaschinen, Discounter und Amazon den Kaufprozess initiieren und vorantreiben, setzen wir alles daran, dem Konsumenten mittels entsprechender Inhalte von der Qualität unserer Produkte zu überzeugen. Nur über Preise Sales-Rankings und Search-Resultate zu steuern, ist in meinen Augen zwar ein probates, aber kein langfristiges Mittel. Zudem ist es nicht gerade smart, nur über den Preis zu verkaufen. Da gibt es online doch deutlich mehr Möglichkeiten.

Bei den Performance-Daten würde ich gerne nochmal nachhaken: Was habt ihr denn da im Blick?
Partsch:
Jeder Verkauf und jede Unit ist vom Start weg auf ROI runterkalkuliert und über KPIs vordefiniert. Der Klassiker ist natürlich die Konversionsrate. Aber wir schauen auch sehr viel auf den ROAS - oder den Advertising Cost of Sale, wie es bei Amazon heißt. Alles, was wir an Werbegeld ausgeben, soll unter dem Strich performant sein.

Wie unterscheidet sich der ROAS in den unterschiedlichen Ländern?
Partsch:
Die Vorgaben richten sich unter anderem nach der Markenbekanntheit. In Dänemark kennt uns von den sechs Millionen Einwohnern gefühlt jeder. Daher liegt der ROAS deutlich höher als in anderen Ländern. In Deutschland ist der Missbrauch unserer Marke eine große Herausforderung. Daher ist der ROAS eher niedrig.

"In Spanien zum UVP zu verkaufen, ist nahezu unmöglich"

Gibt es je Land und Marktplatz auch unterschiedliche Anforderungen an die Produktbeschreibung?
Partsch:
Was alle Verbraucher eint ist: Keiner liest mehr, Bilder sind viel wichtiger. Und dann sieht man in Europa ein deutliches Nord-Süd-Gefälle in der Bereitschaft, Geld für Qualität zu bezahlen. Der Deutsche sucht einfach ein günstiges Smartphone. Der Italiener sucht das Tagesangebot. Und der Spanier sucht das Günstigste vom Günstigen. Hier zum UVP zu verkaufen, ist nahezu unmöglich. Wir passen Produkttitel, Bullet Points und erweiterten Content dem länderspezifischen Such- und Kaufverhalten stets an. Deshalb werden wir in Australien auch den Content zu UK und den USA nochmal umbauen. Ich glaube, dass die Australier anders suchen, weil sie anders beeinflusst werden. Die Sprache ist zwar die gleiche, aber um wirklich den Ton zu treffen, müssen wir noch kleine Anpassungen vornehmen. Die Kunst dabei ist, deine Brand nicht aus den Augen zu verlieren. Wir handeln immer brandbezogenen, um dabei performanten SEO-Content für alle Marktplätze weltweit zu erstellen. Was auch auffallend ist, ist, dass man auf Marktplätzen in Osteuropa, also beispielsweise Emag aus Rumänien oder Allegro aus Polen, mit viel weniger Content-Qualität gute Conversions erzielen kann. Zugleich muss man auch viel weniger Geld für Marketing ausgeben.

Nicht wenige Händler und Hersteller, die über Marktplätze internationalisieren wollen, stolpern über die Operations. Eure Produkte sind jetzt nicht sehr kompliziert zu verschicken. Da reicht ein DIN-A-5-Umschlag. Was sind denn eure Challenges?
Partsch:
Think global, act local. Wir versuchen, basierend auf historischen Daten, unseren Erfahrungswerten und Marktdaten unseren Stock entsprechend zu positionieren. Geschwindigkeit ist dabei alles. Noch ist die Erwartungshaltung der Endkunden hinsichtlich Lieferzeiten global gesehen nicht ganz so hoch wie beispielweise in Deutschland, aber auch das ändert sich gerade zusehends. Ohne Zweifel bietet die Logistik von Amazon sowohl für unseren Brandshop als auch für Marketplaces eine fast perfekte Lösung. Nachteil: Die Abhängigkeit gegenüber einem Amazon wird dadurch nicht kleiner. Solange es geht, versuchen wir, unsere Endkunden aus unserem Warehouse heraus direkt zu beliefern.

Die größte Herausforderung bei der Internationalisierung sehe ich darin, einerseits globale Strategien zu verfolgen und andererseits weiterhin lokale Marktgegebenheiten sehr ernst zu nehmen. Denn alle CE-Unternehmen werden seit Jahren verstärkt mit einer weltweiten Demokratisierung des Consumer-Marktes konfrontiert. Instagram, Facebook, Reviews, innerhalb von Sekunden können Consumer über Erfolg bzw. Nichterfolg deiner Produkte entscheiden. Für den größtmöglichen Erfolg und die höchste Kundenzufriedenheit müssen lokale Gegebenheiten im Launch- und Verkaufsprozess inklusive Social Media unbedingt berücksichtigt werden. 

Was wäre dein wichtigster Tipp an alle, die sich mit dem Thema Internationalisierung über Marktplätze beschäftigen?
Partsch:
Es war noch nie so einfach, zu internationalisieren, wie jetzt. Trotzdem ist es eine Herausforderung für Unternehmen und deren Mitarbeiter. Anstatt mit der Gießkanne zeitgleich in so vielen Ländern wie möglich die gesamte Produktpalette auszurollen, empfehle ich eine schrittweise Herangehensweise. Das gilt sowohl für das Land als auch das Produkt selbst. Am besten startet man mit einem Proof-of-Scale auf niedrigem Level, um anschließend in großem Umfang das Business basierend auf Daten und Erfahrungen zu hebeln. Auch empfehle ich, sich bei jedem Marketplace-Approach zwei Fragen zu stellen. Erstens: Habe ich die volle Kontrolle über meine Marke hinsichtlich der Inhalte oder können Drittanbieter sowie der Plattform-Betreiber dazwischen grätschen? Und passen meine Produkte sowie das Preisniveau zum Konsumentenverhalten auf diesen Marktplätzen? Denn nicht jeder Marktplatz passt zum Kauf- und Suchverhalten deiner Consumer. Und zu guter Letzt: So verlockend ein schneller Start in verschiedenen Ländern auch ist, gerne gepusht durch Marktplatz-Netzwerke, jedes Geschäft ist und bleibt lokal, auch online. Der Einsatz von Native-Sales ist zwingend erforderlich für deinen Verkaufserfolg.

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